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Buerokrankheiten

Buerokrankheiten

Titel: Buerokrankheiten
Autoren: Raymund Krauleidis
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anscheinend über Nacht auf dem Schreibtisch angehäuft haben) abzulenken, entschließt er sich missmutig, die Kaffeemaschine in Gang zu setzen.
    Ablenkungsphase (ca. 09 : 07 Uhr bis 09 : 14 Uhr): Während die Kaffeemaschine im Büro lautstark vor sich hinröchelt, ist an konzentriertes Arbeiten nicht zu denken. Der Erkrankte nimmt sich vor, das Wunderwerk der Technik demnächst zu entkalken, und entschwindet in Richtung Toilette.
    Kritische Phase (ca. 09 : 15 Uhr): Kaffee ist fertig!
    Aufbauphase (ca. 09 : 16 Uhr bis 09 : 18 Uhr): Das Koffein beginnt zu wirken.
    Akutphase (ca. 09 : 18 Uhr bis 09 : 29 Uhr): Der Puls steigt, ein beunruhigender Motivationsschub durchflutet den Körper. Der Erkrankte beginnt damit, hektisch seine E-Mails zu beantworten, Anrufe zu tätigen oder in Akten herumzublättern. Auf seiner Stirn bilden sich Schweißperlen. Die Kollegen gucken besorgt.
    Abklingphase (ca. 09 : 30 Uhr bis 09 : 45 Uhr): Arbeit macht hungrig. Frühstückspause mit kleinem Zwischensnack (zwei Schnitzelbrötchen plus eine Butterbrezel – in Summe 1100 kcal).
    Normalisierungsphase (ca. 09 : 45 Uhr bis Feierabend): Der Betroffene fühlt sich müde, schlapp, lustlos und vollgefressen. Für zusätzliche Koffeinaufnahme fehlt die Kraft.
    Verwandte Krankheiten:
    Restezicken
    Behandlungsmöglichkeit:
    Blümchenkaffee und Kräutertee
    [Krankheitsverzeichnis]
    Kantinenbruch
    (lat. fractura per salatam)
    Beschreibung:
    Schmerzhafte Knochenverletzung durch Ausrutschen auf verschütteter Salatsoße in der Kantine
    Rechtliche Beurteilung:
    »Die Nahrungsaufnahme ist grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzurechnen. Selbst wenn der Weg zu und von der Kantine weg versichert ist, endet dieser Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür der Kantine. Die Wege innerhalb sowie der Aufenthalt in der Kantine sind unversichert. Besondere betriebliche Umstände, die die Nahrungsaufnahme in der Kantine erfordert hätten, liegen im betrachteten Fall ebenso wenig vor wie außergewöhnliche Begleitumstände – zum Beispiel die Notwendigkeit, das Essen aus betrieblichen Gründen hastig verzehren zu müssen. Der durch Salatsoße verunreinigte Kantinenboden stellt darüber hinaus keine besondere betriebsspezifische Gefahrenquelle dar. Entsprechende Verschmutzungen kommen ebenso in anderen Selbstbedienungsrestaurants vor.« (Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 26 . 03 . 2012 , Aktz.: S 5 U 1444 / 11 )
    Verwandte Krankheiten:
    Futtermal
    Heilungsmöglichkeit:
    Dann doch lieber gleich zur Frittenbude nebenan. Da weiß man wenigstens, wofür man sich in der Mittagspause die Knochen frakturiert.
    [Krankheitsverzeichnis]
    Kantinitis
    (lat. relatiose cantina)
    Beschreibung:
    Du bist, mit wem du isst.
    Symptome:
    Die Kantine ist der Golfplatz des kleinen Mannes. Hier werden in entspannter Atmosphäre Kontakte geknüpft, Informationen ausgetauscht, dreckige Witze erzählt und die neuesten Gerüchte verbreitet. Weitaus wichtiger ist allerdings, mit wem man dort gesehen wird – zumindest für die an dieser Bürokrankheit leidenden Kollegen. Bevorzugt verabreden sich die Betroffenen (in der Regel unter Zuhilfenahme billiger Vorwände) mit Führungskräften oder attraktiven Menschen des anderen Geschlechts zum gemeinsamen Lunch, wobei sie stets darauf achten, dass die Essens-Termine um exakt zwölf Uhr beginnen. Schließlich ist die Kantine zu diesem Zeitpunkt immer proppenvoll, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, von möglichst vielen Kollegen in Gegenwart ihrer enorm wichtigen oder bildhübschen Mitesser gesehen zu werden.
    Psychologische Betrachtung:
    Psychologen sprechen bei dieser Büroerkrankung von »projektiver Identifikation«: Die Betroffenen versuchen, ihr mangelndes Selbstwertgefühl und/oder Können durch exzessives Gesehenwerden mit höher angesehenen Kollegen zu kompensieren bzw. deren Ansehen auf sich selbst zu projizieren. Teilweise tatsächlich mit Erfolg. So wird immer wieder von Fällen berichtet, in denen sich an Kantinitis Erkrankte regelrecht »hochgefressen« haben sollen – was in vielen Betriebsrestaurants allerdings mit enormen physischen Qualen verbunden sein kann.
    Verwandte Krankheiten:
    Kantinenbruch, Networking, Speiseplanlosigkeit
    Behandlungsmöglichkeit:
    Nulldiät
    [Krankheitsverzeichnis]
    Kategorischer Konjunktiv
    (gr. konjunctivitis generalis)
    Beschreibung:
    Verbale Arbeits- und Verantwortungsvermeidungsstrategie; äußert sich durch die inflationäre Verwendung von Indefinitpronomen und
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