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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Salons hinüber.
    »Mit einem Revolver?« fragte er, nachdem wohl zwei Minuten lang Stille geherrscht hatte. – Und wiederum nach einer Pause sprach er leise, langsam und spöttisch:
    »Ja, ja, so ein Rittersmann! …«
    Dann versank er aufs Neue in Sinnen. Die Schnelligkeit, mit der er die eine Spitze seines Schnurrbartes zwischen den Fingern drehte, stand in sonderbarem Gegensatz zu der verschwommenen, starren und ziellosen Unbeweglichkeit seines Blickes.
    Er achtete nicht auf die Klagereden seiner Schwester und auf die Mutmaßungen, die sie in Betreff des ferneren Lebens ihrer Freundin Armgard anstellte, noch bemerkte er, daß Gerda, ohne den Kopf ihm zuzuwenden, ihre nahe bei einander liegenden braunen Augen, in deren Winkeln bläuliche Schatten lagerten, fest und spähend auf ihn gerichtet hielt.

2.
    Niemals vermochte Thomas Buddenbrook mit dem Blicke matten Mißmutes, mit dem er den Rest seines eigenen Lebens erwartete, auch in die Zukunft des kleinen Johann zu sehen. Sein Familiensinn, dieses ererbte und anerzogene, rückwärts sowohl wie vorwärts gewandte, pietätvolle Interesse für die intime Historie seines Hauses hinderte ihn daran, und die liebevolle oder neugierige Erwartung, mit der seine Freundschaft und Bekanntschaft in der Stadt, seine Schwester und selbst die Damen Buddenbrook in der Breitenstraße seinen Sohn betrachteten, beeinflußte seine Gedanken. Er sagte sich {682} mit Genugthuung, daß, wie aufgerieben und hoffnungslos auch immer er selbst für seine Person sich fühlte, er angesichts seines kleinen Erbfolgers stets belebender Zukunftsträume von Tüchtigkeit, praktischer und unbefangener Arbeit, Erfolg, Erwerb, Macht, Reichtum und Ehren fähig war … ja, daß an dieser Einen Stelle sein erkaltetes und künstliches Leben zu warmem und aufrichtigem Sorgen, Fürchten und Hoffen wurde.
    Wie, wenn er selbst noch dereinst auf seine alten Tage, von einem Ruhewinkel aus, den Wiederbeginn der alten Zeit, der Zeit von Hannos Urgroßvater erblicken dürfte? War diese Hoffnung denn so gänzlich unmöglich? Er hatte die Musik als seine Feindin empfunden; aber hatte es denn in Wirklichkeit eine so ernste Bewandtnis damit? Zugegeben, daß die Liebe des Jungen zum freien Spiele ohne Noten von einer nicht ganz gewöhnlichen Veranlagung Zeugnis gab, – im regelrechten Unterrichte bei Herrn Pfühl war er keineswegs außerordentlich weit vorgeschritten. Die Musik, das war keine Frage, war der Einfluß seiner Mutter, und kein Wunder, daß während der ersten Kinderjahre dieser Einfluß überwogen hatte. Aber die Zeit begann, da einem Vater Gelegenheit gegeben wird, auch seinerseits auf seinen Sohn zu wirken, ihn ein wenig auf seine Seite zu ziehen und mit männlichen Gegeneindrücken die bisherigen weiblichen Einflüsse zu neutralisieren. Und der Senator war entschlossen, keine solche Gelegenheit unbenutzt zu lassen.
    Hanno, nun elfjährig, war zu Ostern ebenso wie sein Freund, der kleine Graf Mölln, mit genauer Not und zwei Nachprüfungen, im Rechnen und in der Geographie, nach Quarta versetzt worden. Es stand fest, daß er die Realklassen besuchen sollte, denn daß er Kaufmann werden und dereinst die Firma übernehmen mußte, war selbstverständlich, und Fragen seines Vaters, ob er Lust zu seinem künftigen Berufe in sich verspüre, beantwortete er mit Ja … einem einfachen, etwas scheuen Ja {683} ohne Zusatz, das der Senator durch weitere drängende Fragen ein wenig lebhafter und ausführlicher zu machen suchte – und zwar meistens vergebens.
    Hätte Senator Buddenbrook zwei Söhne besessen, so hätte er den Jüngeren ohne Frage das Gymnasium absolvieren und studieren lassen. Aber die Firma verlangte einen Erben, und abgesehen hiervon glaubte er, dem Kleinen eine Wohlthat zu erweisen, wenn er ihn der unnötigen Mühen mit dem Griechischen überhob. Er war der Meinung, daß das Realpensum leichter zu bewältigen sei, und daß Hanno, mit seiner oft schwerfälligen Auffassung, seiner träumerischen Unaufmerksamkeit und seiner körperlichen Zartheit, die ihn allzu oft nötigte, die Schule zu versäumen, in den Realklassen ohne Überanstrengung schneller und ehrenvoller vorwärts kommen werde. Sollte der kleine Johann Buddenbrook einstmals Das leisten, wozu er berufen war und was die Seinen von ihm erhofften, so mußte man vor allem darauf bedacht sein, seine nicht eben kräftige Konstitution durch Rücksichtnahme einerseits und durch rationelle Pflege und Abhärtung andererseits zu festigen und zu

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