Bruno Chef de police
einen Bericht für das Planungsbüro auf. Der Käsediebstahl nahm die meiste Zeit in Anspruch, zumal der Geschädigte, ein alter Landwirt, überzeugt davon war, dass man ihm das Wasser abzugraben versuchte. Bruno musste ihm wiederholt begreiflich machen, dass sein selbst hergestellter Käse unverkäuflich sei, weil er den Auflagen der Europäischen Union nicht genüge und nur für den Eigenverzehr tauge, weshalb der Diebstahl lediglich den Tatbestand des Mundraubes erfülle. Der Frau des Bauern musste er anschließend alles noch einmal erklären. Sie hatte endlich ein Einsehen, als er darauf hinwies, dass die Versicherungsgesellschaft sich bestimmt weigern würde, für den Diebstahl unverkäuflichen Käses Schadenersatz zu leisten.
Als Bruno in sein Büro zurückkehrte, klingelte das Telefon. Sofort legte er Kamera, Schlüsselbund und Notizblock auf dem Schreibtisch ab und griff nach dem Hörer. Es war der
sous-officier
aus dem Militärarchiv.
»Dieser Boudiaf...«, sagte der alte Mann. »Sie nannten mir den Vornamen Hussein. Wir haben nur einen Mohammed Boudiaf verzeichnet. Er war Korporal und hat sich 1941 in der algerischen Stadt Constantine den
Tirailleurs
angeschlossen. 1943 hat er sich freiwillig bei den
Commandos d'Afrique
gemeldet. Dank der Empfehlung eines kommandierenden Offiziers wurde er angenommen. Er hat am Befreiungskampf gegen die Deutschen teilgenommen und ist im Oktober 1944 bei Besançon gefallen. Anscheinend hatte er weder Frau noch Kinder; allerdings wurde seiner verwitweten Mutter in Oran bis zu deren Tod im Jahr 1953 eine Pension überwiesen. Das ist alles, was wir haben. Tut mir leid. Hilft Ihnen das weiter?«
»Ja, durchaus«, sagte Bruno unwillkürlich. »Steht in der Akte irgendwas von Geschwistern oder anderen Angehörigen?«
»Nein, nur von der Mutter. Allerdings könnte dieser Korporal Mohammed Boudiaf mit Ihrem Hussein verwandt gewesen sein. Ich weiß ja inzwischen, dass Sie an Hamid al-Bakr interessiert sind, und bin da auf einen merkwürdigen Zufall gestoßen. Al-Bakr ist im August 1944 auf nicht ganz regulärem Weg den Streitkräften beigetreten, und zwar einer Einheit, in der es bereits einen Korporal Mohammed gab und die einen Hamid deshalb ohne weiteres akzeptiert hätte. Ich spekuliere zwar jetzt, aber könnte es sein, dass Hamid unter einem anderen Namen eingetreten ist? Solche Fälle waren damals nicht selten. Dass neue Rekruten aus irgendwelchen Gründen ihren Namen wechseln, ist in der Legion sogar gang und gäbe, aber auch in anderen Truppenteilen nicht unüblich. Wenn Ihr al-Bakr ursprünglich Boudiaf hieß und seinen Namen ändern wollte, war dies ein Leichtes, wenn er einer Einheit beitrat, der bereits sein Bruder oder Cousin angehörte.«
»Interessant. Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Dürfte ich mich wieder bei Ihnen melden, falls wir vor Gericht Kopien Ihrer Unterlagen brauchen?«
»Natürlich. Haben Sie übrigens mein Fax erhalten?« Bruno schaute in der Ablage des Faxgerätes nach. Die Sendung war angekommen: eine Kopie der ersten beiden Seiten eines Soldbuches mit dem passbildgroßen Foto eines jungen Mannes namens Hamid al-Bakr. Darunter waren zwei Daumenabdrücke und ein Stempel der französischen Armee zu erkennen. Auf der anderen Seite standen Name, Adresse sowie Tag und Ort der Geburt. Als Adresse war die Rue des Poissoniers im alten Hafenviertel von Marseille angegeben, als Geburtsdatum der 14. Juli 1923.
»Ja, angekommen. Vielen Dank.«
»Gern geschehen, für einen so tüchtigen Polizisten wie Sie. Ich nehme an, Sie waren beim Militär.« »Ja, als Pionier.« »In Bosnien?«
»Richtig. Wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe es mir nicht verkneifen können, einen Blick in Ihre Akte zu werfen. Sie haben sich wacker geschlagen, junger Mann.«
»Ich hatte Glück. Im Unterschied zu vielen anderen«, fügte Bruno hinzu und richtete seinen Blick auf die stark vergrößerte Luftaufnahme von Saint-Denis, die an der Wand hing, um zu verhindern, dass ihm Bilder von Sarajevo in den Sinn kamen.
»Sie können mich jederzeit anrufen, Sergeant Courrèges. Auf Wiederhören.«
Brunos Ohr war schweißnass, was er bemerkte, als er den Hörer zurücklegte. Er betrachtete die beiden Fotos. Der junge Soldat Hamid al-Bakr war dem Fußballer Hussein Boudiaf tatsächlich wie aus dem Gesicht geschnitten. Handelte es sich um ein und dieselbe Person? Dafür sprach Momus große Überraschung angesichts der Fotografie. Aber aus welchem Grund hätte Hamid seinen Namen ändern
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