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Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
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Phantasie, zurück zur Wirklichkeit, in deren Element sie sich bewähren muß. Die Frage, wer arbeitet,
     wer versieht die am wenigsten attraktiven Arbeiten, wenn er es nicht muß, erhob sich im Verlauf der bisherigen Darstellung
     verschiedentlich. Die Antwort darauf erteilte das Bürgergeld in seiner einzig konsequenten Form: als bedingungslose und auskömmliche
     Grundsicherung nach den technischen Maßgaben der Sozialdividende. Ihr allein wohnt eine Tendenz zur Stabilisierung der Arbeitsverhältnisse
     speziell der unteren Einkommensgruppen inne (§ 15.2–3; 5). Über die effektive Belastbarkeit dieser Tendenz entscheidet in
     letzter Instanz die Produktivität im Zusammenhang mit der Standortbindung oder -flüchtigkeit der Unternehmen. Daher wäre es
     ein grober Mißgriff, wollte man die Sozialdividende ausgerechnet aus einer Maschinensteuer bestreiten. Auf diesem Wege würden
     die produktivsten Unternehmen bestraft, der wirtschaftliche Fortschritt am Nerv getroffen und der künftige Umverteilungsspielraum
     eingeengt. Indirekte Steuern, von allen zu entrichten, sind das geeignete Verfahren. 133
    Die bohrende Nachfrage: Wer zahlt, wenn weitere Produktivitätsschübe die lebendige Arbeit dereinst aus dem Herstellungsprozeß
     verbannen, wenn die Gütererzeugung weitgehend ohne lebendige Arbeit vonstatten geht, ist hypothetisch, aber reizvoll. Als
     radikales Gedankenexperiment zielt sie auf die Bestandsvoraussetzungen eines sozialen Zusammenhangs, der nicht mehr auf die
     gewohnte Weise ökonomisch unterstützt wird. Sie wird am Ende dieses Buches aufgegriffen (§ 42). – Das Bürgergeld ist der Schlüssel
     zum unangefochtenen Leben. Auch zu einem aktiven Leben? Wie öffnet man, auf sicheren Grund gestellt, die Türen zum erfüllten
     Dasein aus eigenem Antrieb, eigenem Vermögen? Das ist die große kulturelle Frage arbeitsfreier Existenz.
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§ 18 Arbeiten, Handeln, Tätigsein
    1. Freiheit VON existentiellen Ängsten ermöglicht Freiheit FÜR anderes und MIT anderen, erzeugt sie aber nicht aus sich heraus.
     Sie kann in passiven Wohlstand münden, in ein Leben, das keine Eile, aber auch keine Spannung kennt, das sich weder getrieben
     fühlt noch eigene Antriebskräfte entwickelt. Solange Menschen der Lohnarbeitsgesellschaft angehören, bleibt die Differenz
     dieser Freiheiten vage, tritt die darin angelegte Dramatik nur verschwommen ins Bewußtsein. Dieselbe Praxis, die das eigene
     Leben sichert – berufsmäßiger Erwerb –, fügt das Individuum in ein dichtes und weitgespanntes Netz sozialer und kultureller
     Bezüge ein. Existenzgründung, Gemeinschaftsbindung, gesellschaftliche Aufgeschlossenheit erscheinen als bloße Momente ein
     und desselben Vollzugs, die organisch auseinander, hervor- und ineinander übergehen. Die »Magie« der modernen Erwerbsarbeit
     beruht auf diesem Übergang (§ 6). Wer aus dem magischen Ort vertrieben wird oder nie in ihn vordrang, stößt hart in der Wirklichkeit
     auf. Die einzelnen Dimensionen des Lebens brechen jäh auseinander. Von selbst zusammenzufügen, was »an sich« zusammengehört,
     erweist sich als herbe Zumutung, wenn man es nicht gelernt oder durch lange Gewöhnung an den scheinbaren Automatismus schon
     wieder verlernt hat. Die Abwesenheit physischer Not mag helfen, die Herausforderung anzunehmen; ohne ein neues kulturelles
     Modell, das die Gleichsetzung von »Aktivität« und »Arbeit« überwindet, bleibt die Umorientierung dem Zufall oder dem Naturell
     überlassen. Unglücklicherweise ist genau diese Gleichsetzung das kulturelle Dogma unserer Zeit schlechthin. Einzig der arbeitende
     Mensch gilt als »aktiv handelnde Person« 134 , als vollwertiges soziales Wesen, das zu Stolz und Selbstachtung berechtigt ist. Wer sich von der Arbeit trennt, trennt sich
     von der Gesellschaft, und für die tonangebende Ansicht gilt als ausgemacht, »daß solche Menschen am Ende |145| auch nicht mehr partizipieren wollen an dem, was unter Gemeinwesen verstanden wird« 135 . Weil »in der Arbeitslosigkeit die Aktivität des Menschen in einer wesentlichen Hinsicht stillgestellt worden ist«, kann
     man sich an ein solches Leben auch »nicht wirklich gewöhnen« 136 . So verfügt man gelassen soziale Todesurteile für Millionen von Menschen.
    2. Da war Aristoteles ganz anderer Überzeugung. Zwar sprach er für eine längst vergangene historische und soziale Formation,
     doch erhellt seine »Trilogie menschlicher Aktivitätsformen« die Richtung, in die wir uns

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