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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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den Berzabum an«, sagte Trindade.
    In diesem Augenblick legte Carlos dem Pferd die Arme um den Hals.
    »Also so was, nicht zu fassen«, sagte Rizoleta mit ihrem breiten Akzent aus dem Landesinneren.
    »Wissen Sie, was Berzabum bedeutet?« fragte ich.
    »Ja, ich wollte ihn umbenennen, aber der ist so wild, daß ich es gelassen habe«, sagte Trindade.
    »Was heißt denn Berzabum?« fragte Roma.
    »Das ist eine Verballhornung von Beelzebub. Der Teufel«, sagte ich.
    »Der Fürst der Finsternis«, sagte Trindade.
    »So heißt er zu Recht – er ist schwarz wie die Nacht.«
    »An diesem Jungen ist irgend etwas«, sagte Roma, womit sie Carlos meinte, »irgend etwas Besonderes.«
    »Seine Blässe«, sagte Suzy ironisch. »Er sieht aus wie ein Croupier.«
    Sebastião kam mit dem Jeep zurück.
    »Können wir beide jetzt fahren?« fragte Suzy. Sie war gereizt. Die beiden stiegen in den Jeep. Ich merkte, daß Suzy Euridíce kurz anstieß oder kniff, so genau konnte ich es nicht sehen.
    Schließlich warteten nur noch Carlos und ich auf den Fahrer. Wir sprachen nicht miteinander. Ich, der so viele Jahre lang an chronischer Appetitlosigkeit gelitten hatte, war ausgehungert und dachte nur daran, was es wohl zum Mittagessen geben würde. Da wir nur noch zu zweit waren, fuhren Carlos und ich gemeinsam zu unseren Bungalows. Der Jeep fuhr eine Erdstraße entlang, die im Bogen um das Haupthaus führte, und schlug dann einen schmalen, von dichtem Wald gesäumten Weg ein. Grüntöne in unendlich vielen Schattierungen. Auf Carlos’ Drängen setzte der Jeep zuerst mich bei meinem Bungalow ab.
    Die Bungalows lagen so weit auseinander, daß man im einen nichts vom nächsten sah oder hörte. Es waren recht geräumige Holzhäuser, bestehend aus Schlafraum, Wohnzimmer mit Kamin und Badezimmer. Sowohl innen als auch außen war das Holz lackiert. Das Mönchziegeldach war vermutlich nicht so alt, wie es aussah. Es gab kein elektrisches Licht. Das bereitete mir im Hinblick auf die Verpflegung Sorgen. Ob sie wohl Kühlschränke hatten, um die verderblichen Lebensmittel aufzubewahren?
    In einem kleinen Prospekt, der im Wohnzimmer auf dem Tisch lag, las ich:
     
    Willkommen im Refúgio do Pico do Gavião. Das Refúgio bietet allen, die der Hektik der Großstädte entfliehen wollen, Ruhe, Stille, saubere Luft, eine friedliche Umgebung und Naturverbundenheit inmitten unberührter Wälder, deren Fauna, Flora, Wasser und Luft noch nicht durch die Beutezüge des Menschen verunstaltet, verschmutzt oder zerstört worden sind. Obwohl wir wissen, daß dieser Hinweis überflüssig ist, möchten wir unsere Gäste daran erinnern, daß es verboten ist, zu jagen, Pflanzen zu beschädigen oder das Wasser der Flüsse und Bäche zu verunreinigen. Wir bitten nachdrücklich, bei Ausflügen kein Feuer zu machen, es sei denn unter sorgfältiger Beaufsichtigung durch einen Führer des Refúgio.
     
    Laut Prospekt gab es Tausende von Pflanzen- und Tierarten in dieser Gegend, viele davon waren namentlich aufgeführt. Unter dem Punkt Fauna standen Echsen (Rennechsen, Leguane, Tejuechsen), Vögel (Saíras, Manakins, Flageolettvögel, Glockenvögel, Juriti-Tauben, Falken natürlich, Urus, Schakupembas, Kolibris, Maria-Pretas, Bemtevis), Säugetiere (Hirsche, Pinseläffchen, Wildkatzen, Fischotter, Pakas, Gürteltiere, Ameisenbären, Baumwollschwanzkaninchen, Beutelratten, Coatis, Riesenotter, Ozelots, Affen) et cetera. Schlangen, Spinnen und Ratten wurden mit keinem Wort erwähnt. Auf dem Weg zum Bungalow hatte ich riesige glitzernde Spinnweben gesehen, die wie gigantische Brautschleier aussahen. Und jetzt fiel mir ein, wie verstellt Trindades Stimme geklungen hatte, als er fragte: »Haben Sie jemals eine Schlange in der Nähe vom Refúgio gesehen?«, und wie Sebastião im Brustton der Überzeugung geantwortet hatte: »Ich? Noch nie.« Ich merke am Tonfall, wenn einer lügt. Wahrscheinlich wollten sie die Frauen, die genau wie die Affen eine panische Angst vor Schlangen haben, nicht beunruhigen.
    Im Vertrauen: ich fühle mich im allgemeinen zu Schlangen hingezogen, vielleicht, weil ich so wenig feminin bin. Minolta hat mir einmal gesagt, ich täte so, als hätte ich Schlangen gern, um damit meine Lüsternheit zu rechtfertigen, aber was sie damit sagen wollte, habe ich nie ganz begriffen. Richtig ist, daß ich Schlangen und Frauen mag. Und dadurch, daß ich diese beiden Arten von Tieren mag, habe ich schließlich das eine oder andere über sie gelernt. Zum Beispiel: Schlangen

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