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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Entschädigungssumme für den Anteil am Hause zukommen zu lassen! Ich habe es mit Stillschweigen übergangen, als Sie mir bei meiner Verheiratung und Etablierung 100 000 Courantmark auszahlten und mir testamentarisch ein für alle Mal nur ein Erbteil von 100 000 zusprachen. Ich war damals nicht einmal hinlänglich orientiert über Ihre Vermögensverhältnisse. Jetzt jedoch sehe ich klarer, und da ich mich nicht als prinzipiell enterbt zu betrachten brauche, so
beanspruche
ich in diesem besonderen Falle eine Entschädigungssumme von 33 335 Courantmark, will sagen ein Drittel der Kaufsumme. Ich will keine Vermutungen darüber anstellen, welchen
verdammungswürdigen
Einflüssen ich die Behandlung verdanke, welche ich bislang zu dulden genötigt war; aber ich
protestiere
gegen dieselbe mit dem ganzen Rechtssinn des
Christen
und des
Geschäftsmannes
und versichere Sie zum letzten Male, daß, sollten Sie sich nicht entschließen können, meine gerechten Ansprüche zu respektieren, ich Sie weder als
Christ
noch als
Vater
noch als
Geschäftsmann
länger werde achten können.
    Gotthold Buddenbrook.«
     
    {51} »Verzeih, wenn es mir kein Pläsier macht, dir diese Litanei noch einmal vorzubeten. – Voilà!« Und mit einer grimmigen Bewegung warf Joh. Buddenbrook den Brief seinem Sohne zu.
    Der Konsul fing das Papier auf, als es in der Höhe seiner Kniee flatterte, und folgte mit verwirrten und traurigen Augen den Schritten des Vaters. Der alte Herr ergriff den langen Kerzenlöscher, der beim Fenster lehnte und ging stramm und erzürnt am Tische entlang in den entgegengesetzten Winkel, zum Kandelaber.
    »Assez! sage ich. N'en parlons plus, Punktum! Ins Bett! En avant!« Eine Flamme nach der anderen verschwand ohne Auferstehen unter dem kleinen Metalltrichter, der oben an der Stange befestigt war. Es brannten nur noch zwei Kerzen, als der Alte sich wieder nach seinem Sohne umwandte, den er dort hinten kaum zu erkennen vermochte.
    »Eh bien, was stehst du, was sagst du? Du mußt doch irgend etwas sagen!«
    »Was soll ich sagen, Vater? – Ich bin ratlos.«
    »Es passiert leicht, daß du ratlos bist!« warf Johann Buddenbrook mit böser Betonung hin, obgleich er selbst wußte, daß diese Bemerkung nicht viel Wahres enthielt, und daß sein Sohn und Associé ihm manches Mal im entschlossenen Ergreifen des Vorteils überlegen gewesen war.
    »Schlechte und verdammungswürdige Einflüsse …« fuhr der Konsul fort. »Das ist die erste Zeile, die ich entziffere! Sie begreifen nicht, wie mich das quält, Vater? Und er wirft uns Unchristlichkeit vor!«
    »Du wirst dich durch dieses miserable Geschreibsel einschüchtern lassen, – ja?!« Johann Buddenbrook kam zornig herbei, den Kerzenlöscher hinter sich her schleifend. »Unchristlichkeit! Ha! Geschmackvoll, muß ich sagen, – diese fromme Geldgier! Was seid ihr eigentlich für eine Kompanei, ihr jungen Leute, – wie? Den Kopf voll christlicher und phan {52} tastischer Flausen … und … Idealismus! und wir Alten sind die herzlosen Spötter … und nebenbei die Juli-Monarchie und die praktischen Ideale … und lieber dem alten Vater die gröbsten Sottisen ins Haus schicken, als auf ein paar tausend Thaler verzichten! … Und als Geschäftsmann wird er geruhen, mich zu verachten! Nun! als Geschäftsmann weiß ich, was faux-frais sind, – faux-frais!« wiederholte er mit grimmigem pariserischen Gurgel-r. »Ich mache mir diesen exaltierten Schlingel von einem Sohn nicht ergebener, wenn ich mich demütigen sollte und nachgeben …«
    »Lieber Vater, was soll ich antworten! Ich will nicht, daß er recht hat mit dem, was er von ›Einflüssen‹ sagt! Ich bin als Teilhaber interessiert und gerade deshalb dürfte ich dir nicht raten, auf deinem Standpunkt zu bestehen, jedoch … Und ich bin ein so guter Christ als Gotthold, jedoch …«
    »Jedoch! Ja, du hast meinertreu recht, ›jedoch‹ zu sagen, Jean! Wie verhalten sich die Dinge denn eigentlich? Damals, als er für seine Mamsell Stüwing inflammiert war, als er mir Scene für Scene machte und am Ende, meinem strengen Verbot zum Trotz, diese Mesalliance einging, da schrieb ich ihm: Mon très cher fils, du heiratest deinen Laden, Punktum. Ich enterbe dich nicht, ich mache kein spectacle, aber mit unserer Freundschaft ist es zu Ende. Hier hast du 100 000 als Mitgift, ich vermache dir andere 100 000 im Testamente, aber damit basta, damit bist du abgefertigt, es giebt keinen Schilling mehr. – Dazu hat er geschwiegen.

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