Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Fenster und ließ nicht nur die Rosen aufleuchten, die er vorhin bemerkt hatte, sondern auch ihre Bluse: Die Rosen wirkten daneben geradezu schäbig.
    »Wenn Sie Zeit haben, möchte ich Sie bitten, etwas für mich nachzusehen«, sagte er.
    »Für Sie oder für Maggior Guarino?«
    »Für uns beide, denke ich«, antwortete er, nicht ohne die Wärme zu bemerken, mit der sie den Namen des anderen aussprach.
    »Im Dezember wurde ein Mann namens Stefano Ranzato in seinem Büro in Tessera getötet«, sagte er. »Bei einem Raubüberfall.«
    »Ja, ich erinnere mich«, sagte sie. »Und der Maggiore leitet die Ermittlungen?«
    »Ja.«
    »Wie kann ich Ihnen beiden helfen?« »Er hat Grund zu der Annahme, dass der Mörder in der Gegend von San Marcuola leben könnte.« Das war nicht genau das, was Guarino ihm erzählt hatte, kam aber der Wahrheit nahe genug. »Der Maggiore ist, wie Sie sicher bemerkt haben, kein Venezianer, und auch sonst stammt keiner aus seinem Dezernat von hier.«
    »Ah«, rief sie, »die unendliche Weisheit der Carabinieri.«
    Als habe er das nicht gehört, fuhr Brunetti fort: »Die Verhaftungsprotokolle für den Bezirk um San Marcuola haben sie bereits überprüft.«
    »Auf Gewaltverbrechen oder Raubüberfall?«
    »Beides, vermute ich.«
    »Hat der Maggiore sonst noch etwas über den Täter gesagt?«
    »Dass er um die dreißig und gutaussehend sei und teure Kleidung trage.« »Na, damit verringert sich die Zahl auf etwa eine Million.«
    Brunetti machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten.
    »Also San Marcuola?«, fragte sie. Sie verfiel in Schweigen, und er sah ihr zu, wie sie ihre Manschetten herunterschlug und zuknöpfte. Es war nach elf, und doch war an den steifen Manschetten ihrer Bluse nicht das kleinste Fältchen zu sehen. Sollte er sie ermahnen, vorsichtig zu sein, dass sie sich an den Kanten nicht die Pulsadern aufschnitt?
    Sie hielt den Kopf schief, betrachtete die Wand über Pattas Tür und knöpfte eine ihrer Manschetten immer wieder auf und zu.
    »Man könnte es mit den Ärzten versuchen«, sagte Brunetti nach einer Weile.
    Sie schien verblüfft, dann lächelte sie. »Ja, natürlich«, sagte sie anerkennend. »Daran hatte ich nicht gedacht.« »Ich weiß nicht, ob Barbara ...«, brachte Brunetti den Namen ihrer Schwester ins Spiel; sie war Ärztin und hatte ihm gelegentlich weitergeholfen, jedoch immer eine deutliche Grenze gezogen zwischen dem, was sie der Polizei verraten durfte, und dem, was nicht.
    Signorina Elettras Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Ich glaube nicht, dass wir sie fragen müssen. Ich kenne zwei Ärzte, die ihre Praxen in der Nähe haben. Die werde ich fragen. Die Leute reden mit ihnen, also haben sie vielleicht etwas gehört.« Als sie Brunettis Blick bemerkte, sagte sie: »Die würde Barbara auch als Erstes fragen.«
    Er nickte. »Ich höre mich im Bereitschaftsraum um.« Die Männer wussten normalerweise ganz gut Bescheid über die Leute in den Vierteln, in denen sie Dienst taten.
    Brunetti hatte sich zum Gehen gewandt, drehte sich aber noch einmal um, als sei ihm plötzlich etwas eingefallen: »Da ist noch etwas, Signorina.« »Ja, Commissario?«
    »Teil einer anderen Ermittlung, na ja, eigentlich keine Ermittlung, aber man hat mich gebeten, etwas nachzuprüfen: Versuchen Sie, ob sich etwas über einen Geschäftsmann hier in der Stadt herausfinden lässt, Maurizio Cataldo.«
    Ihr »Aha« konnte alles Mögliche bedeuten.
    »Und über seine Frau auch, falls es da etwas gibt.«
    »Franca Marinello?«, sagte sie, den Kopf über den Zettel gesenkt, auf den sie Cataldos Namen geschrieben hatte.
    »Ja.«
    »Irgendwas Spezielles?«
    »Nein«, sagte Brunetti leichthin. »Das Übliche: Geschäfte, Finanzen.«
    »Interessieren Sie sich für ihr Privatleben?« »Nicht besonders, nein«, sagte Brunetti und fügte hastig hinzu: »Aber falls Sie auf etwas stoßen, das interessant sein könnte, halten Sie es bitte fest, ja?«
    »In Ordnung.«
    Er dankte ihr und ging.

6
    A uf der Treppe zurück zu seinem Büro wanderten Brunettis Gedanken von dem unbekannten Toten zu den Gästen, die er gestern beim Abendessen kennengelernt hatte. Er dachte sich, nach dem Mittagessen wäre wohl der beste Zeitpunkt, Paola nach Klatschgeschichten - um ehrlich zu sein und es beim Namen zu nennen - über Cataldo und seine Frau auszufragen.
    Der Januar zeigte sich in diesem Jahr von seiner unfreundlichen Seite und fiel mit Dunst und Kälte über die Stadt her. Über Norditalien hatte sich

Weitere Kostenlose Bücher