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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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errötete heftig.
    In der Questura hinterlegte er eine Nachricht auf Vianellos Schreibtisch mit der Bitte, sich so rasch wie möglich oben in seinem Büro einzufinden. Es war Mittwoch, der Tag, an dem Signorina Elettra in den Sommermonaten fast nie vor der Mittagspause erschien; ein Umstand, den man in der Questura hinnahm, ohne daß ein Tadel oder neugierige Fragen laut geworden wären. Ihre Bräune wurde im Sommer nicht stärker, also ging sie nicht an den Strand; sie schickte keine Ansichtskarten, also fuhr sie nicht aufs Festland. Auch war sie an einem Mittwochvormittag noch von niemandem in der Stadt gesehen worden, was sich andernfalls mit Windeseile in der Questura herumgesprochen hätte. Vielleicht, dachte Brunetti, blieb sie einfach zu Hause und bügelte ihre Leinenblusen.
    Seine Gedanken kreisten immer noch um Signora Battestinis Sohn. Für sich nannte der Commissario ihn weiter so, obwohl er inzwischen seinen Vornamen kannte. Und damit stand er keineswegs allein. Paolo war vierzig gewesen, als er starb, hatte über zehn Jahre in einer städtischen Behörde gearbeitet, und doch sprach jeder, den Brunetti befragte, von ihm nur als dem Sohn seiner Mutter, als ob er nur durch sie oder dank ihrer existiert hätte. Eigentlich hatte Brunetti nichts übrig für jenes Psychoblabla, das selbst komplexe zwischenmenschliche Probleme mit Patentlösungen zukleisterte, aber in diesem Fall schienen die Rollen so eindeutig verteilt, daß sich voreilige Schlußfolgerungen förmlich aufdrängten: Man nehme eine dominante Mutter, versetze sie in eine engherzig konservative Gesellschaft, denke sich einen Vater dazu, der sich am liebsten bei den Kumpels in der Bar verkriecht, und schon scheint es nicht mehr allzu verwunderlich, wenn der einzige Sohn aus einer solchen Verbindung in die Homosexualität abdriftet. Umgehend fielen Brunetti etliche schwule Freunde ein, deren Mütter beinahe unsichtbar gewesen waren vor lauter Nachsicht und Sanftmut und deren Vätern man zugetraut hätte, daß sie einen Löwen verfrühstückten, und er errötete fast so heftig wie die Frau vom Postamt.
    Um aber nun herauszufinden, ob Paolo Battestini überhaupt schwul gewesen war, wählte Brunetti die Nummer des Büros von Domenico Lalli, dem Eigentümer eines der chemischen Betriebe, die gerade von Richter Galvani unter die Lupe genommen wurden. Er nannte seinen Namen, und als Lallis Sekretärin ihn erst nicht durchstellen wollte, sagte er, es handle sich um eine polizeiliche Ermittlung, und sie möge doch Lalli selbst fragen, ob er mit ihm sprechen wolle.
    Eine Minute später wurde er verbunden. »Was ist denn nun schon wieder, Guido?« Lalli, der Brunetti früher schon mit Informationen über die Schwulenszene von Mestre und Venedig versorgt hatte, klang nicht verärgert; seine Stimme verriet nur die Ungeduld eines Mannes, der eine große Firma zu leiten hatte und dauernd unter Zeitdruck stand.
    »Paolo Battestini, war bei der Schulbehörde angestellt, starb vor fünf Jahren an Aids.«
    »Na schön«, sagte Lalli. »Was genau willst du über ihn wissen?«
    »Ob er schwul war, ob er eine Vorliebe für halbwüchsige Knaben hatte, und ob es vielleicht jemanden gab, der seiner Neigung entgegenkam.«
    Lalli fluchte leise vor sich hin, dann fragte er: »Ist das der Typ, dessen Mutter vor ein paar Wochen ermordet wurde?«
    »Ja.«
    »Und besteht da ein Zusammenhang?«
    »Kann sein. Darum habe ich mich ja an dich gewandt. Sieh zu, was du über ihn in Erfahrung bringen kannst.«
    »Er ist seit fünf Jahren tot?«
    »Ja. Offenbar hatte er eine einschlägige Zeitschrift mit entsprechenden Fotos abonniert.«
    »Fatal«, lautete Lallis ungebetener Kommentar. »Und dumm obendrein. Wo die Typen heutzutage alles, was sie wollen, im Internet finden können. Trotzdem sollte man sie wegsperren.«
    Brunetti wußte, daß Lalli in jungen Jahren verheiratet gewesen war und inzwischen drei Enkelkinder hatte, die sein ganzer Stolz waren. Um sich nun nicht deren letzte Großtaten anhören zu müssen, sagte Brunetti abschließend: »Ich bin dankbar für alles, was du herausfinden kannst.«
    »Hmmm. Ich höre mich mal um. Bei der Schulbehörde, wie?«
    »Ja. Da hast du doch Beziehungen.«
    »Ich habe überall Beziehungen, Guido«, beschied ihn Lalli ebenso knapp wie uneitel. »Wenn ich was erfahre, rufe ich dich an.« Er hängte ein, ohne sich zu verabschieden.
    Brunetti überlegte, an wen er sich noch wenden könnte, aber die beiden Männer, deren Kontakte zur Szene

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