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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Mul, Krischan, hei kann höllschen fuchtig warn! … Dat's Makler Gosch … kiek! Dat's son Aap! … Is hei 'n beeten öwerspönig?«
    »Corl Smolt!« fing der Konsul wieder an, indem er seine kleinen, tiefliegenden Augen auf einen etwa 22jährigen Lagerarbeiter mit krummen Beinen richtete, der, die Mütze in der Hand und den Mund voll Brot, unmittelbar vor den Stufen stand. »Nu red' mal, Corl Smolt! Nu is' Tiet! Ji heww hier den leewen langen Namiddag bröllt …«
    »Je, Herr Kunsel …« brachte Corl Smolt kauend hervor. »Dat's nu so 'n Saak … öäwer … Dat is nu so wied … Wi maaken nu Revolutschon.«
    {209} »Wat's dat för Undög, Smolt!«
    »Je, Herr Kunsel, dat seggen Sei woll, öäwer dat is nu so wied … wi sünd nu nich mihr taufreeden mit de Saak … Wie verlangen nu ne anner Ordnung, un dat is ja ook gor nich mihr, daß dat
wat
is …«
    »Hür mal, Smolt, un ihr annern Lüd! Wer nu 'n verstännigen Kierl is, der geht naa Hus un scheert sich nich mihr um Revolution und stört hier nich de Ordnung …«
    »Die heilige Ordnung!« unterbrach Herr Gosch ihn zischend …
    »De Ordnung, seg ick!« beschloß Konsul Buddenbrook. »Nicht mal die Lampen sind angezündet … Dat geiht denn doch tau wied mit de Revolution!«
    Corl Smolt aber hatte nun seinen Bissen verschluckt und, die Menge im Rücken, stand er breitbeinig da und hatte seine Einwände …
    »Je, Herr Kunsel, dat seggen Sei woll! Öäwer dat is man bloß wegen das allgemeine Prinzip von dat Wahlrecht …«
    »Großer Gott, du Tropf!« rief der Konsul und vergaß, platt zu sprechen vor Indignation … »Du redest ja lauter Unsinn …«
    »Je, Herr Kunsel«, sagte Corl Smolt ein bißchen eingeschüchtert; »dat is nu Allens so as dat is. Öäwer Revolutschon mütt sien, dat is tau gewiß. Revolutschon is öwerall, in Berlin und in Poris …«
    »Smolt, wat wull Ji nu eentlich! Nu seggen Sei dat mal!«
    »Je, Herr Kunsel, ick seg man bloß: wie wull nu 'ne Republike, seg ick man bloß …«
    »Öwer du Döskopp … Ji
heww
ja schon een!«
    »Je, Herr Kunsel, denn wull wi noch een.«
    Einige der Umstehenden, die es besser wußten, begannen schwerfällig und herzlich zu lachen, und obgleich die Wenigsten die Antwort Corl Smolts verstanden hatten, pflanzte diese Heiterkeit sich fort, bis die ganze Menge der Republikaner in {210} breitem und gutmütigem Gelächter stand. An den Fenstern des Bürgerschaftssaales erschienen mit neugierigen Gesichtern einige Herren, mit Bierseideln in den Händen … Der Einzige, den diese Wendung der Dinge enttäuschte und schmerzte, war Siegismund Gosch.
    »Na Lüd«, sagte schließlich Konsul Buddenbrook, »ick glöw, dat is nu dat Beste, wenn ihr Alle naa Hus gaht!«
    Corl Smolt, gänzlich verdutzt über die Wirkung, die er hervorgebracht, antwortete:
    »Je, Herr Kunsel, dat is nu so, un denn möht man de Saak je woll up sick beruhn laten, un ick bün je ook man froh, dat Herr Kunsel mi dat nich öwelnehmen daut, un adjüs denn ook, Herr Kunsel …«
    Die Menge fing an, sich in der allerbesten Laune zu zerstreuen.
    »Smolt, töf mal 'n Oogenblick!« rief der Konsul. »Seg mal, hast du den Krögerschen Wagen nich seihn, de Kalesch' von Krögers vorm Burgthor?«
    »Jewoll, Herr Kunsel! De is kamen. De is doar unnerwarts upp Herr Kunsel sin Hoff ruppfoahrn …«
    »Schön; denn loop mal fixing hin, Smolt, un seg tau Jochen, hei sall mal 'n beeten rannerkommen; sin Herr will naa Hus.«
    »Jewoll, Herr Kunsel!« … Und indem er seine Mütze auf den Kopf warf und den Lederschirm ganz tief in die Augen zog, lief Corl Smolt mit breitspurigen, wiegenden Schritten die Straße hinunter.

4.
    Als Konsul Buddenbrook mit Siegismund Gosch in die Versammlung zurückkehrte, bot der Saal ein behaglicheres Bild, als vor einer Viertelstunde. Er war von zwei großen Paraffin-Lampen erleuchtet, die auf dem Wortführertisch standen, und in ihrem gelben Licht saßen und standen die Herren bei ein {211} ander, gossen sich Flaschenbier in blanke Seidel, stießen an und plauderten geräuschvoll in fröhlichster Stimmung. Frau Suerkringel, die Witwe Suerkringel war da gewesen, sie hatte sich treuherzig ihrer eingeschlossenen Gäste angenommen, mit beredten Worten, da die Belagerung ja noch lange dauern könne, eine kleine Stärkung in Vorschlag gebracht und sich die erregten Zeiten zu Nutze gemacht, um eine bedeutende Quantität ihres hellen und ziemlich spirituösen Bieres abzusetzen. Soeben, beim Wiedereintritt

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