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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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ist bleich, und seine runden, tiefliegenden Augen über der allzu großen Nase haben sich erweitert.
    »Ich esse nie wieder einen Pfirsich«, sagt er.
    »Warum nicht, Christian … Was für ein Unsinn … Was ist dir?«
    »Denkt euch, wenn ich aus Versehen … diesen großen Kern verschluckte, und wenn er mir im Halse steckte … und ich nicht Luft bekommen könnte … und ich spränge auf und würgte gräßlich und ihr alle spränget auch auf …« Und plötzlich fügt er ein kurzes, stöhnendes »O!« hinzu, das voll ist von Entsetzen, richtet sich unruhig auf seinem Stuhle empor und wendet sich seitwärts, als wollte er fliehen.
    Die Konsulin und Mamsell Jungmann springen thatsächlich auf.
    »Gott im Himmel, – Christian, du hast ihn doch nicht verschluckt?!« Denn es hat vollkommen den Anschein, als sei es wirklich geschehen.
    {75} »Nein, nein«, sagt Christian und beruhigt sich allmählich, »aber
wenn
ich ihn verschluckte!«
    Der Konsul, der gleichfalls blaß vor Schrecken ist, beginnt nun zu schelten, und auch der Großvater pocht indigniert auf den Tisch und verbittet sich die Narrenspossen … Allein Christian ißt wirklich längere Zeit keinen Pfirsich mehr. –

4.
    Es war nicht bloß Altersschwäche, was die alte Madame Antoinette Buddenbrook, sechs Jahre ungefähr nachdem die Familie das Haus in der Mengstraße bezogen, an einem kalten Januartag endgültig auf ihr hohes Himmelsbett im Schlafzimmer des Zwischengeschosses daniederwarf. Die alte Dame war rüstig gewesen bis zuletzt und hatte ihre dicken weißen Seitenlocken mit aufrechter Würde getragen; sie hatte zusammen mit ihrem Gatten und ihren Kindern die hauptsächlichsten Diners besucht, die in der Stadt gegeben wurden, und bei den Gesellschaften, die Buddenbrooks selbst veranstalteten, ihrer eleganten Schwiegertochter im Repräsentieren nicht nachgestanden. Eines Tages aber, ganz plötzlich, hatte sich ein halb unbestimmbares Leiden eingestellt, ein leichter Darmkatarrh anfangs nur, gegen den Doktor Grabow ein wenig Taube und Franzbrot verordnet hatte, eine mit Erbrechen verbundene Kolik, die mit unbegreiflicher Schnelligkeit Entkräftung herbeiführte, einen sanften und hinfälligen Zustand, der beängstigend war.
    Als dann Doktor Grabow mit dem Konsul eine kurze, ernste Unterredung draußen auf der Treppe gehabt hatte, als ein zweiter, neu hinzugezogener Arzt, ein untersetzter, schwarzbärtiger, düsterblickender Mann, neben Grabow aus- und einzugehen begann, da änderte sich gleichsam die Physiognomie des Hauses. Man ging auf den Zehen umher, man flüsterte {76} ernst, und die Wagen durften nicht über die Diele rollen. Etwas Neues, Fremdes, Außerordentliches schien eingekehrt, ein Geheimnis, das einer in des anderen Augen las; der Gedanke an den Tod hatte sich Einlaß geschafft und herrschte stumm in den weiten Räumen.
    Dabei durfte nicht gefeiert werden, denn es kam Besuch. Die Krankheit währte vierzehn oder fünfzehn Tage, und nach einer Woche kam der alte Senator Duchamps, ein Bruder der Sterbenden, nebst seiner Tochter von Hamburg an, während ein paar Tage später des Konsuls Schwester mit ihrem Gatten, dem Bankier aus Frankfurt eintraf. Die Herrschaften wohnten im Hause, und Ida Jungmann hatte alle Hände voll zu thun, für die verschiedenen Schlafzimmer zu sorgen und gute Frühstücke mit Krabben und Portwein bereitzuhalten, während in der Küche gebraten und gebacken ward …
    Droben saß Johann Buddenbrook am Krankenbette und blickte, die matte Hand seiner alten Nette in der seinen, mit erhobenen Brauen und ein wenig hängender Unterlippe stumm vor sich hin. Die Wanduhr tickte dumpf und mit langen Pausen, viel seltener aber noch atmete die Kranke einmal kurz und oberflächlich auf … Eine schwarze Schwester machte sich am Tisch mit dem Beef-Thee zu schaffen, den man versuchsweise noch reichen wollte; dann und wann trat geräuschlos ein Familienmitglied ein und verschwand wieder.
    Der Alte mochte sich erinnern, wie er vor 46 Jahren zum ersten Male am Sterbebette einer Gattin gesessen hatte und er mochte der wilden Verzweiflung, die damals in ihm aufbegehrt war, die nachdenkliche Wehmut vergleichen, mit der er, nun selbst so alt, in das veränderte, ausdruckslose und entsetzlich gleichgültige Gesicht der alten Frau blickte, die ihm niemals ein großes Glück, niemals einen großen Schmerz bereitet, die aber viele lange Jahre mit klugem Anstand bei ihm ausgehalten und nun ebenfalls langsam davonging.
    {77} Er dachte

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