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Bugatti taucht auf

Bugatti taucht auf

Titel: Bugatti taucht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Loher
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Dani trippelte auf der Stelle in ihren Stiefeln mit der dünnen Sohle, ihr Atem hinterließ Wolkenfähnchen in der Luft, sie wandten die Köpfe und sahen hierhin und dorthin, auf die leere Straße, die Nachbarhäuser mit ihren Gärten, in denen niemand sich blicken ließ, die nackten Straßenlaternen und hinter Holzpalisaden versteckten Mülltonnen. Sie blinzelten in den Himmel, nach Westen, wo die Sonne gerade unterging. Das Kind hüpfte unschlüssig, aber stumm auf und ab, auf und ab. Schließlich gingen sie zurück zu ihrem Auto und fuhren zu der Wohnung, die sie bewohnten. Sie wussten nicht, ob die Mutter sie nicht gehört hatte. Wahrscheinlich hatte sie auf kein Motorengeräusch geachtet, sie hatte anderes zu tun gehabt. Oder aber, könnte das sein, vielleicht, dass sie nicht mit ihnen gerechnet hatte.

25
    An diesem Samstagnachmittag wollte Umberto kein Nachtrennen sehen. Er legte stattdessen ein Foto auf den Tisch. Es zeigte Luca in seiner Uniform. Umberto sagte: »Er hat sich für die Offiziersschule beworben, die Fliegerschule, eine speziell harte Ausbildung, und er hat es bis zum Oberleutnant gebracht.« Umberto machte eine Pause, dann fuhr er fort: »Ich war nicht einverstanden damit. Ich war überrascht und ein wenig schockiert, als er mir erzählt hat, dass er da hingehen wollte. Es passte nicht zu ihm. Es passte nicht zu ihm. Was will mein Sohn beim Militär«, Umberto stutzte einen Augenblick, vielleicht, weil er in der Gegenwart gesprochen hatte. »Es war so, dass … also ich … ich schämte mich fast ein wenig, oder …« Er hatte seine Hände ineinander verschränkt, als ob er beten würde, aber es war nur, um sie ruhig zu halten. »Ich habe zu ihm gesagt, was willst du da, was ist los mit dir, da gehörst du nicht hin, du hast nichts im Sinn mit Krieg und Waffen und Verteidigung, bist nicht mal besonders sportlich, und Mannschaftskämpfe kannst du am wenigsten leiden.« Umberto sah Jordi fragend an, hilfesuchend, als könne der ihm womöglich erklären, was in Luca vorgegangen war. »Jahrelang hat er Zeit mit seinen Computerspielen verbracht, Call of Duty, Halo, God of War, und wie sie alle heißen, nächtelang, manchmal hab ich einfach den Stecker rausgezogen, wir hatten viel Streit deswegen. Da drüben –«, er deutete mit dem Kopf Richtung Küche, »haben sie ihre Spielepartys gefeiert, jeder der Jungs mit so einem Kasten –«, er bezeichnete mit den Händen, wie groß die Computer waren, »die ganze Küche war verkabelt«, Umberto lachte ein trauriges, kaputtes Lachen. Er atmete tief ein, wischte sich mit den Fingerspitzen über die Stirn und faltete dann wieder die Hände. »Und weißt du, was Luca zu mir gesagt hat, er hat gesagt, ich werde das ändern, ich werde das Heer ändern, das Militär ändern, von innen.« Umberto stieß einen kurzen Lacher aus, der diesmal hoch und verschreckt klang, als würde ein altes Weib nach Luft schnappen, ungläubig, erstaunt darüber, was dem Sohn eingefallen war, welch riesenhafte, schier übermenschliche Aufgabe er sich vorgenommen hatte, die er nun nie mehr zu Ende bringen können würde. »Luca sagte, ich mag die strategischen Spiele, ich bin wirklich gut im taktischen Denken, ich habe Spaß dran, mir Spielzüge und Listen und Täuschungsmanöver auszudenken, die Logistik zu berechnen und meine Gruppe von 15 Mann, mit der wir ausgeschwärmt sind, auch alle heil wieder nach Hause zu bringen. Ich werde Berufsoffizier, und ich werde das Militär verändern.« Umbertos Stimme klang immer noch ungläubig, aber in der Art, wie er davon erzählte und ihn dabei ansah, konnte Jordi eine unbestimmte Hoffnung spüren, dass das, was Luca geplant und sich so sehr gewünscht hatte, vielleicht doch noch, jetzt, nach seinem Tod in Erfüllung gehen könnte, oder mehr noch, dass auf eine verdrehte und ungerechte, aber dann doch irgendwie logische und zu rechtfertigende Weise gerade Lucas Tod der Schlüssel zur Erfüllung dieses Wunsches sein möge. Jordi sah zu Boden, er hielt Umbertos suchendem Blick nicht stand, er fühlte mit Umberto, aber er konnte dessen Gedanken nicht teilen. »Dann haben wir gemerkt, dass es Luca gutging, er blühte richtig auf in der Ausbildung. Und wir sind alle zur Feier seines Abschlusses gefahren, die ganze Familie, da haben wir das Foto gemacht –«, sein Finger strich über das Porträt von Luca in Uniform, »und Luca strahlte die ganze Zeit, und er sagte, das sei der glücklichste Tag in seinem Leben.« Wieder lachte Umberto kurz,

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