buen caminoooo!!! (Ein launiger Reisebericht) (German Edition)
ich bekomme Todessehnsucht oder wenigstens soll sich die Erde öffnen, um mich darin verschwinden zu lassen. Es reicht auch, wenn nur das Pendel verschwindet! Zum Glück ist außer uns und einer unaufmerksamen Bedienung niemand anwesend.
Ich will noch hinüberrufen: „Brauchst nicht zu prüfen, ist alles tot“, aber ich will der Guten nicht zu einem Rückfall verhelfen. Lieber hole ich mir noch einen Wein.
Schwester Hanni scheint etwas komplizierter zu sein, lebt aber auf dem Planet Erde. Sie ist die unwesentlich Ältere und erzählt, dass sie vorhin mit ihrem Mann gesprochen habe. Der hat den beiden per Internet für den nächsten Tag ein Hotel in einem Ort ca. 30 km hinter Logroño gebucht. Somit wird das von mir angebotene Bett für morgen nicht benötigt. Aber vielen Dank!
Nanni gesteht mir später, sie wäre gerne zu uns in das Apartment gekommen, aber ihre Schwester brauche ihr eigenes Bad und Privatsphäre. Hanni ist auch diejenige, die am Tag nicht mehr als 6 bis 7km laufen möchte oder kann. Daher die lange Zeit für den Camino.
Ich gebe zu bedenken, dass die beiden, solange sie nur Bus fahren, nicht als echte Pilger oder Wanderer akzeptiert werden. Und dass außerdem am Ende des Weges noch unheimlich viel Zeit übrig sein wird.
Nanni findet es gut, dass ich das äußere. Hanni grinst und findet irgendwas gut.
Was für ein bekloppter Abend ! Ohne Wein wäre ich wohl schreiend aus dem Restaurant, über den Parkplatz, direkt auf die Autobahn gelaufen, um zu verunfallen. Ich verabschiede mich mit dem Angebot, morgen gegen 8 Uhr zusammen ein Taxi zu nehmen und zurück nach Viana zu fahren. Die Schwestern wollen sich das überlegen. Ich gehe nach oben und schüttele auf dem Weg bis zum Zimmer mit dem Kopf.
Den nächste n Abend werde ich wieder mit Elena, Daniel und Christoph verbringen; darauf freue ich mich schon jetzt.
Tag 9: Viana nach Logroño
Guten Morgen ! Am Vorabend haben Jugendliche vor meinem Fenster auf dem riesigen Parkplatz gefeiert. Gerne hätte ich denen was Nettes zugerufen, da ich aber kein Spanisch kann, hätte ich mich über deren freche Antworten nicht mal angemessen ärgern können. Mit Dingen aus dem Zimmer nach den Jugendlichen zu werfen, wäre auch nicht gegangen, da die komplette Front des Hotels mit Lochplatten als Sonnenschutz versehen ist. Da hätte maximal ein Strohhalm durchgepasst.
Hanni und Nanni schlafen wohl noch und träumen vom Busfahren.
Ich steige in das bestellte Taxi , welches mich zu meinem Ausgangspunkt in Viana bringt. Meine Etappe ist heute kurz. Von Viana geht es durch Schrebergärten und Weinfelder. Trotz der nahen Bundesstraße lassen mir der Tag und die Sonne das Herz aufgehen.
Heute ist Sonntag, ich treffe auf eine kleine Kirche , in der gerade eine Messe gelesen wird. Vor der Kirche und unter den Bäumen sitzen und stehen Gläubige, die wohl nicht mehr in die Kirche passten. Einige bereiten Getränke und kleine Häppchen für das Ende der Messe vor, man unterhält sich locker.
Es kann nicht schaden, eine Messe zu besuchen, denke ich mir, und mir ist auch danach. Allerdings komme ich nur bis zu einem Vorraum. Hier drängen sich schon die Kirchgänger, die Kirche ist also voll; die Kommunion wird bereits ausgeteilt. Ich bekomme natürlich keine Kommunion, steht mir ja auch nicht zu. Ich genieße den Gesang, der just angestimmt wird. Die Atmosphäre hier ist besinnlich, für mich ein wenig wie Heiligabend. Kurz nach dem Gesang verlasse ich die Messe und wende mich wieder meinem Camino zu.
Past oren unserer Region würden sich über den hier gesehenen Zulauf sicherlich freuen. Was mögen die Gründe dafür sein? Die Messe hatte was von Familie und Gemeinschaft. Im Anschluss läuft nicht jeder gleich nach Hause, sondern man sitzt noch draußen, unterhält sich, die Kinder spielen, die Jugend neckt sich, Ältere hocken in der Sonne und unterhalten sich. Bilderbuch. Gäbe es diese liebenswerte Idylle bei uns, würde dem Camino wohl ein Teil seiner Burn-out-Pilger mangels Masse fehlen.
Kann es sein, dass in Spanien das Miteinander eine größere Rolle spielt? M ehrfach sind mir große Gruppen von Jugendlichen in ihrer Freizeit aufgefallen. Eine Gruppe von ca. 20 Jugendlichen saß im Flughafen Palma de Mallorca auf dem Boden im Kreis und spielte ein improvisiertes Wurfspiel, um sich die Zeit bis zum Abflug zu vertreiben. An einem Strand beschäftigte sich eine Gruppe mit Volleyball, eine andere vertrieb sich die Zeit mit kleinen Wettbewerben. Mehrfach
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