Buehne frei Prinzessin
auf sie stürzte, um ihr jede Haarsträhne auf ihrem blöden Kopf auszureißen, nachdem sie mir geraten hatte, mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern und mir außerdem den AES-Löwenaufnäher vom Blazer gerissen hatte.
Ich kann nur hoffen, dass es trotzdem wehgetan hat.
Das Traurige ist bloß, dass sie gar nicht weiß, was für ein Glück sie hatte. Ich hätte ihr noch was viel Schlimmeres angetan, wenn Lars und Perin mich nicht zurückgehalten hätten.
Perin ist vielleicht ein Mädchen, aber dafür ist sie erstaunlich stark.
Und gut erzogen ist sie auch noch. Als Mrs Gupta mich in ihr Büro zerrte, hörte ich, wie Perin mir hinterherrief: »Danke, Mia!«
Und obwohl ich mich auch verhört haben kann (ich war vor lauter Wut immer noch ganz außer mir), bilde ich mir ein, dass sogar ein paar Leute geklatscht haben.
Wobei es Mrs Gupta natürlich niemals in den Sinn käme, Lana könne etwas Böses getan haben. Gott bewahre! Sie denkt, ich hätte mich auf Lana gestürzt, weil ich wegen des Rededuells die »Nerven« verloren hätte. Ja, klar, Mrs Gupta. Es waren meine Nerven. Es hatte NICHTS damit zu tun, dass Lana Perin, als wir aus Französisch kamen, zuzischte: »Na, du Zwitter!« Oder dass ich daraufhin zu Lana sagte, sie solle ihr dreckiges Maul halten.
Oder dass Lana mir daraufhin den Löwenaufnäher vom Blazer riss.
Das Einzige, was Mrs Gupta mitkriegte, war, dass ich aus einem Impuls heraus Lanas Zopf abriss.
Mrs Gupta meint, ich könne von Glück reden, dass sie mich nicht sofort vom Unterricht ausschließt. Sie würde es nur deswegen nicht machen, weil sie wüsste, dass ich zurzeit privat ziemliche Probleme hätte. (HALLO???? WOVON REDET SIE? VON DEN SCHNECKEN? DAVON, DASS ICH EINE BABYSCHLECKERIN
BIN? DAVON, DASS MEIN FREUND IRGENDWANN MAL MIT MIR SCHLAFEN MÖCHTE? WOVON???)
Gerade hat sie gesagt, sie fände es besser, wenn Lana und ich unsere Differenzen auf zivilisiertere Art austragen würden, statt uns auf dem Flur im zweiten Stock anzubrüllen. Und jetzt zwingt sie uns, das Rededuell trotzdem durchzuziehen. Gerade hat sie gesagt: »Mia, würdest du bitte von deinem Tagebuch aufschauen und dich auf das konzentrieren, was ich sage?«
O Mann. Mehr konzentrieren, als aufzuschreiben, was sie sagt, geht doch gar nicht. Was glaubt die denn, was ich hier schreibe? »Krieg der Sterne«-Fanfiction?
Lana lacht natürlich.
Ich bezweifle, dass sie so frech lachen würde, wenn sie wüsste, dass ich nach einer Frau benannt bin, die jemandem mit einer Axt den Kopf abgehackt hat.
Montag, 7. September, Turnhalle
O Gott. Wie konnte ich mich bloß auf das hier einlassen? Sie sind alle da. Sämtliche eintausend Schüler der Albert-Einstein-Schule, von der neunten bis zur zwölften Klasse, sitzen vor mir auf der Zuschauertribüne und SCHAUEN mich an, nein, STARREN mich an, weil es ansonsten nämlich nicht viel zu sehen gibt. Nur noch Lana, die beiden Rednerpulte und die Zimmerpalme, die wahrscheinlich hingestellt wurde, damit das Ganze etwas heimeliger aussieht (vielleicht auch, um mich mit Sauerstoff zu versorgen, falls ich das Bewusstsein verliere), und Mrs Gupta, die wie eine Schiedsrichterin beim Preisboxen zwischen den Klappstühlen steht, auf denen wir im Moment sitzen.
Gleich kotze ich in den Topf von der Zimmerpalme.
Mrs Gupta lässt sich gerade darüber aus, dass es sich nicht um einen Kampf, sondern um eine friedliche Debatte handelt, in der Lana und ich unseren Wählern noch einmal unsere Standpunkte zu den einzelnen Themenkomplexen darlegen können.
Friedlich. Ha! Genau. Deswegen halte ich ja auch immer noch Lanas Zopf in der Hand.
Und hallo? Themenkomplexe? Welche THEMENKOMPLEXE denn????? Niemand hat mir gesagt, dass es hier um irgendwelche Themenkomplexe geht!!!!
In der ersten Reihe sitzt Lilly und hat ihre Videokamera auf mich gerichtet. Daneben sitzen Tina und Boris, Shameeka, Ling
Su und – ach, wie nett – Perin. Lilly macht mir irgendwelche Handzeichen. Was versucht sie, mir zu sagen? Sie will doch nicht etwa schon jetzt die Geheimwaffe aktivieren?
Nein, bitte nicht! Das Duell hat ja noch nicht mal angefangen! Was macht sie denn mit den Händen??? So komische Klappbewegungen. Hä?
Ah, verstehe! Ich soll aufhören, Tagebuch zu schreiben, und mich gerade hinsetzen. Vergiss es, Lilly. Ich...
O MEIN GOTT. Dieser Geruch. Ich kenne diesen Geruch. Chanel No. 5. Ich kenne nur eine Person, die Chanel No. 5 trägt... oder besser gesagt, sich so viel davon aufsprüht, dass man es
Weitere Kostenlose Bücher