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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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schwatzhafte alte Jungfer, die den Namen einer Familie aus der ersten Gesellschaft trug, ohne dieser Gesellschaft doch zuzugehören, die nicht zu großen Diners und Bällen, sondern nur zu kleinen Kaffee-Zirkeln gebeten ward und mit wenigen Ausnahmen von aller Welt »Tante Lottchen« genannt wurde. Einen in Seidenpapier gewickelten Blumentopf unter dem Arme, wandte sie sich zur Thür, und Thomas sagte, nachdem er aufs neue gegrüßt hatte, mit lauter Stimme zum Ladenmädchen:
    »Geben Sie mir … ein paar Rosen, bitte … Ja, gleichgültig. La France …«
    Dann als Tante Lottchen die Thür hinter sich geschlossen hatte und verschwunden war, sagte er leiser:
    {182} »So, leg' nur wieder weg, Anna … Guten Tag, kleine Anna! Ja, heute bin ich recht schweren Herzens gekommen.«
    Anna trug eine weiße Schürze über ihrem schwarzen, schlichten Kleide. Sie war wunderbar hübsch. Sie war zart wie eine Gazelle und besaß einen beinahe malayischen Gesichtstypus: ein wenig hervorstehende Wangenknochen, schmale, schwarze Augen voll eines weichen Schimmers und einen mattgelblichen Teint, wie er weit und breit nicht ähnlich zu finden war. Ihre Hände, von der selben Farbe, waren schmal und für ein Ladenmädchen von außerordentlicher Schönheit.
    Sie ging hinter dem Verkaufstische an das rechte Ende des kleinen Ladens, wo man durchs Schaufenster nicht gesehen werden konnte. Thomas folgte ihr diesseits des Tisches, beugte sich hinüber und küßte sie auf die Lippen und die Augen.
    »Du bist ganz verfroren, du Ärmster!« sagte sie.
    »Fünf Grad!« sagte Tom … »Ich habe nichts gemerkt, ich ging ziemlich traurig hierher.«
    Er setzte sich auf den Ladentisch, behielt ihre Hand in der seinen und fuhr fort:
    »Ja, hörst du, Anna? … heute müssen wir nun vernünftig sein. Es ist so weit.«
    »Ach Gott …!« sagte sie kläglich und erhob voll Furcht und Kummer ihre Schürze …
    »Einmal mußte es doch herankommen, Anna … So! nicht weinen! Wir wollten doch vernünftig sein, wie? – Was ist da zu thun? Dergleichen muß durchgemacht werden.«
    »Wann …?« fragte Anna schluchzend.
    »Übermorgen.«
    »Ach Gott … warum übermorgen? Eine Woche noch … Bitte! … Fünf Tage! …«
    »Das geht nicht, liebe kleine Anna. Alles ist bestimmt und in Ordnung … Sie erwarten mich in Amsterdam … Ich könnte auch nicht einen Tag zulegen, wenn ich es noch so gerne wollte!«
    {183} »Und das ist so fürchterlich weit fort …!«
    »Amsterdam? Pah! gar nicht! Und
denken
kann man doch immer an einander, wie? Und ich schreibe! Paß auf, ich schreibe, sowie ich dort bin …«
    »Weißt du noch …« sagte sie, »vor 1 ½ Jahren? Beim Schützenfest? …«
    Er unterbrach sie entzückt …
    »Gott, ja, 1 ½ Jahre! … Ich hielt dich für eine Italienerin … Ich kaufte eine Nelke und steckte sie ins Knopfloch … Ich habe sie noch … Ich nehme sie mit nach Amsterdam … Was für ein Staub und eine Hitze war auf der Wiese! …«
    »Ja, du holtest mir ein Glas Limonade aus der Bude nebenan … Ich erinnere das wie heute! Alles roch nach Schmalzgebäck und Menschen …«
    »Aber schön war es doch! Sahen wir uns nicht gleich an den Augen an, was für eine Bewandtnis es mit uns hatte?«
    »Und du wolltest mit mir Karoussel fahren … aber das ging nicht; ich mußte doch verkaufen! Die Frau hätte gescholten …«
    »Nein, es ging nicht, Anna, das sehe ich vollkommen ein.«
    Sie sagte leise:
    »Und es ist auch das Einzige geblieben, was ich dir abgeschlagen habe.«
    Er küßte sie aufs Neue, auf die Lippen und die Augen.
    »Adieu, meine liebe, gute kleine Anna! … Ja, man muß anfangen, Adieu zu sagen!«
    »Ach, du kommst doch morgen noch einmal wieder?«
    »Ja, sicher, um diese Zeit. Und auch übermorgen früh noch, wenn ich mich irgend losmachen kann … Aber jetzt will ich dir Eines sagen, Anna … Ich gehe nun ziemlich weit fort, ja, es ist immerhin recht weit, Amsterdam … und du bleibst hier zurück. Aber wirf dich nicht weg, hörst du, Anna? … Denn bis jetzt hast du dich
nicht
weggeworfen, das sage ich dir!«
    Sie weinte in ihre Schürze, die sie mit ihrer freien Hand vors Gesicht hielt.
    {184} »Und du? … Und du? …«
    »Das weiß Gott, Anna, wie die Dinge gehen werden! Man bleibt nicht immer jung … du bist ein kluges Mädchen, du hast niemals etwas von Heiraten gesagt und dergleichen …«
    »Nein, behüte! … daß ich das von dir verlange …«
    »Man wird getragen, siehst

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