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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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kürzlich als Abgeordneten ins Europäische Parlament gewählt hatte.
    Der Commissario widerstand der Versuchung, den Richter noch mit anderen Ämtern und Namen zu quälen, und sagte nur: »Danke, daß Sie mir so viel Zeit gewidmet haben, Dottore. Das war überaus großzügig von Ihnen.«
    Wieder erhellte das fast kindliche Lächeln die Züge des Richters. »Es war mir ein Vergnügen, Commissario. Ich hatte schon seit längerem den Wunsch, Sie kennenzulernen. Denn ich war überzeugt, daß die Bekanntschaft mit einem Mann, der den Vice-Questore dermaßen in Harnisch bringt, in jedem Falle ein Gewinn sein müsse.« Im übrigen, so fügte er hinzu, sei der Wein bereits bezahlt. Nun aber müsse er sich leider entschuldigen, für ihn sei es an der Zeit, zum Abendessen heimzugehen. Damit stand er auf und verließ das Lokal.

14
    A m nächsten Morgen um halb acht erschien Brunetti im ufficio postale, wo er sich zu der Abteilungsleiterin für den Zustelldienst durchfragte. Er zeigte seinen Dienstausweis vor, erkundigte sich nach dem postino, der die Gegend um den Palazzo del Cammello in Cannaregio betreute, und wurde in den ersten Stock verwiesen. Dort fände er im zweiten Saal rechts die postini des Sestiere Cannaregio. In dem hohen Raum waren zehn oder zwölf Leute an langen Tischen damit beschäftigt, Briefe auf numerierte Fächer zu verteilen oder von dort einzusammeln und in lederne Zustelltaschen zu sortieren.
    Brunetti wandte sich aufs Geratewohl an eine langmähnige Frau mit auffällig gerötetem Teint und fragte sie nach dem Zusteller für die Region um den Canale della Misericordia. Sie musterte ihn mit unverhohlener Neugier, deutete dann auf einen Mann ein Stück weiter hinten am Tisch und rief: »Mario, für dich!«
    Der Angesprochene schaute kurz hoch und widmete sich dann wieder dem Bündel Briefe, das er in Händen hielt. Nach einem flüchtigen Blick auf Namen und Anschrift schob er jede Sendung flink und routiniert in eins der Fächer hinter seinem Platz und kam erst, als der ganze Packen verteilt war, zu Brunetti nach vorn. Der Commissario schätzte ihn auf Ende dreißig; er hatte seine Größe, war jedoch schlanker, und das dichte, hellbraune Haar fiel ihm in einer dichten Tolle in die Stirn.
    Brunetti stellte sich vor und wollte erneut seinen Dienstausweis zücken, aber der postino winkte ab und schlug vor, sich bei einem Kaffee zu unterhalten. Also gingen sie hinunter in die Bar, wo Mario zwei Espressi bestellte und den Commissario fragte, was er für ihn tun könne.
    »Waren Sie der Zusteller von Maria Battestini in Cannaregio, die ...«
    Doch da fiel Mario ihm schon ins Wort, nannte die Hausnummer und hob theatralisch die Hände, als wolle er sich Handschellen anlegen lassen. »Ich war nahe dran, aber ich hab's nicht getan. Glauben Sie mir.«
    Der Kaffee kam, und beide Männer löffelten Zucker hinein. Während er umrührte, fragte Brunetti: »War sie denn so schlimm?«
    Mario trank einen Schluck, setzte die Tasse ab und nahm noch einen halben Löffel Zucker nach. »Ja«, brummte er unter emsigem Rühren. Erst, als er ausgetrunken und die Tasse auf dem Tresen abgesetzt hatte, sprach er weiter. »Drei Jahre lang habe ich ihr die Post gebracht. Darunter bestimmt allein dreißig bis vierzig raccomandate, die ich ihr jedesmal rauftragen mußte, damit sie den Empfang quittierte.«
    Brunetti war darauf gefaßt, daß der Mann sich über das ausgebliebene Trinkgeld beschweren würde, doch Mario sagte nur: »Ich erwarte kein Trinkgeld, besonders nicht von alten Leuten, aber die Battestini hat niemals auch nur danke gesagt.«
    »Ist es nicht ungewöhnlich, daß jemand so viele Einschreiben bekommt?« fragte Brunetti. »In welchem Abstand kamen denn diese Briefe?«
    »Einmal im Monat«, antwortete der Zusteller. »Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Und es waren keine Standardbriefe, sondern diese wattierten Umschläge, Sie wissen schon, die, in denen man Fotos oder CDs verschickt.«
    Oder Geld, dachte Brunetti. Laut fragte er: »Erinnern Sie sich auch an den Absender?«
    »Ich glaube, das waren mehrere«, antwortete Mario. »Sie lasen sich wie Wohltätigkeitsorganisationen, also so was wie Welthungerhilfe oder Unicef.«
    »Besinnen Sie sich vielleicht noch auf den einen oder anderen Namen?«
    »Mein Zustellgebiet umfaßt vierhundert Haushalte«, lautete die ausweichende Antwort.
    »Oder können Sie mir sagen, seit wann die Signora diese Einschreiben erhielt?«
    »Oh, die kriegte sie schon, als ich die Route

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