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Buddha-Boy

Buddha-Boy

Titel: Buddha-Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Sonnenblick
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darauf zu freuen, ihn in seinen zweitrangigen Hintern zu treten? Bei einem Spiel für einen guten Zweck? Denk mal darüber nach, ja?«
    Hihi. Da hatte er erst mal was zu kauen.
    Während ich nach Hause ging und auf meinen Nerven herumkaute. Was würde passieren, wenn sich die beiden Mütter trafen? Natürlich hätte ich mir eine Lüge ausdenken können, um Moms unleugbares nicht asiatisches Aussehen zu erklären, aber die Katze wäre sowieso aus dem Sack, sobald sie miteinander redeten. Gab es denn gar keinen verzweifelten Last-Minute-Plan, der mich rettete? Könnte ich behaupten, sterbenskrank zu sein, und die Veranstaltung einfach schwänzen? Wie ich wusste, hatten es Typen geschafft, nicht in den Vietnamkrieg ziehen zu müssen, indem sie sich in den Fuß schossen. Vielleicht könnte ich mir die Zehen zwischen meiner Zimmertür zerquetschen und dann … und dann nichts. Sie würden mich zwingen, dem Spiel auf Krücken beizuwohnen, was das gefürchtete Treffen der Moms nicht verhindern würde. Meine einzige Chance war, am Morgen auf dem Weg zur Schule vom Blitz getroffen zu werden. Wenn ich mir aus Aluminiumfolie und metallenen Kleiderbügeln einen stromanziehenden Anzug bastelte, würde ich es vielleicht schaffen, noch rechtzeitig gebraten zu werden – FALLS es zufällig ein Gewitter gab.
    Wem machte ich hier etwas vor? Heute war mit Sicherheit meine letzte glückliche Nacht. Abgesehen von der Tatsache, dass ich mich jetzt schon elend fühlte. Mannomann!
    Beim Abendessen wollte meine Mom sich unterhalten. Ich nicht. Sie gab auf. Ich ging in mein Zimmer und starrte wie ein Tier im Käfig alles um mich herum an. Dann hatte ich einen seltsamen Gedanken: Was, wenn ich mich tatsächlich hinsetzte und meditierte? So in echt, um mich zu beruhigen? Ich probierte es aus. Und es klappte fantastisch. Nach ungefähr einer halben Stunde Zazen fühlte ich mich besser. Ich nahm mir sogar vor, Woody am Morgen die ganze Wahrheit zu erzählen und mich allem, was geschähe, zu stellen.
    Nachdem ich gut geschlafen hatte, kam ich wieder zur Vernunft und erinnerte mich, dass ich ein totaler Feigling war, der jede Art von Konfrontation hasste. Als ich dann also in meinem coolen neuen T-Shirt der Lachenden Bogenschützen in der Schule eintraf, redete ich mit Woody nur über ihre Biologische-Mutter-Situation. Sie hatte noch nichts von ihr gehört, seit sie ihr die DVD geschickt hatte, meinte aber, dass sei für sie okay. Ich glaube, ihre genauen Worte waren: »Ich hab mein Bestes versucht. Wenn sie sich nicht meldet, dann weiß ich wenigstens das.«
    Ich dachte: Ja, muss schön sein, Mumm zu haben. Nicht, dass ich das aus eigener Erfahrung wüsste.
    Der Schultag präsentierte sich in all seiner atemberaubenden Faszination und Schönheit. Der Höhepunkt war wie immer die Mittagspause. Woody spielte einen brandneuen Song. Na ja, es war ein siebzig Jahre alter Song von Woody Guthrie, aber für mich war er brandneu. Der Text passte genau, denn es geht darum, wie schrecklich es ist, jemanden zu lieben, der dich nicht liebt.
    Ich habe noch gar nichts über Woodys Stimme gesagt. Das sollte ich wohl. Ihr zuzuhören, war meist so, als würde man Wasser über glatte Steine gluckern und plätschern hören. Ihre Stimme war so natürlich und leicht. Ich selbst stolpere schon über meine eigenen Füße, wenn ich beim Telefonieren durchs Zimmer laufe. Aber Woody konnte fantastisch auf der Gitarre improvisieren und gleichzeitig eine ganz andere Melodie singen. Es strömte aus ihr heraus, als ob sie dazu geboren wäre, nur diesen einen Song in genau diesem Moment zu singen. Woody sang so gut, dass man beinahe vergaß, dass sie sang. Falls das einen Sinn ergibt.
    Aber diesmal klang ihre Stimme etwas rau, als ob ein Wort nach dem anderen aus ihr herausgerissen würde. Als der Song vorbei war, sah es aus, als hätte sie ein bisschen geweint. Am liebsten hätte ich meinen vegetarischen Thai-Wrap zur Seite geschoben und wäre zu ihr hingelaufen, damit sie ihr Gesicht in meiner Schulter vergraben könnte. Aber ich tat es nicht.
    Ich Blödmann.
    Der Rest des Tages zog sich in die Länge. Doch irgendwann war die Schule aus. Zeit für das Spiel.
    Während ich mit Woody durch den Flur zur Sporthalle ging, spürte ich, wie mein Herz hämmerte. Äußerlich war ich ganz ruhig, machte Woody Komplimente wegen ihres

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