Bugschuß
grübelte.
»Nun?«
»Ich meine, den Namen schon mal gehört zu haben … De Vries ist hier nicht selten, aber Siebold de Vries …«, Wientjes überlegte.
»Wann? Wo haben Sie den Namen gehört?«
»Wird mir noch einfallen.«
»Bitte, überlegen Sie! Können Sie sich denn gar keinen Reim auf all das machen?«
»Nein, und … nein, ich glaube nicht, dass mir der Name vorher begegnet ist.«
»Keine Idee, wer Ihnen vielleicht mal so richtig eins auswischen will?« Ulferts fragte direkt und mit Nachdruck.
»Auswischen?« Wientjes sah auf und erst Tanja Itzenga, dann Ulferts in die Augen. Schließlich senkte er den Blick, sagte aber nichts.
»Herr Wientjes?«
»Nichts … Ein spontaner Einfall. Hat aber keine Bedeutung.«
»Alles könnte von Bedeutung sein!«
»Weil Sie gerade auswischen sagten, es gibt da … aber, nein, wirklich nichts. So weit will ich nicht gehen.« Wientjes war sehr verunsichert. Ein schier unglaublicher Gedanke war ihm durch den Kopf gegangen.
»Bitte, Herr Wientjes, wenn es irgendwie zur Aufklärung beitragen kann, wie gesagt, wir sehen Sie in einer akuten Gefährdungslage! Außerdem haben wir Schweigepflicht, solange es nicht gerichtsrelevant wird. Was ist denn nun?«
»Es gibt da Spannungen …«
»Spannungen? Was heißt Spannungen? Mit wem?«
»Es kann nichts damit zu tun haben. Ich habe seit Längerem Streit mit meinem Nachbarn.« Wientjes wand sich.
»Streit? Weswegen?«, fragte Tanja Itzenga sanft.
»Eine lange Geschichte. Währt bereits seit Generationen.« Wientjes setzte sich. Er nahm die Tasse Tee in die rechte Hand und Tanja Itzenga sah, dass sie ein wenig zitterte. Wientjes’ Erregung war nicht gespielt. Der Mann stand unter Strom, die Schüsse und die Worte ›Gefahr‹ und ›Gefährdungslage‹ hatten ihn sehr durcheinandergebracht.
»Seit Generationen?« Itzenga wollte mehr wissen.
Bevor der Mann die Geschichte des schlechten Nachbarschaftsverhältnisses zwischen den Familien Ahlert und Wientjes zu erzählen begann, sagte er: »Nichts für ungut, Frau Kommissarin, aber damit eines klar ist: Dass er deswegen auf mich schießt, nein, das kann ich letztendlich nicht glauben! Soweit würde er nicht gehen!«
»Es ist wichtig, dass wir alles wissen. Was hat es auf sich mit dem Nachbarschaftsstreit?«, ließ sich Itzenga nicht beirren.
Wieder schien sich Wientjes zu winden, dann begann er zögerlich, langsam flüssiger werdend einige der Geschehnisse zu erzählen, die sich in all den Jahren abgespielt hatten. Tanja Itzenga unterbrach ihn nicht, hörte aufmerksam zu, machte sich ab und an eine Notiz.
»Als ich eine Mauer an der Grundstücksgrenze gebaut habe, eskalierte das alles. Er meinte, die stünde auf seinem Grundstück. Und was macht der? Er hat eine Schießscheibe dort angebracht und ballert manchmal darauf. So ganz beieinander ist der wohl wirklich manchmal nicht!« Wientjes hielt inne, er hatte sich gehen lassen, was erzählte er den Polizisten denn da? Schließlich endete er mit der Bemerkung: »So war das und so ist das. Meinungsverschiedenheiten. Aber so etwas gibt es hunderttausend Mal in Deutschland. Nachbarschaftsstreits gibt es schließlich auf der ganzen Welt. Deswegen versucht doch keiner, den anderen umzubringen.«
»Ihr Nachbar schießt im Garten? Darf der das?«
»Wird wohl. Ich hab’ mich bewusst nicht drum gekümmert, obwohl ich Lust hätte, ihn deswegen anzuzeigen. Aber er ist im Schützenverein, hat einen Waffenschein. Und im Garten schießt er nur mit einem Luftgewehr, soweit ich das beurteilen kann. Er wird wissen, was er tut.«
Erneut sahen sich Ulferts und Itzenga bedeutungsvoll an.
»Nachbarschaftsstreit gibt es sicher auf der ganzen Welt. Aber wenn eine Sache so tief geht – und das über Generationen hinweg …«, nahm Itzenga den Gesprächsfaden wieder auf.
»Man darf das nicht überinterpretieren!« Wientjes sah sie noch einmal direkt an. Sie hielt dem Blick stand, er wendete sich ab.
»Es sind oft solche Dinge. Im Innern schlummert etwas; vielleicht über einen längeren Zeitraum. Und plötzlich bricht es heraus.«
»Sind Sie Psychologin?«, fragte Wientjes, ein wenig Spott lag in seiner Stimme.
»Wir haben einschlägige Erfahrungen. Psychologie ist außerdem ein nützlicher Bestandteil unserer Arbeit. Und es sind schon Leute aus ganz anderen Gründen ermordet worden.«
»Ermordet – ich bitte Sie!« Wientjes’ Augen verrieten, dass diese Äußerung ihn weiter verunsicherte.
»Die Schüsse, egal, ob im Schilf oder
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