Bugatti taucht auf
darauf nicht zu sehen. Die Ausführung des hinteren Federpaketes, die ich erkennen konnte, lässt jedoch zweifelsfrei auf einen Bugatti schließen. Die Federpakete sind unique. Nur Bugatti hat sie auf diese Weise fixiert. Baujahr und exakter Typ sind mir aufgrund dieses nur papiernen Indizes nicht möglich zu ermitteln, es dürfte sich um ein Modell der frühen dreißiger, eventuell zwanziger Jahre handeln. Vielleicht um einen Typ 40, aber da bin ich zurückhaltend. Wann kann ich den Wagen persönlich in Augenschein nehmen? Ich tauche nicht. Hoffe, Ihnen geholfen haben zu können,
mit besten Grüßen aus dem Waadtland
Ihr Matteo Bronski.«
Umberto meinte, das sei eine aufmunternde Nachricht. Jordi pflichtete ihm bei.
An diesem Abend kam kein Pferd mehr vorbei.
Zwischendurch erzählte Umberto, dass er im nächsten Jahr wieder anfangen wolle mit dem Tauchen. Und dass sein Tauchclub plane, einen Unterwassergarten anzulegen. Sie hätten schon das Areal abgesteckt, das sie mit Bäumen bepflanzen wollten, ausrangierte Christbäume eigneten sich besonders gut, dazwischen Sträucher und Blumen. Für die Fische werde das ein wunderbarer Laich- und Erholungsort, sagte Umberto. Ein Fischelabyrinth, ein Wandelgarten für Tiere und Taucher, eine grüne, bunte Landschaft. Man könnte sogar daran denken, interessierte Besucher dort unten zu fotografieren, ein Souvenir, das Foto als Postkarte aus dem Seeparadies, sagte Jordi, der momentan nur in Unterseefotografien denken konnte.
Ja, das könne man, meinte Umberto, das könne man sicherlich. Er war an diesem Abend guter Dinge.
»Nächstes Jahr werde ich mit Hand anlegen, ich werde hinuntertauchen und es selber sehen. Nächstes Jahr, nach dem Prozess.«
29
Manuels Situation hatte sich erst geändert, als er Dani kennenlernte. Ihre Eltern waren aus Albanien und hatten eine kleine Möbelwerkstatt am Rand von Turin. Sie trafen bei einem Straßenfest in Mulhouse aufeinander. Manuel war auf dem Bordstein vor Danis Wohnung zusammengesackt; als sie ihn ansprach und aufrichten wollte, sah sie die blutunterlaufenen Handrücken. Sie rief den Notarzt.
Dani sprach Italienisch, und Französisch mit ganz eigenen winzigen und irritierenden Abweichungen von der gängigen Sprachmelodie, nicht wirklich ein Akzent, vielmehr so, als ob sie die Wörter anders betrachtete und einander neu zuordnete, als ob sie sie bei jedem Sprechen erst kennenlernen würde und sich über diese Begegnung jedesmal sehr freuen würde, es war ein neugieriges, tastendes Sprechen, für das kein Wort selbstverständlich, kein Ausdruck gebräuchlich war, ohne dass sie dabei jedoch langsamer sprach als üblich. Dies bewirkte, dass man ihr aufmerksam zuhörte, man wollte nichts verpassen, kein Wort sollte verlorengehen; Dani beim Sprechen zuzuhören war so ähnlich, wie sich nach einem heißen Tag oder einer heißen Nacht unter eine erschreckend kalte Dusche zu stellen.
Dani besuchte Manuel im Krankenhaus. Sie hatte Schreinerin gelernt, und ihr Hobby waren Motocross-Rennen. Das erinnerte Manuel daran, dass er einmal gut gewesen war im Motorbootfahren und im Tauchen, zum Beispiel. Es ging schnell, noch während seines Entzugs wurde Dani schwanger.
Sie konnten beide nicht kochen und ernährten sich von Fertigpizza, Döner und Dosenbohnen. Dani liebte Manuel, aber sie war nicht von ihm abhängig, sie war für ihn da, aber sie wartete nicht auf ihn. Sie war eine durch und durch praktische Natur und realistisch genug zu wissen, sie könnte diese Liebe verlieren und stattdessen eine andere finden. Für Manuel war es die letzte Chance. Er schaffte es von einem Tag zum anderen, von diesem zum nächsten, und dann noch einen. Als ein Monat um war, sah er sich um und erkannte ein paar neue Umrisse in seinem Leben. Er war vielleicht nicht glücklich, vielleicht würde er diese Begabung nie haben, aber er war, zum ersten Mal seit Jahren, fröhlich.
Und Dani dachte, es könnte klappen, als er sich eines abends im Bett zu ihr drehte und sagte: »Dani, schläfst du?« – »Nein.« – »Weißt du, ich freue mich schon so aufs Frühstück.«
30
Nach dem Tod seines Vaters wurde Jordi klar, dass er das Unternehmen nicht weiterführen würde. Es bedeutete ihm nichts. Natürlich müsste das Gegenteil der Fall sein, er sollte sich verantwortlich fühlen für sein Erbe und es sorgfältig bewahren, um es eines Tages an die Kinder weitergeben zu können. Aber er hatte keine Kinder, war lange genug selbst der Erbe gewesen. Er kannte die
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