Buddha-Boy
Mutter verheimlicht, dann muss das Mädchen, das sein Herz gestohlen hat, etwas ganz Besonderes sein.«
Sie warf mir diesen typischen Mütterblick zu, mit dem sie sagen wollte: Wage es ja nicht, das Ganze abzustreiten! Aber ich lieà mich nicht provozieren. Es stand zu viel auf dem Spiel. Sie seufzte und lachte dann leise. »Am komischsten war, was ihre Mutter sagte, als ich mich am Telefon meldete. Sie sagte: âºSie klingen gar nicht so, wie ich es erwartet hatte.â¹ Was hast du den Leuten eigentlich von mir erzählt, San? Das möchte ich wirklich gern wissen.« Sie starrte mich weiter an, aber von mir kam nichts. »Na gut, Sanny, die ganze Woody-Familie wird also beim Spiel nächsten Dienstag herausfinden, wie ich bin. Ist es nicht wunderbar, dass ich in deine Schule gehe und all die interessanten neuen Leute in deinem Leben kennenlerne? Ich kann es gar nicht erwarten. Es wird bestimmt sehr ⦠aufschlussreich für mich sein.«
Und für andere Leute auch , dachte ich.
Das Ganze erinnerte mich viel zu sehr an den Tag, an dem sich die Lügen meines Vaters aufdröselten. Wir waren in Houston und ich dachte, dass alles bestens lief. Aber als Dad sich zum Frühstücken hinsetzte, verkündete er wie ein Blitz aus heiterem Himmel, dass wir in wenigen Wochen umziehen würden. Meine Mutter machte sich nicht einmal die Mühe, zu fragen, warum. Ich hatte bisher auch nie gefragt, aber dieses Mal wollte ich es wissen. Ich hatte in Sozialkunde bei Mrs Brown an einem Poster über die alten Inkas gearbeitet und sollte es im nächsten Monat bei einer Geschichtsausstellung präsentieren. Ich war noch nie von irgendwem für irgendwas geehrt worden und ich hatte das komische Gefühl, dass Mrs Brown wirklich etwas an mir lag. Dad sagte immer, ich sollte mich nicht zu sehr an Leute binden â was tatsächlich ziemlich Zen von ihm war, wenn auch aus völlig falschen Motiven. Trotzdem hing ich an dieser Frau und wollte sie nicht enttäuschen.
Ist das zu fassen? Mein Vater saà im Gefängnis, weil ich mich von Filzstiften und blauer Glitzerklebe hatte mitreiÃen lassen.
Aber ich greife vor. Ich fragte meinen Vater, warum wir ständig umzogen, und er sagte: »Ich bin dein Vater, und ich weiÃ, was für die Familie das Beste ist.«
Vielleicht war es noch zu früh am Morgen, um klar denken zu können, oder ich war vorübergehend wahnsinnig, denn ich schnauzte ihn an: »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
»Du musst mir vertrauen, San.«
»Du sagst doch immer, ich soll keinem vertrauen, Dad!«
Während Mom meine Hand unter dem Tisch warnend drückte, sagte Dad: »San, es gibt Gründe, warum wir nicht lange bleiben können. Chancen, die ich nicht verpassen will.«
»Chancen? Wie wärâs mit einer Chance für mich, ein normaler Junge zu sein? Wie wärâs mit der Chance, länger als ein Jahr in eine Schule gehen zu können? Wie wärâs mit der Chance, irgendwohin zu gehören? In Sozialkunde haben wir gelernt, dass â«
»SOZIALKUNDE? Setzt dir dein Lehrer solche verrückten Ideen in den Kopf? Dass du deine Eltern nicht respektieren sollst? Dass du dich deinem eigenen Vater widersetzen sollst?«
»Meine Lehrer in , Dad. In Sozialkunde haben wir eine Sie . Was du wüsstest, wenn du dir die Mühe machen würdest, deinem einzigen Sohn zuzuhören, anstatt die ganze Zeit mit Zocken im Internet zu verbringen, wenn Mom nicht â«
PENG! Nicht zum ersten Mal haute mich mein Vater vom Stuhl. Aber zum ersten Mal hinterlieà er einen sichtbaren Abdruck. Als ich die Faust auf meine Schulter zukommen sah, drehte ich mich zur Seite, um ihr auszuweichen. Leider in die falsche Richtung. Ich stemmte mich vom Boden hoch, rannte zur Tür, bevor mich mein Vater aufhalten konnte, und raste bis zur Schule. Ich wusste nicht, was ich dort tun würde, nur, dass ich den Tag nicht überstehen und mich absolut nicht mehr bewegen konnte. Wie ein Zombie schlurfte ich die Treppe hoch und fand irgendwie den Weg zu Mrs Brown. Sie saà an ihrem groÃen, altmodischen Schreibtisch aus Holz und trank Kaffee. Als sie aufblickte und mich sah, verschüttete sie die Hälfte davon auf den Boden. Sie fragte, was mit meinem Auge passiert sei, aber ich konnte nicht reden. Ich konnte gar nichts sagen. Ich heulte nur und heulte, bis ich keine Luft mehr bekam.
Dann weià ich nur
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