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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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die Tür zu. Er gab irgendwem Anweisungen, sagte, der andere solle die Nummer eins nach San Marcuola nehmen und anrufen, wenn er ausgestiegen sei, er werde sich dort mit ihm treffen.«
    »Es war eindeutig von San Marcuola die Rede?«, fragte Brunetti.
    »Ja.«
    Guarino sah Brunetti an und lächelte wieder. »Ich denke, jetzt muss Schluss sein mit dem Geplänkel«, sagte er. Er richtete sich auf und fragte: »Sollen wir noch mal von vorne anfangen, Guido?« Brunetti nickte. »Ich heiße Filippo.« Er nannte ihm seinen Namen wie ein Friedensangebot; Brunetti beschloss es anzunehmen.
    »Und der Name des Toten?«, beharrte Brunetti.
    Diesmal zögerte Guarino nicht. »Ranzato. Stefano Ranzato.«
    Nun schilderte Guarino ihm ausführlich und langwierig Ranzatos Abstieg vom Unternehmer zum Steuerhinterzieher und schließlich zum Polizeispitzel. Und ganz zuletzt zu einer Leiche. Als er fertig war, fragte Brunetti, als habe der Maggiore sich nicht bereits geweigert, die Frage zu beantworten: »Und was war in den Fahrzeugen?«
    Jetzt, wusste Brunetti, ging es um alles oder nichts. Fragte sich nur, ob Guarino sich für die Wahrheit entscheiden würde oder nicht.
    »Das hat er nie erfahren«, sagte Guarino, und als er Brunettis Miene sah, fügte er hinzu: »Jedenfalls hat er es mir so dargestellt. Es wurde ihm nie gesagt, und die Fahrer haben alle geschwiegen. Der Ablauf war immer der gleiche: Ranzato bekam einen Anruf, dann schickte er seine Wagen an den bewussten Ort. Es gab Frachtbriefe, wie es sich gehört. Er sagte, die meiste Zeit schien ihm alles mit rechten Dingen zuzugehen, Transporte von einer Fabrik zu einem Bahnhof oder von einem Lagerhaus nach Triest oder Genua. Zu Beginn habe er gedacht, das Ganze garantiere sein Überleben« - Brunetti hörte, dass ihm das Wort nur schwer über die Lippen kam -, »weil alles an den Büchern vorbeilief.« Brunetti hatte den Eindruck, Guarino hätte nichts dagegen, ewig so dazusitzen und sich über die Geschäfte des Toten auszulassen.
    »Nichts davon erklärt, warum Sie hier sind. Sehe ich das richtig?«, unterbrach ihn Brunetti.
    Statt darauf einzugehen, sagte Guarino: »Ich fürchte, wir tappen völlig im Dunkeln.«
    »Versuchen Sie noch mehr ins Detail zu gehen, dann gibt sich das vielleicht«, schlug Brunetti vor.
    Plötzlich sah Guarino müde aus. »Ich arbeite für Patta«, sagte er und fügte erklärend hinzu: »Manchmal denke ich, alle haben ihren Patta. Bis ich ihn heute kennenlernte, hatte ich seinen Namen noch nie gehört, aber ich habe ihn auf der Stelle erkannt. Er ist mein Boss, und er ist wie die meisten Bosse, die ich in meinem Leben hatte. Ihrer heißt zufällig Patta.«
    »Ich hatte schon einige, die anders hießen«, sagte Brunetti, fügte aber hinzu: »Aber sie waren alle gleich.« Guarinos Lächeln half ihnen beiden, sich wieder zu entspannen.
    Erleichtert, dass Brunetti ihn verstand, fuhr Guarino fort: »Meiner - mein Patta - hat mich mit dem Auftrag hierhergeschickt, den Mann zu suchen, der in Ranzatos Büro den Anruf bekommen hat.«
    »Das heißt, er erwartet von Ihnen, dass Sie nach San Marcuola gehen, Ranzatos Namen rufen und dann beobachten, wer ein schuldiges Gesicht macht?«
    »Nein«, antwortete Guarino, ohne zu lächeln. Er kratzte sich hinterm Ohr. »Keiner in meinem Dezernat ist Venezianer.« Als Brunetti ihn fragend ansah, sagte er: »Einige von uns haben jahrelang hier gearbeitet, aber das ist nicht dasselbe, wie hier geboren zu sein. Das wissen Sie. Wir haben die Verhaftungsprotokolle nach allen durchforstet, die in der Nähe von San Marcuola wohnen und wegen Gewaltverbrechen vorbestraft sind, aber die einzigen zwei Männer, die wir gefunden haben, sitzen beide im Gefängnis. Wir brauchen also Hilfe vor Ort, wir brauchen Informationen, wie Sie sie haben oder beschaffen können und wir nicht.«
    »Sie brauchen Informationen und wissen nicht, wo Sie danach suchen sollen«, sagte Brunetti und streckte eine offene Handfläche aus. »Und ich weiß nicht, was in diesen Lastwagen war«, fuhr er fort, streckte auch die andere Hand aus und bewegte die Hände wie eine Waage auf und ab.
    Guarino bedachte ihn mit einem kühlen Blick: »Ich bin nicht befugt, darüber zu reden.«
    Von dieser Offenheit ermutigt, schlug Brunetti einen anderen Weg ein. »Haben Sie mit seiner Familie gesprochen?«
    »Nein. Seine Frau war völlig fassungslos. Der Kollege, der mit ihr gesprochen hat, war sicher, dass sie ihm nichts vorgespielt hat. Sie hatte keine Ahnung, was er

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