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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sagte Brunetti, immer noch nicht besänftigt. Guarino ließ sich sehr viel Zeit. »Aber etwas anderes als die Zeitungen habe ich zu dem Fall nicht gelesen.«
    »Wer auch immer die Täter waren«, sagte Guarino, »sie haben sein Büro durchsucht, entweder bevor oder nachdem sie ihn getötet hatten. Sie haben versucht, einen Wandsafe zu öffnen - ohne Erfolg. Sie haben seine Taschen durchwühlt und ihm sein Geld abgenommen. Und seine Armbanduhr.«
    »Also hat es wie ein Raubüberfall ausgesehen?«, fragte Brunetti. »Ja.«
    »Verdächtige?«
    »Nein.« »Familie?«
    »Frau, zwei erwachsene Kinder.«
    »Hatten die mit der Firma zu tun?«
    Guarino schüttelte den Kopf. »Der Sohn ist Arzt in Vicenza. Die Tochter arbeitet als Buchhalterin in Rom. Die Frau ist Lehrerin und geht in zwei Jahren in den Ruhestand. Als er ausfiel, ist alles zusammengebrochen. Das Unternehmen hat ihn keine Woche überlebt.« Er bemerkte Brunettis skeptische Miene. »Ich weiß, im Computerzeitalter klingt das unglaublich, aber unsere Ermittler haben nichts gefunden: keine Auftragslisten, keine Routenpläne, keine Abholungs- oder Liefertermine, nicht einmal eine Liste der Fahrer. Er muss das alles im Kopf gehabt haben. Die Bücher waren in einem katastrophalen Zustand.«
    »Und was hat die Witwe getan?«, fragte Brunetti höflich.
    »Ihr blieb keine Wahl: Sie hat den Laden dichtgemacht.«
    »Einfach so?«
    »Was blieb ihr übrig?«, antwortete Guarino, fast als bitte er Brunetti um Nachsicht mit der Unerfahrenheit der Frau. »Wie gesagt, sie ist Lehrerin. Grundschule. Sie hatte keine Ahnung. Es war eins dieser Ein-Mann-Unternehmen, in denen wir so gut sind.«
    »Bis dieser eine Mann stirbt«, sagte Brunetti wehmütig.
    »Richtig«, seufzte Guarino. »Sie will es verkaufen, aber niemand will es haben. Die Fahrzeuge sind alt, und die Kundschaft ist nicht zu ermitteln. Im besten Fall kann sie hoffen, dass eine andere Spedition den Fuhrpark aufkauft und sie irgendwen findet, der den Mietvertrag für die Werkstatt übernimmt, aber am Ende muss sie das alles praktisch verschenken.« Guarino brach ab, ganz als hätte er damit alles an Information weitergegeben, was er sich vorgenommen hatte. Brunetti fiel auf, dass Guarino kein Wort darüber verloren hatte, was während der Zeit, als sie in Kontakt gestanden und in gewissem Sinne miteinander gearbeitet hatten, zwischen den beiden gelaufen war.
    »Gehe ich recht in der Annahme«, fragte Brunetti, »dass Sie auch über was anderes als seine Steuerhinterziehung gesprochen haben?« Wenn nicht, hatte der Mann keinen Grund für seinen Besuch bei ihm, aber das würde er Guarino wohl kaum erklären müssen.
    »Ja«, war Guarinos einziger Kommentar.
    »Und dass er Ihnen Informationen über etwas anderes als seine Steuermisere gegeben hat?« Brunetti spürte, wie sein Tonfall heftiger wurde. Herrgott, warum konnte der Mann ihm nicht einfach erzählen, was los war, und ihn fragen, was auch immer er wissen wollte?
    Denn er war garantiert nicht hier, um über die herrliche Stille der Stadt oder die Reize seiner Signora Landi zu plaudern.
    Guarino schien entschlossen, nichts weiter zu sagen. Brunetti gab es auf, seine Verärgerung zu verbergen, und fragte rundheraus: »Könnten Sie diese Spielchen vielleicht lassen und mir endlich erklären, weshalb Sie gekommen sind?«

3
    G uarino hatte offensichtlich nur darauf gewartet, dass Brunetti die Geduld verlor, denn seine Antwort kam ohne Zögern und ganz ruhig. »Die Polizei hat seinen Tod als Raubüberfall behandelt, der aus dem Ruder lief und zu einem Mordfall wurde.« Bevor Brunetti fragen konnte, wie die Polizei sich die drei Schüsse erklärte, sagte Guarino von sich aus: »Wir haben ihnen nahegelegt, davon auszugehen. Ich nehme an, es war ihnen einerlei. Hat ihnen die Arbeit erleichtert.«
    Und dafür gesorgt, dachte Brunetti, dass der Mörder rasch aus den Schlagzeilen geriet, aber statt sich darüber auszulassen, fragte er: »Was glauben Sie, wie es wirklich war?«
    Wieder sah Guarino kurz nach der Kirche und wischte sich übers Knie, bevor er sagte: »Ich nehme an, der oder die Täter haben ihn abgepasst, als er hineinging. An seiner Leiche wurden keine weiteren Spuren von Gewalt festgestellt.«
    Brunetti stellte sich die wartenden Männer vor, ihr ahnungsloses Opfer, ihr Vorsatz, aus ihm herauszuholen, was er wusste. »Meinen Sie, er hat ihnen was erzählt?«
    Guarino sah ihn scharf an und antwortete: »Die hätten alles aus ihm herausbekommen, auch ohne ihm weh

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