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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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drehen, die Hände in die Taschen zu stecken und herauszunehmen. Die beiden, das muß ich hinzufügen, kamen mir irgendwie bekannt vor.
    Ich war so in Gedanken bei dem Paar, daß ich nicht sah, woher der Mensch mit dem Handkoffer kam, der mitten auf dem kleinen Platz auftauchte. Da außer der Limousine kein anderer Wagen gekommen war, konnte er auch schon vor mir dagewesen sein, sich hinter einem Baum versteckt haben. Er war einer von der Sorte, die sich vor anderen verstecken. Er sah verängstigt, schrullig und arglistig aus; er trug verwaschene Jeans und eine dick gefütterte Nylonjacke. Ab und zu rieb er seine Hände, als wäre ihm kalt. Als zwei Taxis auf dem Platz hielten, schien er in Panik zu geraten und versteckte sich schnell hinter einem Baum.
    Aus einem der beiden Taxis stieg ein weiteres Paar. Die Frau war jung und hatte ein rundes Gesicht mit Grübchen; ihre platinblonden Haare glänzten im Sonnenlicht, das sehr weiß hinter den fernen blauen Bergen hervorkam. Ihre Brüste waren groß und einladend. Sie bewegte sich etwas schwerfällig, wie jemand, der bis zu den Knöcheln in Schlamm geht. Der Mann in ihrer Begleitung war ebenfalls korpulent, hatte lange Haare und eine Hakennase; er trug einen Geigenkasten, den er vorsichtig auf die beiden Koffer setzte, die sie aus dem Taxi geholt hatten.
    Aus dem zweiten Taxi stieg ein blasser junger Mann mit sehr kurzen, hellen Haaren. Er trug ein weites, langes blaues Samtjackett, das ihn noch dünner machte. Er wirkte bedrückt, unsicher und leicht argwöhnisch, doch nicht so sehr wie der andere, der sich hinter den Bäumen versteckt hatte.
    Da stellte ich fest, daß es mit mir schon sieben Personen waren, die darauf warteten, zum Refúgio do Pico do Gavião gefahren zu werden. Ich wurde sehr ungehalten. Ich nahm diese Reise ans Ende der Welt, die bestimmt unangenehm und anstrengend sein würde, auf mich, weil ich mich isolieren wollte, um Bufo & Spallanzani schreiben zu können. Am liebsten wäre ich wieder gegangen. Da fiel mir ein, daß der Mann vom Refúgio gesagt hatte, ich könnte die Mahlzeiten im Bungalow zu mir nehmen und würde die anderen Gäste überhaupt nicht merken, falls ich allein sein wollte.
    Zurück zur Sache. Es kamen noch zwei weitere Personen, zwei Frauen, die so taten, als merkten sie die Blicke der anderen nicht. Beide waren hübsch, die eine wesentlich älter als die andere, und beide waren unauffällig elegant gekleidet. Gleich darauf fuhr ein gelb lackierter Minibus vor. Heraus stieg ein sehr dicker und großer rotgesichtiger Mann mit Bauch und widerspenstigem, dichtem weißem Haar. Er sagte, er sei Senhor Trindade vom Refúgio do Pico do Gavião und derjenige, mit dem wir am Telefon gesprochen hatten. Außerdem entstieg dem Bus ein Fahrer namens Sebastião, der so schwarz war, daß er tiefblau aussah. Sebastião sammelte von allen das Gepäck ein und verstaute es im Bus. Der Neurotiker mit dem schwarzen Handkoffer sträubte sich ein bißchen, stieg dann aber doch ein. Der Mann mit den langen Haaren behielt seinen Geigenkasten in der Hand. Der junge Mann im Samtjackett setzte sich nach hinten.
    Bevor der Bus abfuhr, sprang der verschreckte Mensch mit seinem schwarzen Köfferchen heraus, lief zu aller Verblüffung über den Platz und verschwand. Das verursachte eine kleine Aufregung, die aber nicht lange anhielt. Kurz darauf saßen wir wieder auf unseren Plätzen und fuhren ab.
    Unterwegs erfuhren wir, daß wir zwei Stunden bis zu der Stelle brauchen würden, wo der Traktor stand, und dann noch zwei Stunden im Anhänger des Traktors fahren müßten. Jemand fragte, ob es beim Refúgio Schlangen gebe, und Trindade antwortete, es gebe dort Pferde, Hirsche, Pakas, Otter, Tausende von Vögeln und Sternen und natürlich Falken. Die Nächte seien kalt. In diesem Augenblick hörte ich die elegante Frau zu ihrem Begleiter sagen, sie hätte ihren Bisonmantel mitbringen sollen.
    Sie hat also einen Bisonmantel, dachte ich, diese schändliche Räuberin, diese blöde Exhibitionistin. Ich schaute mir ihr schönes, aber kaltes Profil an. Jedesmal wenn der Bus in eines der vielen Schlaglöcher der Straße geriet, schlugen fast alle mit dem Kopf an die Decke; sie war die einzige, deren Bewegungen dann nicht grotesk wurden, und sie brachte es fertig, sich mit der Anmut einer Tänzerin hinauf- und hinunterstoßen zu lassen. Das heißt, sofern irgendein Choreograph sich einmal ein Ballett ausdenken sollte, das im Sitzen zu tanzen wäre. Der breitschultrige

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