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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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haben? Vielleicht hat er ihnen auch Geld geliehen und es gibt deshalb Probleme? Die sichergestellten Spuren sollten wir ja auf jeden Fall mit seinen Schuhen und das Haar im besten Fall mit seiner DNA abgleichen.«
    »Kann man machen …«, Tanja Itzenga spürte, dass sie nach wie vor auf dem Holzweg waren. Der zündende Gedanke, der grundlegende Hinweis wollte einfach nicht auftauchen. Es fehlten die entscheidenden Puzzlestücke, Konkretes, Fassbares. Und die logische Erklärung, die darauf aufbaute.
    »Wir müssen die Anlieger befragen, Wientjes’ Nachbarn, linke Seite, rechte Seite, hinten, gegenüber, alle. Irgendjemand muss etwas bemerkt haben, etwas gesehen. Der Schütze kann sich nicht in Luft aufgelöst haben.«
    »Mach’ du das mit de Vries, ich veranlasse den Rest«, meinte die Hauptkommissarin. Sie trat an ihren resigniert wirkenden Kollegen heran, legte ihre Hand auf seine Schulter: »Kopf hoch, Ulfert, den Typen schnappen wir uns ganz bestimmt!«
    Ulferts huschte ein Lächeln über das Gesicht. Das tat gut.

23
     
     
    Wie konnten Lebensplan und Realität derart weit auseinanderscheren? In den Jahren nach dem tiefen Einschnitt in seinem Leben hatte er sich gewandelt. Von einem, der mit Verve seinem Beruf nachging, der beabsichtigte, etwas zu schaffen und, wenn nötig, zu verändern. Er war keiner gewesen, der alles schluckte und nur mit den Schultern zuckte. ›Nützt ja nix‹ gab es bei ihm nicht. Missstände musste man aufdecken und laut sagen, was schiefging. Seine Frau hatte ihn unterstützt, jahrelang. Doch dann folgten wenige Jahre, in denen sich alles veränderte. Der Ärger mit der Betriebsleitung war der Anfang. Der Werkleiter zitierte ihn zu sich, damals. Ihm war klar, dass er einen verdienten und fleißigen Mitarbeiter würde rügen müssen. Zwar stand er durchaus hinter der Meinung, dass die Weiterentwicklung des Sozialismus einen stringenten Umgang mit dessen Kritikern erforderte, gute Mitarbeiter waren ihm aber mindestens genauso wichtig und insgeheim hatte er sich manches Mal gefragt, warum immer ausschließlich die Partei recht haben sollte, ein Gedanke, den er immer von Neuem einfach abschüttelte. Er war Werkleiter und er musste dafür sorgen, dass im Betrieb ordentlich gearbeitet, das Planziel erreicht wurde. Das zählte.
    Im Hintergrund aber waren Leute tätig, die gar nicht wollten, dass sie erkannt wurden. Die das Rampenlicht scheuten, lieber inkognito agierten. Mit dem Werktätigen möge man einmal ein ernstes Wort reden. Diese Leute hatten den Werkleiter animiert, sich ihn einmal vorzuknöpfen und nun war dem Chef klar, dass sein Mitarbeiter schon seit Längerem unter Beobachtung stand. Diesem Mitarbeiter, so war der Werkleiter aufgeklärt worden, waren bereits Wochen vorher zwei Männer mit unfreundlichen Gesichtern in die Wohnung geschickt worden, um Fragen zu stellen. Fragen, die schnell erkennen ließen, worum es ging. Obwohl sich ihre Mienen noch zu verfinstern schienen, hatten die Männer ihn zunächst gelobt, er sei ein fleißiger Mann, der den sozialistischen Produktionsprozess durchaus vorantrieb. Aber gleichzeitig rieten sie ihm, die Umwelt- und Friedensaktivisten in Zukunft nicht mehr aufzusuchen. Ein Verbot dieser organisierten Kreise stünde bevor, woraufhin seine Teilnahme und Unterstützung als kriminell angesehen werden müssten, falls, was sie ihm dringend nahelegten, er sich nicht von ihnen abwendete.
    Im Betrieb hatte der auf diese Weise zunächst nur kritisierte Werktätige ähnliche Dinge zu hören bekommen. Woher der Chef von der Flugblattaktion wusste, war ihm damals unklar – heute jedoch nicht mehr. Es endete jedenfalls mit einer offenen Drohung, die der in Berlin aufgewachsene Werkleiter vergleichsweise kollegial aussprach: ›Du machst jute Arbeed, ick will dir doch jar nich valiern. Aba so wat jeht eben nich. Mann, Umwelt- und Friedensgruppe! Wir sind hia sowieso alle für’n Frieden und für de Umwelt, von staatswejen. Lass det lieba sein. Det nich alles supa is, wissen wer ooch. Aba det wird schon. Alles zu seener Zeit, weeste? Aba jejen de Politik und unsre Führung stänkern, dat jeht eben nich. Mann, wir bauen hier wat auf, aus’m nix, war doch allet kaputt hier. Und dann noch de Reparationen an de soffjetische Brüda und Schwestan! Da kann nich imma allet jleich rund loofen. Ick sach dir: Wenn du dat weitermachst, zusammen mit diese … diese, ach, du weest schon, dann bisste nich mehr lange bei uns!‹ Er sah hoch und nickte dabei, was so

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