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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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Diskussion stehenden Verlängerung der Ruhephase zuvorzukommen. Hauptkommissarin Tanja Itzenga war in Zivil, trug eine Jeans und ihre braune Lederjacke. Ihre blonden Haare waren während der Kur länger geworden und fielen über die Schultern. Ihr Kollege Ulfert Ulferts saß behäbig auf dem Sofa, hatte sein schwarzes Sakko angelegt, dass vom Alter her zu der schwarzen Hose passte, die ein wenig verwaschen aussah und am unteren Ende ausfranste. Schweigsam daneben saß eine Frau, etwas jünger als Itzenga wohl, in Uniform die Staatsmacht verkörpernd. Stöwers vermutete, dass die drei Sterne, die ihre Schulterklappen zierten, auf eine Polizeiobermeisterin hinwiesen.
    Itzenga und Ulferts hatten sich als Mitarbeiter der Kriminalpolizei Aurich vorgestellt; die zweite Frau war eine Mitarbeiterin der Emder Polizei. Man hatte sich auf Teamarbeit geeinigt. Zwar lag der Fall wegen des offensichtlichen Zusammenhangs mit den Geschehnissen am Großen Meer in der Verantwortung der Auricher Polizei, doch die Emder wollten sich die Sache keinesfalls vollständig aus den Händen nehmen lassen. Außerdem war der Sachverhalt im Moment völlig offen. Wer wusste schon, was als Nächstes geschehen würde? Da konnte und sollte man sich gegenseitig helfen.
    »Sie sind 1990 nach Ostfriesland gekommen?«, fragte Ulferts.
    »Nein, nein. Nach der Wende war ich zunächst an verschiedenen Orten, habe aber schließlich in Emden eine Stelle gefunden und bin hier hängen geblieben.« Stöwers war nicht begeistert von der Situation.
    »Als Lehrer konnten Sie nicht weiterarbeiten?«
    »Meine Güte, diese ganzen ollen Kamellen! Wozu müssen wir das so viele Jahre später wieder ausbuddeln? Was versprechen Sie sich davon?«
    »Nun mal immer mit der Ruhe, Herr Stöwers«, mischte sich Itzenga ein, »wir müssen uns ein Bild verschaffen – immerhin gehören Sie neben Herrn Wientjes zu denjenigen, auf die es der Täter abgesehen haben könnte.«
    »Weshalb? Bitte, sagen Sie es mir!« Stöwers schien überzeugt.
    »Wir wissen nicht, wen der Schütze am Großen Meer treffen wollte. Es kamen fünf Ruderer infrage. Jetzt hat sich die Sachlage geändert. Eben deshalb benötigen wir von Ihnen alle Informationen, die im Entferntesten mit den Taten zusammenhängen könnten.«
    »Warum sollte jemand auf Harm Wientjes oder mich schießen?«
    »Das ist die 100-Euro-Frage«, meinte Ulferts angespannt. »Es muss irgendetwas geben – nur so aus Spaß an der Freud ballert niemand herum. Und ich muss Ihnen nicht erzählen, dass bei solchen Dingen der Hase oft wegen privater Angelegenheiten im Pfeffer sitzt.« Für einen Augenblick überlegte Ulferts, ob er den Spruch richtig angewendet hatte. Oder lag der Hase im Pfeffer? Er schüttelte den Gedanken ab: »Darum fragen wir, was vielleicht etwas naiv klingen mag: irgendwelchen Streit gehabt in letzter Zeit? Ärger? Konflikte mit Arbeitgebern, Kollegen, Vereinsmitgliedern, Freunden? Familie?«
    »Wie sah Ihr Lebensverlauf denn aus, bis Sie nach Ostfriesland gekommen sind?«, schloss die Hauptkommissarin gleich eine weitere Frage an und Stöwers sah etwas verwirrt erst Ulferts, dann Itzenga an.
    »Hab mich mit diversen Jobs durchgeschlagen, aber fast nie einen festen Vertrag bekommen. Die waren zu Anfang sehr skeptisch, später wurde es besser. Ich war vorher Lehrer für ein Fach, das heute nicht mehr existiert, das machte eine Vermittlung über das Arbeitsamt nicht eben leicht. Ich habe schnell gesehen, mal unter uns gesagt, dass das mit den vielseitigen Chancen und unbegrenzten Möglichkeiten im Kapitalismus auch nicht so weit her ist! Aber das war mehr innere Bestätigung als eine neue Erfahrung.«
    »Und, was haben Sie so gemacht? Welche Jobs waren das?« Es war die Emder Obermeisterin, die diese Frage stellte.
    »Ich wollte den viel verheißenden Weg gehen«, er zeigte einen leicht sarkastischen Gesichtsausdruck, »vom Tellerwäscher zum Millionär. Das war doch die Message des Westens. Also habe ich erst einmal alles angenommen, was annonciert wurde oder wovon man hörte: Zeitungen austragen, Taxi fahren, sogar auf’m Bau hab ich ausgeholfen, so etwas war ich gar nicht mehr gewohnt. Der Rücken machte nicht lange mit auf der Baustelle und beim Taxifahren. Habe dann in einer Gebäudemanagementfirma angefangen, in der Verwaltung. Mit weniger Gehalt, weil ich ungelernt sei, das muss man sich mal vorstellen! Aber nur Zahlen einhacken am Computer, den ganzen Tag, das war wirklich nicht so das Gelbe vom Ei – und für

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