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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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weiteren Versuchen hatte er offenbar die gewünschte Stelle gefunden, denn er spulte ein kleines Stück zurück und hielt Brunetti die Kopfhörer hin.
    Doch dem war die Vorstellung, dieses Teil zu berühren, das noch warm war von Scarpas Ohren, so zuwider, daß er fragte: »Können Sie nicht einfach auf Lauthören stellen?«
    Woraufhin Scarpa das Kabel für die Kopfhörer aus der Fassung riß und auf PLAY drückte.
    »Hier spricht Signora Gismondi, aus Cannaregio. Ich habe schon mal angerufen.« Brunetti erkannte die Stimme, aber der zorngepreßte Ton war ihm fremd.
    »Ja, Signora. Um was geht's denn?«
    »Das habe ich Ihnen schon vor anderthalb Stunden gesagt. Um meine Nachbarin, Signora Battestini. Ihr Fernseher ist so laut, daß ich von hier mithören kann. Überzeugen Sie sich selbst!« Und wirklich erklangen auf einmal die Stimmen eines Mannes und einer Frau, die offenbar im Streit miteinander waren. Erst hörte man sie ganz nahe, dann entfernten sie sich wieder. »Na, was sagen Sie? Ihr Fenster ist zehn Meter weit weg, aber ich höre den Fernseher, als stünde er hier bei mir in der Wohnung.«
    »Da kann ich leider nichts machen, Signora. Die Streife ist gerade woanders im Einsatz.«
    »Und dieser Einsatz dauert anderthalb Stunden, ja?« fragte sie wütend.
    »Darüber darf ich Ihnen keine Auskunft geben, Signora.«
    »Es ist vier Uhr früh«, jammerte sie, dem Weinen nahe und fast hysterisch. »Und der Kasten läuft seit eins. Ich möchte endlich schlafen.« »Ich hab's Ihnen doch schon bei Ihrem letzten Anruf gesagt, Signora. Die Streife hat Ihre Adresse, und die Kollegen kommen zu Ihnen, sobald sie frei sind.«
    »Drei Nächte hintereinander geht das nun schon so, und es hat sich noch kein Polizist blicken lassen!« Ihre Stimme wurde merklich schriller.
    »Davon weiß ich nichts, Signora.«
    »Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Rübergehen und sie umbringen?« schrie Signora Gismondi in den Hörer.
    »Ich habe es Ihnen doch gesagt, Signora«, antwortete die Stimme des Beamten von der Polizeizentrale ungerührt, »die Streife kommt zu Ihnen, so schnell es geht.« Dann hatte offenbar einer der beiden Teilnehmer aufgelegt, und man hörte nur noch das leise Schnurren, mit dem das leere Band weiterlief.
    So ungerührt, wie der Beamte auf der Kassette geklungen hatte, wandte Scarpa sich an Brunetti und sagte: »Beim nächsten Anruf droht sie explizit mit Selbstjustiz.«
    »So? Was sagt sie denn?«
    »›Wenn Sie nichts unternehmen, dann gehe ich rüber und bring sie um.‹«
    »Das will ich selber hören«, entschied Brunetti.
    Scarpa legte die zweite Kassette ein, spulte im Schnelldurchlauf bis etwa zur Mitte des Bandes vor, probierte ein Weilchen hin und her, bis er die richtige Stelle gefunden hatte, und spielte Brunetti schließlich den gesuchten Anruf vor. Er hatte Signora Gismondi wortwörtlich zitiert, und Brunetti überlief es eiskalt, als er ihre vor Wut fast überschnappende Stimme sagen hörte: »Wenn Sie nichts unternehmen, dann gehe ich rüber und bring sie um!«
    Der Umstand, daß die Beschwerde um halb vier Uhr morgens eingegangen und bereits die vierte in ein und derselben Nacht war, bewies in Brunettis Augen zweifelsfrei, daß Signora Gismondi die Nerven durchgegangen waren, weshalb man ihre unbedachte Äußerung keinesfalls ernstnehmen durfte. Aber ein Richter würde das vielleicht nicht ganz so sehen.
    »Hinzu kommt noch ihre gewalttätige Vorgeschichte«, erklärte Scarpa beiläufig. »Wenn man die mit dieser Drohung aufrechnet, dann reicht das, denke ich, für eine nochmalige Überprüfung ihres Alibis vom Mordtag.«
    »Was für eine gewalttätige Vorgeschichte?« fragte Brunetti.
    »Vor acht Jahren, als sie noch verheiratet war, hat sie ihren Mann angegriffen und gedroht, ihn umzubringen.«
    »Wie hat sie ihn denn angegriffen?« »Laut Polizeibericht ging sie mit kochendem Wasser auf ihn los.«
    »Und was steht noch in dem Bericht?« fragte Brunetti.
    »Wenn Sie ihn lesen möchten - er liegt in meinem Büro, Commissario.«
    »Was steht sonst noch drin, Scarpa?«
    Überrascht starrte Scarpa ihn an und wich instinktiv einen Schritt zurück. »Sie waren in der Küche, gerieten in Streit, und da hat sie den Wasserkessel nach ihm geworfen.«
    »Wurde er verletzt?«
    »Nicht schlimm. Das Wasser schwappte über Schuhe und Hosenbeine.«
    »Und, ist Anzeige erstattet worden?«
    »Nein, Commissario, aber es existiert ein Protokoll.«
    Plötzlich mißtrauisch geworden, forschte Brunetti: »Wer

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