Buerger, ohne Arbeit
Welten. Das Glück des Produzierens zu KENNEN, aus eigenem Erleben, ist ein Privileg, es in abgewandelter
und abgeschwächter Form zu AHNEN, ist Gemeingut. Der Tätige, weil kurz davor, das Ganze zu ergreifen, ahnt schmerzbeladen,
kummervoll, der Handelnde und |380| Arbeitende, in größerer Entfernung angesiedelt, fassen, was ihnen davon zufällt, gelassener auf, zufriedener. Die mit Alltagsanforderungen
verträgliche Normalform des freien Produzierens heißt GELINGEN. Niemand unter uns, der ins Gelingen nicht verliebt wäre. Nur
ist das nicht genug, um eine Sache glücklich zu vollbringen, sie GUT ZU MACHEN in des Wortes doppelter Bedeutung; hier muß
sich alles ineinanderfügen, alles zusammenstimmen, alles »passen«. Der Ingenieur, der den erfolgreichen Funktionstest seiner
Konstruktion erlebt, die Kassiererin im Supermarkt, die einen ganzen Arbeitstag in freundliche Gesichter blickt, nur gute
Worte hört, wissen davon, auf ihre Weise, ohne Hoffnung auf Unsterblichkeit, wie Mozart oder Einstein zu berichten.
Alle Verhältnisse anzuprangern, umzustürzen, die diesem Gelingen in den Arm fallen, die seine inneren Hemmnisse sinnlos vervielfachen,
lohnt und adelt jede Mühe.
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|381| Anmerkungen
Die Köchin
1
Richard Sennett: The Fall of Public Man [1974]; dt. Ausgabe: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität.
Frankfurt a. M. 1983. Er hat diese Klage später relativiert, gerade in bezug auf die moderne Arbeitswelt.
2
»In früheren Gesellschaftsordnungen war das, was wir heute die Identität einer Person nennen würden, durch ihre soziale Stellung
weitgehend festgelegt … Durch die Entstehung einer demokratischen Gesellschaftsordnung allein wird das allerdings nicht abgeschafft,
denn die Menschen können sich immer noch mit Hilfe ihrer gesellschaftlichen Rolle definieren. Was dagegen tatsächlich zu einer
entscheidenden Schwächung dieses Verfahrens der sozial abgeleiteten Identitätsbestimmung führt, ist eben das Ideal der Authentizität.«
Charles Taylor: Das Unbehagen an der Moderne. Frankfurt a. M. 1995, S. 56f.
3
Henry Ford: Mein Leben und Werk. Leipzig 1923, S. 140.
4
Paul Krugman: Schmalspurökonomie. Die 27 populärsten Irrtümer über Wirtschaft. Frankfurt a. M., New York 1998, S. 17.
5
Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben [1958]. München, Zürich 1994, S. 116.
6
John Maynard Keynes: Economic Possibilities for Our Grandchildren [1930]. Zitiert nach: Daniel Bell: Die nachindustrielle
Gesellschaft [1973]. Frankfurt a. M., New York 1996, S. 349.
7
»The problem is that work is a radically different experience for different people.« John Kenneth Galbraith: The Economics
of Innocent Fraud. Truth for Our Time. London 2004, S. 29.
8
Platon: Politeia. In: Platon: Sämtliche Werke, Bd. 2. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 262f.
9
Aristoteles: Politik. Leipzig 1880, S. 78f.
10
Aristoteles: Politik, S. 128.
11
Aristoteles: Politik, S. 78.
12
David S. Landes: Wohlstand und Armut der Nationen. Warum die einen reich und die anderen arm sind. Berlin 2002, S. 522.
13
Thomas H. Marshall: Class, Citizenship and Social Development. New York 1964, S. 84.
14
|382| Thomas Morus: Utopia [1516]. Leipzig 1976, S. 58.
15
Morus: Utopia, S. 61.
16
Morus: Utopia, S. 63.
17
Thomas Campanella: Der Sonnenstaat [1623]. Berlin 1955, S. 60.
18
Gracchus Babeuf an Charles Germain [1795]. In: Joachim Höppner, Waltraud Seidel-Höppner: Von Babeuf bis Blanqui. Französischer
Sozialismus und Kommunismus vor Marx. Bd. 2, Leipzig 1975, S. 61, 63.
19
Étienne Cabet: Kommunistisches Glaubensbekenntnis [1841]. Zitiert nach: Höppner, Seidel-Höppner: Von Babeuf bis Blanqui, S.
402.
20
»Keine Gesellschaft ohne Arbeit! Folglich kann kein Müßiggänger ohne Arbeit leben. Wozu aber brauchen die Arbeiter Müßiggänger?«
Louis-Auguste Blanqui: Wer die Suppe kocht, soll sie auch essen dürfen [1834]. Zitiert nach: Höppner, Seidel-Höppner: Von
Babeuf bis Blanqui, S. 519. Für Owen wird die körperliche Arbeit durch systematische Anwendung von Maschinerie »in eine gesunde,
erfreuliche und wünschenswerte Beschäftigung verwandelt«, durch denselben Vorgang jedoch »lediglich zu einer gesunden Übung«,
die möglichst wenig Zeit in Anspruch nehmen soll. Vgl. Robert Owen: Das soziale System [1820/21]. Leipzig 1988, S. 27, 51.
21
Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. 3. Bd., Buch III: Der
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