Buerokrankheiten
Begründung, man habe heute enorm viel zu tun, abgelehnt. Der Erkrankte ist stolz auf seine Disziplin.
09 : 07 Uhr: Nach einem hart umkämpften 10 : 9 -Sieg gegen den Lieblingskollegen öffnet der Erkrankte das Tabellenkalkulationsprogramm und versieht die erste Zelle mit einer Überschrift.
09 : 08 Uhr: Stressbedingte Verschnaufpause. Plausch mit dem Kollegen über die aktuelle weltpolitische Lage und den Spielfilm am gestrigen Abend.
10 : 17 Uhr: Der Erkrankte färbt die Zelle mit der Überschrift grün ein. Seine Arbeitswut wird jedoch unmittelbar darauf von der Frage überlagert, wie wohl gerade das Wetter in Burkina Faso ist bzw. wo Burkina Faso überhaupt liegt. Eine kurze Internetrecherche soll Klarheit verschaffen.
12 : 02 Uhr: Mittagspause. Der Betroffene schließt den Internetbrowser und entschwindet in Richtung Kantine.
13 : 15 Uhr: Jetzt aber. Hoch motiviert widmet sich der Erkrankte seiner Budgettabelle …
13 : 16 Uhr: … bis ihm plötzlich einfällt, dass er ja noch Mutti anrufen wollte.
14 : 29 Uhr: Kaffeepause.
14 : 58 Uhr: Der Erkrankte ändert die Schriftart der Überschriftenzeile.
15 : 00 Uhr: Wichtiger Termin (Abschiedsumtrunk eines Praktikanten aus der Poststelle).
15 : 33 Uhr: Rückkehr an den Arbeitsplatz. Das Grünzeug hier bräuchte dringend mal wieder ein bisschen Pflege.
15 : 46 Uhr: Der Erkrankte topft seine Büropflanzen um.
16 : 32 Uhr: Ein Blick auf die Uhr verrät: Jetzt lohnt es sich auch nicht mehr, mit dem Budget-Kram anzufangen. Dann eben morgen.
Nicht zu verwechseln mit:
Bore-out-Syndrom
Behandlungsmöglichkeit:
Seit mehreren Jahren arbeiten Wissenschaftler mit Hochdruck an einem wirksamen Gegenmittel. Leider kam bislang immer irgendetwas dazwischen.
[Krankheitsverzeichnis]
Beförderungslethargie
(gr. paralysis praefectus)
Beschreibung:
Gravierende Verhaltensänderung nach einem geglückten beruflichen Aufstieg, äußert sich insbesondere durch extreme Inaktivität
Symptome:
Jahrelang haben sie geknechtet, geschuftet, Überstunden geklopft und sich für das Unternehmen förmlich zerrissen. Jetzt haben die (vorwiegend männlichen) Erkrankten ihr Ziel endlich erreicht: Sie sind Abteilungsleiter! Grund genug, einen bis fünf Gänge zurückzuschalten, genüsslich die Beine hochzulegen und alles, was nur annährend mit Arbeit zu tun haben könnte, an die neuen Untergebenen zu delegieren. Schließlich haben sie selbst mittlerweile weitaus wichtigere Dinge zu tun. Zum Beispiel Urlaubsanträge zu unterschreiben oder … oder … Egal, irgendwas wird es sicherlich noch geben.
Diagnose:
In Besprechungen sind die Betroffenen primär an ihrer Körperhaltung zu erkennen: Mit hinter dem Kopf verschränkten Händen sowie weit auseinandergespreizten Beinen sitzen sie mit circa einem Meter Abstand zum Konferenztisch da und verfolgen das Geschehen mit gelangweilter Miene. Dass sie hierbei die ekelhaften Schweißränder auf ihren hellblauen Hemden offen zur Schau stellen, stört sie nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Diese verdeutlichen, dass sie von nun an in einer Position sind, in der sie es nicht mehr nötig haben, die allgemeinen Regeln des zwischenmenschlichen Miteinanders zu beachten und sich mit lästigen Dingen wie der Körperhygiene beschäftigen zu müssen. Wovon die Erkrankten jedoch genau ins Schwitzen kommen, bleibt wohl für immer ein ungelöstes Bürorätsel.
Verwandte Krankheiten:
Entspannungskopfschmerzen, Fäulnis (äußere), Peter-Plage
Behandlungsmöglichkeit:
Degradierung
[Krankheitsverzeichnis]
Beraterie
(gr. consultatitis makinsi)
Beschreibung:
Bösartige, durch Unternehmensberater hervorgerufene Viruserkrankung
Verbreitung:
Die Krankheit befällt im Regelfall das ganze Unternehmen.
Krankheitserreger:
Äußerlich sind die an Beraterie erkrankten Virenschleudern nur schwer von Topmanagern zu unterscheiden: Die Männchen tragen stets schwarzen feinen Zwirn nebst modischer Krawatte, die Weibchen dunkle Hosenanzüge. Oft halten sie sich bis spät in die Nacht im Firmengebäude auf, womit sie harte Arbeit suggerieren wollen (vgl. Aktne ). In ihren Büros stapeln sich leere Red-Bull-Dosen, Pizzakartons und Sushi-Boxen.
Krankheitsverlauf:
Zu Beginn der Krankheit (Invasionsphase) tauchen die Beraterie-Viren vorwiegend in kleineren Gruppen und unter dem billigen Vorwand, etwas Gutes tun zu wollen, in der Firma (im Folgenden Wirt genannt) auf. Beispielsweise ködern sie Vorstände oder Geschäftsführer damit, arbeitsintensive/unangenehme
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