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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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machen, dann bringen die uns alle irgendwann um.«
    Gerade weil er solche Debatten schon oft mit Vianello geführt hatte, brauchte Brunetti nicht zu fragen, wer »die« seien. Und er erkannte plötzlich, wie sehr auch er inzwischen umgestimmt, wenn nicht gar bekehrt worden war - und das nicht nur durch Vianello und sein ökologisches Gewissen. Vielmehr achtete er von ganz allein vermehrt auf Berichte über globale Erderwärmung oder darüber, wie ungeniert die Ökomafia ihre toxischen Abfälle in der dritten Welt entsorgte. Mittlerweile hielt er es sogar für möglich, daß zwischen dem Mord an einer Fernsehjournalistin der RAI in Somalia vor ein paar Jahren und den Giftmülldeponien in diesem krisengeschüttelten Land eine Verbindung bestanden hatte. Wenn er sich noch über etwas wunderte, dann waren es jene unbeirrbaren Idealisten, die nach wie vor glaubten, mit ihren bescheidenen Protesten etwas ausrichten zu können. Auch wenn er das nicht gern zugab.
    »Doch nun zum praktischen Teil«, sagte Brunetti kurz entschlossen. »Da Sie offenbar noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, können wir vielleicht etwas für Sie tun.« Er sah Vianello an. »Wenn du hierbleibst, gehe ich und rede mit Zedda und sehe mir mal das Protokoll an. Falls niemand verletzt und auch keine Anzeige erstattet wurde, sehe ich keinen Grund, warum Signor Ribetti weiter in Haft bleiben sollte.«
    In Ribettis Augen mischten sich Furcht und Erleichterung. »Danke, Commissario«, sagte er und setzte dann rasch hinzu: »Auch wenn Sie nichts erreichen können oder nichts dabei herauskommt - trotzdem danke.«
    Brunetti erhob sich, ging zur Tür und war froh, sie unversperrt zu finden. Draußen auf dem Gang fragte er nach Zedda und wurde in ein Büro verwiesen, das, wie sich herausstellte, nur ein Viertel so groß war wie sein eigenes und bloß ein Fenster hatte, das noch dazu auf einen Parkplatz ging.
    Bevor Brunetti sein Anliegen vorbringen konnte, sagte Zedda: »Nehmen Sie ihn mit, Brunetti. Es kommt ja doch nichts dabei heraus. Es gab keine Verletzten, niemand hat eine denuncia eingereicht, und wir wollen bestimmt keinen Ärger mit diesen Leuten. Sie gehen einem gehörig auf den Wecker, das stimmt, aber letztlich sind sie harmlos. Also nehmen Sie Ihren Freund, und bringen Sie ihn heim.«
    Ein jüngerer Brunetti hätte sich vielleicht noch bemüßigt gefühlt klarzustellen, daß Ribetti nicht sein, sondern Vianellos Freund sei, aber nachdem er schon so viele Jahre mit dem Inspektor zusammenarbeitete, war ihm diese Unterscheidung nicht mehr wichtig. Also bedankte er sich einfach bei Zedda und fragte, ob er noch irgend etwas unterschreiben müsse. Doch Zedda wischte alle Formalitäten mit einer Handbewegung beiseite, versicherte Brunetti, er habe sich gefreut, ihn wiederzusehen, und kam hinter seinem Schreibtisch hervor, um den Commissario zu verabschieden.
    Brunetti kehrte in den Verhörraum zurück, eröffnete Ribetti, er sei wieder frei, und bot ihm an, mit ihnen zurückzufahren; dann ging er voraus zum wartenden Streifenwagen.

3
    D ie drei traten aus dem Hauptportal der Questura di Mestre und schritten die Eingangsstufen hinunter. Vianello legte Ribetti den Arm um die Schultern und sagte: »Komm, Marco, bis zum Piazzale Roma fährst du mit uns. Das ist das mindeste, was wir für dich tun können.« Ribetti bedankte sich lächelnd. Er rieb sich die Augen, und als er mit einer Hand an seinem Gesicht entlangfuhr, konnte Brunetti fast hören, wie seine Finger über die unrasierte Wange schabten. Als sie sich dem wartenden Auto näherten, hielt neben ihnen ein Taxi, dem ein kleiner, untersetzter Mann mit schlohweißen Haaren entstieg. Nachdem er sich durchs offene Fenster gebeugt und den Fahrer entlohnt hatte, wandte er sich der Questura zu. Und sah die drei Männer vor dem Eingang.
    Mit einem zornigen Hieb knallte er die Fondtür zu und stürmte über die Fahrbahn. »Du Arschloch!« schrie er. Das Taxi fuhr davon. Der alte Mann blieb stehen und drohte den dreien mit erhobener Faust. »Du Arschloch!« brüllte er noch einmal und setzte sich wieder in Bewegung. Brunetti und seine Begleiter blieben starr vor Staunen auf halber Treppe stehen.
    Die Züge des Mannes, dessen blau angelaufenes Gesicht den Gewohnheitstrinker verriet, waren wutverzerrt. Er war so klein, daß er Brunetti nicht einmal bis zur Schulter gereicht hätte, dafür aber doppelt so breit, mit einer Wampe, die mangels Muskelmasse schlaff herunterhing. »Du und deine Viecher und

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