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Bugatti taucht auf

Bugatti taucht auf

Titel: Bugatti taucht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Loher
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liegen. Er schien zu schlafen oder war vollgepumpt, wahrscheinlich beides. Ein Schwarzer vertrat Jordi den Weg. Jordi machte eine schnelle Bewegung, in Wut, er wollte ihn niederschlagen. Der andere trat einen Schritt zurück. Und dann lächelte er Jordi zu. Das Lächeln war nicht freundlich, selbst im Dunkeln konnte Jordi es erkennen; das Lächeln war höhnisch. Der Typ hob die Hand in einer sparsamen Geste, komm her, sagte die Hand, na komm schon. Jordi wollte an ihm vorbei, sie stießen zusammen, zwei kräftige Körper. Jemand packte Jordi von hinten, er rief: »Manu – Manu –«. Der Bruder regte sich nicht, Jordi wurde auf den Flur gezerrt, eine Faust schlug in sein Gesicht, er fiel hintüber, spürte einen Fußtritt in die Seite, in den Rücken, fiel halb die Treppe hinunter, halb stolperte er, widerwillig, aber ohne den Mut, sich gegen den Angreifer, oder waren es zwei, waren es mehrere, durchzusetzen. Er hätte eine Waffe gebraucht, aber das wäre zu viel gewesen.
    Am anderen Tag kehrte er in die Straße zurück, bei Licht schien das Haus fremd, aber ohne Schrecken. Er ging unbehelligt durchs Treppenhaus, Stimmen hinter geschlossenen Türen, der Geruch von Marihuana, ein Kind sang. Die Tür war offen, Manuel lag noch immer in dem Zimmer, als ob keine Nacht vergangen wäre. Er lag auf dem Rücken, Löffel, Spritzen, Kippen, leere Plastikflaschen auf dem Boden um seine Matratze, und etwas, das aussah wie ein blutiger Wattebausch in einer leeren Fischkonserve. Jordi beugte sich zu ihm, er atmete; Jordi schlug ihn ins Gesicht, er wachte auf, erstaunt, er machte den Mund auf, ohne etwas zu sagen, ein Geräusch wie aus einem Traum kam aus seiner Kehle. Jetzt stieß Jordi ihn zurück, »du musst hierbleiben«, flüsterte er seinem Bruder zu, »du musst hier liegen bleiben, für immer, du kannst nicht mehr weg, ich lasse dir Geld hier, du musst dir was besorgen, hörst du, was richtig Gutes, Oberkristallines, reines Zeug, okay, du ziehst es dir durchs Blut, du knallst dich so weg, du hebst so ab, du siehst den weißen Planeten, du alleine da draußen, es gibt dich sowieso nicht mehr, hier für uns, also bleib, wo du bist, bleib fort und komm nie mehr zurück« – Manuel sah ihn an und lachte irritiert. Jordi ließ ihn liegen und ging. Hinter sich hörte er ein hingefisteltes »is gut Chef, wird erledigt« und dann ein nach oben wegkippendes Lachen.
    Auf der Treppe setzte er sich, wartete und rauchte eine Zigarette. Er wartete auf ein Wunder. Wenn Manuels schwarzer Freund gekommen wäre, vielleicht hätte er den Bruder dann mitgenommen. Aber es passierte nichts.
    Jordi fuhr am gleichen Tag nach Ascona zurück. Er hatte alles versucht. Er war erleichtert.

28
    Sie saßen wieder vor der nächtlich erleuchteten Rennbahn. Es war bei ihnen achtzehn Uhr vorbei, ein einzelnes Pferd – es hatte grau ausgesehen, und ein Reiter fehlte – war von links nach rechts in mäßigem Trab vorbeigelaufen. Das war vor circa zwanzig Minuten gewesen.
    »Hast du kurz Zeit –«
    »Wollen wir nicht das nächste Pferd abwarten –«
    »In Ordnung.«
    Weitere fünfzehn Minuten vergingen. Auf dem Bildschirm wiegte sich Gras am unteren Rennbahnrand hin und her.
    »Ich muss dir etwas zeigen.«
    »Was denn.«
    »Jetzt?«
    »In Ordnung.«
    »Wir haben einen Teil des Autos freigelegt. Da unten.« Jordi sprach ganz langsam, er wollte die Beschaulichkeit nicht zerstören, in der sie nebeneinander saßen. Selten war ihnen beiden und gleichzeitig friedlich zumute, im Grunde nur beim Nachtrennen.
    »Piero hat es fotografiert. Ich hab die Fotos in den Kanton Waadt geschickt. Da gibt es einen Fachmann für Bugattis, ein Sammler, irgend so ein schlauer Autofreak, der beschäftigt sich mit solchen Sachen.«
    Umberto nickte zurückhaltend.
    »Ich hab eine Antwort von ihm bekommen. Hier, schau.« Er zog einen Umschlag aus der Innentasche seiner Jeansjacke, jetzt doch aufgeregt. »Der Mann hat keinen Computer, keine Mailadresse, das ist vielleicht einer, er schreibt richtige Briefe.« Er faltete das Papier auseinander, das sparsam beschrieben war, und fummelte seine zusammensteckbare Lesebrille aus der Tasche; die rechte Hälfte der Brille war blau, die linke grün. Er steckte die Hälften zusammen und setzte sie auf. Umberto sah ihn aufmerksam an. »Gehört das so?« Er deutete auf die Brille. Jordi sah auf. »Das war eine Sonderanfertigung. –
    Sehr geehrter Herr Polar,
    habe die Unterwasserfotografien des im See begrabenen Autos erhalten. Recht viel ist

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