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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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im {187} Hoch-Parterre hättest Du nichts einzuwenden: ganz in brauner Seide. Das Eßzimmer nebenan ist sehr hübsch getäfelt; die Stühle haben 25 Courant-Mark das Stück gekostet. Ich sitze im pensé-Zimmer, das als Wohnstube dient. Dann ist da noch ein Rauch- und Spielkabinet. Der Saal, der jenseits des Korridors die andere Hälfte des Parterres einnimmt, hat jetzt noch gelbe stores bekommen und nimmt sich vornehm aus. Oben sind Schlaf-, Bade-, Ankleide- und Dienerschaftszimmer. Für den gelben Wagen haben wir einen kleinen groom. Mit den beiden Mädchen bin ich ziemlich zufrieden. Ich weiß nicht, ob sie ganz ehrlich sind; aber Gott sei Dank brauche ich ja nicht auf jeden Dreier zu sehen! Kurz, es ist Alles, wie es unserem Namen zukommt.
    Nun aber kommt etwas, liebe Mama, das Wichtigste, welches ich mir bis zum Schlusse aufgehoben. Vor einiger Zeit nämlich fühlte ich mich ein bißchen sonderbar, weißt Du, nicht ganz gesund und doch wieder noch anders; bei Gelegenheit sagte ich es dem Doktor Klaaßen. Das ist ein ganz kleiner Mensch mit einem großen Kopf und einem noch größeren geschweiften Hut darauf. Immer drückt er sein spanisches Rohr, das als Griff eine runde Knochenplatte hat, an seinen langen Kinnbart, der beinahe hellgrün ist, weil er ihn lange Jahre schwarz gefärbt hat. Nun, Du hättest ihn sehen sollen! Er antwortete gar nicht, rückte an seiner Brille, zwinkerte mit seinen roten Äuglein, nickte mir mit seiner Kartoffelnase zu, kicherte und musterte mich so impertinent, daß ich nicht wußte, wo ich bleiben sollte. Dann untersuchte er mich und sagte, Alles lasse sich aufs Prächtigste an, nur müsse ich Mineralwasser trinken, denn ich sei vielleicht ein
bißchen
bleichsüchtig. – O Mama, vertraue es dem guten Papa ganz vorsichtig an, damit er es in die Familienpapiere schreibt. So bald als möglich hörst Du Weiteres!
    Grüße Papa, Christian, Clara, Thilda und Ida Jungmann in {188} nig von mir. An Thomas, nach Amsterdam, habe ich kürzlich geschrieben.
    Deine treugehorsame Tochter
    Antonie.
    *
     
    D. 2. August 1846.
    Mein lieber Thomas,
    mit Vergnügen habe ich Deine Mitteilungen über Dein Zusammensein mit Christian in Amsterdam empfangen; es mögen einige fröhliche Tage gewesen sein. Ich habe über Deines Bruders Weiterreise über Ostende nach England noch keine Nachrichten, hoffe jedoch zu Gott, daß sie glücklich von statten gegangen sein wird. Möchte es doch, nachdem Christian sich entschlossen, den wissenschaftlichen Beruf fahren zu lassen, noch nicht zu spät für ihn sein, bei seinem Prinzipale Mr. Richardson etwas Tüchtiges zu lernen und möchte seine merkantile Laufbahn von Erfolg und Segen begleitet sein! Mr. Richardson (Threedneedle Street) ist, wie Du weißt, ein naher Geschäftsfreund meines Hauses. Ich schätze mich glücklich, meine beiden Söhne in Firmen untergebracht zu haben, die mir freundschaftlichst verbunden sind. Den Segen davon darfst Du jetzt schon verspüren: Ich empfinde vollkommene Genugthuung, daß Herr van der Kellen Dein Salair bereits in diesem Vierteljahr erhöht hat und Dir weiterhin Nebenverdienste einräumen wird; ich bin überzeugt, daß Du durch ein tüchtig Führen Dich dieses Entgegenkommens würdig gezeigt hast und zeigen wirst.
    Bei alledem schmerzt es mich, daß Deine Gesundheit sich nicht völlig auf der Höhe befindet. Was Du mir von Nervosität geschrieben, gemahnte mich an meine eigene Jugend, als ich in Antwerpen arbeitete und von dort nach Ems gehen mußte, um die Kur zu gebrauchen. Wenn etwas Ähnliches sich für Dich als nötig erweisen sollte, mein Sohn, so bin ich, versteht sich, {189} bereit, Dir mit Rat und That zur Seite zu stehen, wiewohl ich für uns Andere derartige Ausgaben in diesen politisch unruhigen Zeiten scheue.
    Immerhin haben Deine Mutter und ich um die Mitte des Junius eine Fahrt nach Hamburg unternommen, um Deine Schwester Tony zu besuchen. Ihr Gatte hatte uns nicht aufgefordert, empfing uns jedoch mit großer Herzlichkeit und widmete sich uns während der zwei Tage, die wir bei ihm verbrachten, so vollständig, daß er sein Geschäft vernachlässigte und mir kaum Zeit zu einer Visite in der Stadt bei Duchamps' ließ. Antonie befand sich im fünften Monat; ihr Arzt versicherte, daß Alles in normaler und erfreulicher Weise verlaufen werde. –
    Noch möchte ich eines Briewes des Herrn van der Kellen erwähnen, dem ich mit Freude entnahm, daß Du auch privatim in seinem Familienkreise ein gern gesehener Gast bist.

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