Bruno Chef de police
geändert!
Das Telefon läutete. Bruno, der intuitiv wusste, wer ihn zu erreichen versuchte, stürzte hin.
»Ich bin gerade aufgewacht«, sagte Isabelle, »und traurig, dass du nicht bei mir bist. Ich vermisse dich schon jetzt.«
»Und ich dich.« Sie tauschten zärtliche Belanglosigkeiten aus und genossen es einfach, die Stimme des anderen zu hören, bis ein zweites Telefon in ihrem Zimmer zu läuten anfing. »Das wird Jean-Jacques sein, der mich über mein Handy zu erreichen versucht. Ich muss wohl heute wegen dieser Drogengeschichte nach Bergerac fahren.«
»Du bist doch hoffentlich am Abend zurück, oder?«
»Ja, und frei für dich. Bis dann.«
Er blickte auf seinen Garten hinaus und sah, dass es in der Nacht geregnet haben musste, aber zum Glück erst nach dem Ausflug mit Isabelle. Bruno spürte, dass er bis über beide Ohren strahlte. Trotzdem wollte ihm die Namensliste nicht aus dem Kopf gehen. Er schaute auf den Zettel, den er neben sein Telefon gelegt hatte, und suchte nach dem Namen des Mannschaftskapitäns. Hocine Boudiaf. In Klammern hatte Bruno daneben >Hussein< geschrieben, die laut Auskunft des Dozenten geläufigere Schreibweise. Ein Mannschaftsfoto hatte er nicht auftreiben können, aber versprochen, ein anderes Foto zu faxen, auf dem Boudiaf abgebildet war, was vielleicht das Rätsel zu lösen half.
Bruno warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Momu müsste noch zu Hause sein. Er rief bei ihm an.
»Bruno, ich möchte dich noch einmal um Entschuldigung bitten, verzeih mir, und danke«, sagte Momu, bevor Bruno zu Wort kommen konnte.
»Schon gut. Hör zu, Momu, ich habe eine Frage. Es geht um das verschwundene Foto deines Vaters. Hast du jemals den Namen Boudiaf gehört, Hussein Boudiaf? Könnte er ein Freund deines Vaters gewesen sein?«
»Die Boudiafs sind Vettern von uns und leben in Algerien«, antwortete Momu. »Sie waren die Einzigen, die mit meinem Vater Kontakt gehalten haben, keinen besonders engen, aber immerhin. Ich glaube, es gibt noch ein paar Briefe. Vielleicht finde ich sie, wenn ich die Sachen aus dem Häuschen durchsehe, aber es sind wohl nur Todes- und Geburtsanzeigen und Nachrichten aus der Familie. Ich müsste eigentlich auch mal schreiben und von Karims Kind berichten, habe aber bislang nie von mir hören lassen. Nach dem Krieg war für meinen Vater eine Rückkehr nach Algerien ausgeschlossen.«
»Kanntest du Jugendfreunde von ihm, Mannschaftskameraden? Und wenn ja, erinnerst du dich auch an Namen?«
»Nicht wirklich, aber wenn du mir welche nennst, erinnere ich mich vielleicht wieder.«
Bruno las ihm die Namensliste der
Oraniens
vor. Hinter zwei Namen, die Momu vage vertraut vorkamen, machte er ein Kreuzchen. Als sie ihr Gespräch beendet hatten, meldete sich Bruno wieder bei Isabelle.
»Wusst' ich's doch, dass du es bist«, sagte sie lachend. »Ich war gerade unter der Dusche und habe an dich gedacht.«
»Pardon,
ma belle,
aber es ist dienstlich. Dieser hilfsbereite Mann vom Militärarchiv - hast du seine Telefonnummer? Und würde er auch mit mir sprechen? Ich habe hier eine Liste aller Spieler der
Oraniens,
aber Hamids Name steht seltsamerweise nicht drauf. Vielleicht kann ich mit einem anderen Verbindung aufnehmen. Der eine oder andere müsste doch noch am Leben sein.«
Sie nannte ihm die gewünschte Nummer. »Wenn du bei ihm nicht weiterkommst, kann ich es ja noch mal versuchen. Ich glaube, er ist ein alter Mann, dem es gefällt, mit einer jungen Frau zu reden.«
»Verständlich. Wenn ich Hilfe brauche, rufe ich dich auf deinem Handy an. Bis heute Abend.«
Als Bruno sein Büro betrat, richtete er den Blick sofort auf das Faxgerät und sah, dass die Liste und das Foto aus Montpellier eingetroffen waren. Er verglich die Namen mit denen, die er sich notiert hatte. Sie stimmten überein. Dann betrachtete er das Foto. Es war körnig und ziemlich unscharf, stammte aus einer wenig bekannten Zeitung und zeigte drei Männer in Fußballtrikots. In der Mitte stand Villanova, der zwei jungen Nordafrikanern seine Arme über die Schultern gelegt hatte. Der eine war als Hussein Boudiaf, der andere als Massiii Barakine gekennzeichnet. Barakine war einer der Namen, an den sich Momu zu erinnern glaubte. Bruno hatte das Gefühl, einen Schritt weitergekommen zu sein. Er wählte die Nummer des Militärarchivs, die Isabelle ihm genannt hatte, und hörte, wie sich am anderen Ende eine brüchige Stimme meldete.
»Mein Name ist Courrèges. Ich bin
chef de police
von Saint-Denis
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