Bullenball
würde schon ihre Gründe haben.
Auf der Mitgliederseite des Forums sah er, dass der König von Brook
gerade online war. Er hatte vor ein paar Minuten sogar einen Beitrag
veröffentlicht. Was bedeutete, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Moment
vor seinem Rechner saß.
»Das ist er!«, rief Marie, die ihn ebenfalls entdeckt hatte.
Ben zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch über Maries
Kopf hinweg in Richtung Zimmerdecke. Es konnte losgehen.
»Wenn er online ist, sitzt er an seinem Rechner«, meinte sie. »Das
ist doch gut, oder?«
»Zumindest können wir ihm so einen Trojaner schicken. Aber ich
möchte für nichts garantieren. Das kann auch alles in die Hose gehen.«
Marie wollte Namen und Adresse von diesem König von Brook haben, und
zwar heute noch, es duldete keinen Aufschub. Ben überlegte. Sich auf seinen
Computer einzuhacken war nicht unbedingt das Problem. Viel schwieriger war es,
dabei unbemerkt zu bleiben.
»Du denkst also, er öffnet die E-Mail, die wir ihm schicken? Das
muss er nämlich, sonst kommt das Programm nicht auf seinen Rechner.«
»Ich glaube schon.« Sie deutete auf die Tastatur. »Darf ich?«
Er rückte ein Stück zur Seite. Zu seiner Überraschung meldete sich
Marie ebenfalls im Forum an.
»Ladymarion«, sagte er, »das ist also dein Nickname.«
Nun kamen ihm doch Zweifel. Wer wusste schon, welche Spielchen Marie
da im Internet trieb? Aber er wollte sein Versprechen, ihr zu helfen, auch
halten.
Marie starrte auf den blinkenden Cursor, dann schrieb sie eine kurze
Nachricht:
Ich weiß jetzt, wer du bist.
Sie sah auf. »Reicht das?«
Ben betrachtete den Text mit gerunzelter Stirn. »Es kommt nicht auf
die Länge der E-Mail an. Es geht nur darum, dass er sie öffnet.«
»Gut«, sagte sie.
Er nahm die Tastatur und fügte das kleine Programm ein, das sich
unsichtbar auf dem Rechner festsetzen und dort auf seine Befehle warten würde.
Marie sah ihm dabei zu. »Und wenn er die Mail öffnet, können wir uns
einhacken?«
»Theoretisch schon. Er sollte dann aber nicht direkt vor seinem
Rechner sitzen. Wenn er nämlich auf seinen Monitor guckt, sieht er, wie sich das
Programm installiert. Dann bräuchte er nur den Stecker zu ziehen, und schon
wären wir draußen.«
»Wir müssen uns also beeilen.«
»Wir müssen den richtigen Zeitpunkt abpassen.«
»Ich brauche nur seinen wirklichen Namen. Wenn wir erst auf dem
Rechner sind, geht das doch ganz schnell.«
»Genau.« Ben lächelte. »Wenn wir erst auf dem Rechner sind.«
Er schickte die Mail ab. Dann lehnte er sich in seinem
Schreibtischsessel zurück und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Sein
Blick wanderte durch den zwielichtigen Raum.
Plötzlich zuckte er zusammen: Seine Bettdecke war ein Stück zur
Seite gerutscht und gab den Blick frei auf seine nagelneuen
Hip-Hopper-Klamotten. Kurz bevor Marie gekommen war, hatte er sie aus dem
Schrank geholt und auf dem Bett ausgebreitet. Als sie dann plötzlich in der Tür
stand, war keine Zeit mehr gewesen, die Sachen zurückzuräumen. Er hatte einfach
die Bettdecke darübergeworfen. Nun lugten das T-Shirt und die rote Lederjacke
hervor.
»Fast hätte ich es vergessen«, sagte Marie. »Ich kann ja sehen, ob
er meine Mail gelesen hat. Da gibt es so eine Funktion im Chat, die zeigt an,
ob die Mails gelesen oder ungelesen sind.«
Sie nahm die Maus und klickte sich dorthin.
Ben nutzte die Gelegenheit: Er beugte sich nach hinten und zog
blitzschnell die Decke über T-Shirt und Lederjacke. Marie hatte nichts bemerkt.
Das Fremde in seinem Zimmer war wieder unsichtbar. Er blickte sich um, und
tatsächlich, alles war wie immer: ein grauer hässlicher Raum ohne
Persönlichkeit. Kalt und ungemütlich. Ein Raum, der gut zu seinem alten Leben
passte. Das würde sich nun alles ändern.
»Siehst du«, sagte Marie. »Da steht es: ungelesen. Wieso öffnet er
meine Mail nicht? Der ist doch online!«
»Geduld. Das wird schon.«
Marie starrte auf den Bildschirm, doch nichts passierte. »Wieso
liest der seine E-Mails nicht?«
»Warte es ab«, sagte Ben. »Vielleicht sitzt er gerade nicht am
Rechner. Soll ich uns einen Kaffee machen?«
Sie nickte, ohne den Blick vom Monitor abzuwenden. Ben stand auf und
machte sich auf den Weg zur Küche.
»Ben! Jetzt! Er hat sie!«
An der Stelle, an der zuvor noch »ungelesen« gestanden hatte,
blinkte nun »gelesen«. Ben setzte sich wieder hin und zog die Tastatur heran.
»Also gut. Wir können jetzt jederzeit den Befehl
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