Bugschuß
und Itzenga allein, vertraute dem langjährigen Vereinsmitglied ohne jegliche Bedenken das Klubzimmer an und entschuldigte sich. Ahlert wies auf die freien Stühle.
Tanja Itzenga setzte sich und fiel gleich mit der Tür ins Haus.
»Herr Ahlert, Ihr Nachbar Harm Wientjes hat uns informiert, dass es zwischen Ihnen seit Längerem nicht ganz harmonisch zugeht.« Sie sah dem Mann, der ihr gegenüber saß, fest in die Augen.
Er hielt dem Blick stand und antwortete nach einer Weile ruhig: »Hat er das?«, die Ironie war nicht zu überhören. »Mein lieber Nachbar Harm Wientjes sagt allerdings, das muss ich gleich mal einbringen, viel, wenn der Tag lang ist.« Er legte, wohl absichtlich, eine Pause ein.
Ahlerts Art gefiel Tanja Itzenga überhaupt nicht. Aufgeblasener Typ. Ahlert merkte, dass die Antwort für die beiden Polizisten alles andere als befriedigend war.
»Mal ganz ernsthaft«, versuchte Ahlert, seine Reaktion ins rechte Licht zu rücken. Er richtete sich in seinem Stuhl auf, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen. »Herr Wientjes und ich sind keine dicken Freunde, nein. Aber man muss damit zurechtkommen. Wir haben benachbarte Grundstücke, so ist es, und ich kann es nicht ändern. Da keiner von uns beiden sein Grundstück verkaufen will, müssen wir eben, wie heißt das so schön, friedlich koexistieren.« Ahlert sah erst Ulferts, daraufhin Itzenga erwartungsvoll an. Jetzt mussten sie reagieren, wo er ihnen eine derart wohlformulierte Erklärung geliefert hatte.
»Aber mit der friedlichen Koexistenz scheint das nicht immer so geklappt zu haben, oder? Außerdem, der Begriff stammt ja aus Zeiten, als ganze Staaten auf diese Weise koexistiert haben, sich aber im Grunde spinnefeind waren!«
Ahlerts Blick verfinsterte sich.
»Es gab hin und wieder Streit, aber spinnefeind, das klingt so …« Weiter kam er nicht.
»›Hin und wieder Streit‹, das hört sich wiederum recht harmlos an!«, fuhr Ulferts dazwischen. »Wir haben Hinweise, dass es eine handfeste Auseinandersetzung zwischen Ihnen gegeben hat, im wahrsten Sinne des Wortes.«
Ahlert atmete tief durch. Wie kam es, dass plötzlich zwei von der Kripo in seinen Schützenverein rauschten, quasi sein zweites Zuhause, ihn bei seinem schönsten Zeitvertreib störten und über diese Dinge Bescheid wussten? Die Flucht nach vorn war immer gut.
»Richtig, Herr Kommissar, richtig. Es gab eine handfeste Auseinandersetzung. Ich war aber nicht derjenige, der die Fäuste benutzt hat. Das war mein Herr Nachbar!« Er lehnte sich zurück und streckte die Beine aus, Lässigkeit demonstrierend. Der andere, der war’s …
»Zu einem Streit gehören immer zwei. Und Herr Wientjes mag sich provoziert gefühlt haben.«
»Wieso das? Ich kann mich nicht einmal mehr genau erinnern, was damals los war. Nur daran, dass er mir plötzlich gehörig eine gepfeffert hat. Aus heiterem Himmel. Ich habe ihn nicht provoziert … Und überhaupt! Wollen Sie ernsthaft denjenigen haftbar machen, der geschlagen wurde, nicht aber den, der geschlagen hat?«
»Haftbar machen wir im Augenblick niemanden. Herr Wientjes sprach von …«
»Ist doch klar, dass er irgendwas behauptet. Er wird wohl kaum sagen: ›Ja, ich habe Herrn Ahlert geschlagen, tut mir leid.‹ Erstens bin ich überzeugt, dass es ihm nicht leid tut, und zweitens sagt er natürlich, ich hätte ihn provoziert. Habe ich aber nicht. So ist das eben mit dem, auch bei anderen Anlässen.« Ahlert schoss durch den Kopf, dass er sich diesen Zusatz hätte verkneifen sollen, nun nutzte es nichts mehr. »Da hat … hat er mir Dinge an den Kopf geworfen, die ganz klar gelogen waren. Ich habe immer gesagt, was mich stört, wofür wir auf Dauer eine Lösung finden müssten … So etwas. Aber er, er schlägt mir plötzlich mit der Faust ins Gesicht. Ich habe Zeugen dafür, die kann ich Ihnen nennen. Die Nachbarin gegenüber hat alles gesehen, sie heißt Meyer, ist meistens zu Hause. Gehen Sie ruhig mal zu der. Zu meinem Hausarzt können Sie auch gehen, dem habe ich Schwellung damals präsentiert. Sie brauchen sicher Fakten, oder? Damit ist wohl klar, wer hier aggressiv ist, und wer nicht!«
»Mal langsam, Herr Ahlert.« Tanja Itzenga zögerte ein wenig. »Wir fragen Sie ja nicht, weil uns das Spaß macht. Aber Sie sehen sicher den deutlichen Zusammenhang: Sie streiten seit Jahren mit Wientjes, haben vielleicht Hassgefühle entwickelt. Sie wissen genau, was er tut, beruflich, in seiner Freizeit. Sie sind ein guter Schütze!«
Ahlert lachte
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