Buchanan - 06 - Schattentanz
»Sie sind hier nicht zuständig.«
»Die Chefin glaubt, sie kann sich mit der Bundespolizei anlegen«, bemerkte Noah.
Haden war außer sich vor Wut. Die beiden Bundesbeamten bedrängten sie. Sie trat durch die Schwingtür und stellte sich in den Gang, um den Weg zur Zelle zu versperren.
Diese FBI-Agenten waren arrogante Kerle, dachte sie. Sie glaubten wohl, sie könnten sie übergehen. Aber sie hatten keine Ahnung, mit wem sie es zu tun hatten. Die Tatsache, dass eine Frau Polizeichef in Serenity, Texas, war, sollte ihnen deutlich zeigen, dass sie mit ihr nicht einfach Schlitten fahren konnten. Serenity war zwar eine unbedeutende Kleinstadt, aber sie hatte trotzdem größte Mühen auf sich nehmen müssen, um diesen Posten zu bekommen. Die beiden Muskelmänner hatten sie einen Moment lang aus der Fassung gebracht, aber nun hatte sie wieder alles unter Kontrolle. Sie würde sich von ihnen nicht sagen lassen, was sie tun sollte. Dies war ihre Stadt, und es waren ihre Regeln. Sie vertrat hier das Gesetz.
»Ich sage Ihnen, was Sie tun können. Sie können Ihre Telefonnummer bei meiner Assistentin hinterlassen, und wenn ich mit dem Verhör der Verdächtigen fertig bin, rufe ich Sie an.« Sie wandte sich an Nick. »Und jetzt verlassen Sie schleunigst meine Polizeiwache und behindern mich nicht mehr bei der Arbeit.«
Der Bruder der Verdächtigen lächelte sie an. Er sah sogar aus, als würde er gleich anfangen zu lachen. Es gefiel ihr gar nicht.
»Was machen wir nur mit dieser Situation?«, fragte Nick.
Hadens Mut brach in sich zusammen, als Noah auf sie zukam. Sie ging sofort zur Seite. Wenn sie sich nicht bewegt hätte, wäre er einfach über sie hinweg marschiert, daran ließ er nicht den geringsten Zweifel.
Noah warf Nick über seine Schulter einen Blick zu und grinste.
»Ja, ja«, gab Nick zu. »Du kannst es immer noch.«
»Es« war die Fähigkeit, andere Personen, Mann oder Frau, durch seinen festen Blick erstarren zu lassen. Noah behauptete immer, Nick hätte das nie gelernt.
»Lass dir den Schlüssel von ihr geben«, sagte Noah.
»Hören Sie gut zu: Ich lasse diese Frau erst raus, wenn sie kooperiert.« Hadens Stimme klang laut und böse.
Auf der anderen Seite der Wand wartete Jordan geduldig, dass jemand sie herausholte. Dass Nick und Noah da waren, wusste sie, weil sie die Stimmen hörte. Als Noah endlich ums Eck kam, atmete sie erleichtert auf. Sie war überglücklich, ihn zu sehen.
Er war entsetzt von ihrem Anblick. »Was ist mit dir passiert? Du siehst ja schrecklich aus.«
»Danke. Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
Noah ignorierte ihren Sarkasmus. Unter den gegebenen Umständen wären die meisten Frauen ein bisschen durcheinander, aber Jordan war eben nicht wie die meisten. So erbärmlich sie aussah, sie zeigte immer noch Haltung, musste er bewundernd anerkennen.
Er lehnte sich an die Gitterstäbe und lächelte sie an. »Willst du hier raus?«
Aufgebracht erwiderte sie: »Was glaubst du denn?«
»Ich sage dir was: Du erzählst mir, was mit deinem hübschen Gesicht passiert ist, und ich lasse dich raus.«
Vorsichtig betastete sie ihre Wange und zuckte zusammen. »Jemand hat eine Faust dagegen gerammt«, sagte sie. »Ist Nick noch da draußen? Ich höre ihn gar nicht.«
»Ich glaube, wegen des Gekreisches dieser Frau versteht keiner mehr sein eigenes Wort.«
»Wie seid ihr so schnell hergekommen? Ich dachte, ihr wolltet Kollegen aus dem Bezirk schicken.«
»Ich habe ein kleines Flugzeug gechartert, deshalb brauchte ich sie nicht anzurufen.«
»Was? Nick ist freiwillig in ein Sportflugzeug gestiegen? Man kann ihn ja kaum überreden, mit einem Jumbojet zu fliegen. Wie hast du das denn geschafft?«
»Von freiwillig habe ich nichts gesagt, oder? Ich musste ihn schon ein bisschen schubsen.«
Jordan war beeindruckt. »Ist ihm schlecht geworden?«, fragte sie. Sie fand es immer komisch, wenn ihr Bruder grün im Gesicht wurde.
»Ja.«
Jordan lachte. »Ich bin so froh, dass ihr beide gekommen seid«, gestand sie.
Noah zuckte mit den Schultern. »Das solltest du auch sein.«
Seine Arroganz störte sie heute nicht. »Was geht eigentlich da draußen vor?«, fragte sie.
»Nichts Besonderes. Dein Bruder plaudert mit der Polizeichefin.«
»Chief Haden ist wirklich eine Sanfte, oder?«
Noah lachte. »Etwa so sanft wie eine Klapperschlange«, erwiderte er. »Sie versucht, meinem Heimatstaat einen schlechten Ruf zu verpassen, aber mach dir keine Sorgen. Nick wird schon mit ihr
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