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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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dass keine der anderen
zuhörte. »Manchmal frage ich mich, ob das alles richtig ist.«
    Jetzt war es raus.
    Uli blickte erstaunt auf. »Wie meinst du das?«
    »Was tue ich hier eigentlich? Was, wenn das alles ein großer Irrtum
ist?«
    Uli verzog das Gesicht. Mit einem Lächeln legte sie den Arm um Jule.
»Ach, mach dir keine Sorgen. Das ist ganz normal, glaube ich. Dir geht der
Arsch auf Grundeis. So ist das nun mal, wenn man heiratet.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Natürlich. Du willst Jonas doch, oder? Du bist dir sicher, was
deine Liebe für ihn angeht?«
    »Ja.« Da brauchte Jule nicht nachzudenken. Sie war sich sicher, ganz
sicher sogar. Sie liebte ihn.
    »Na, also. Und Jonas liebt dich auch. So ist es doch, oder?«
    Natürlich liebte er sie, das stand außer Frage.
    Uli hatte recht. Es gab keinen Grund, diese Heirat plötzlich infrage
zu stellen.
    »Es gibt also nichts, was einer gemeinsamen glücklichen Zukunft im
Wege steht. Oder ist Jonas etwa schwul?«
    Es war als Scherz gedacht, und Jule bemühte sich mitzulachen. Nein,
er war nicht schwul. Das war es nicht, was ihr Sorgen bereitete.
    »Na, siehst du«, sagte Uli. »Weshalb solltet ihr nicht heiraten?«
    Ein kräftiges Hupen ließ sie zusammenfahren. Der Bus war hinter
ihnen aufgetaucht. Er bremste ab, und der Fahrer versuchte die Frauen zu
verscheuchen, die inzwischen auf der Straße in Grüppchen zusammenstanden,
lachten und Prosecco tranken.
    »Komm schon«, meinte Uli. »Jetzt fahren wir erst mal nach Münster
und feiern. Wir wollen uns doch den Abend nicht verderben lassen, oder?«
    Jule schluckte alles, was es zu sagen gab, herunter. Dann folgte sie
ihrer Freundin zum Bus, der zum Stehen gekommen war und seine Türen öffnete.

16
    Hambrock war schon vor einer ganzen Weile klar geworden,
dass es längst zu spät war, um noch mit dem Kochen anzufangen. Er würde nicht
mehr rechtzeitig fertig werden.
    Heute Abend werden wir erst einmal Wiedersehen feiern, sagte er
sich. Das ist ohnehin das Wichtigste. Er würde Erlend ausführen, vielleicht zu
ihrem Lieblingsitaliener. Sie würden spazieren gehen, Händchen halten und sich
erzählen, was in den letzten zwei Wochen alles passiert war. Vielleicht käme es
ja auch gar nicht dazu, weil sie gleich im Bett landen und sich später das
Essen nach Hause bringen lassen würden. Sie lägen aufgeheizt in den Kissen und
würden Pizza aus dem Karton essen und dabei Rotwein trinken.
    Ich werde morgen für sie kochen, nahm er sich vor. Nach allen Regeln
der Kunst. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
    »Du solltest den Polizeipräsidenten anrufen, Hambrock«, sagte Heike.
»Einer muss ihn informieren.«
    Er schob den Korb mit den Einkäufen unter seinen Stuhl. »Du hast
recht. Verlieren wir besser keine Zeit.«
    Gemeinsam waren sie zu der Überzeugung gelangt, dass Hambrocks
Theorie durchaus ernst zu nehmen war. Statt seine These zu schwächen, hatten
die Kollegen weitere Indizien zusammengetragen, die sie noch festigten.
    Trotzdem blieb es eine Theorie. Die Konsequenz daraus, nämlich eine
Großveranstaltung mit mehreren Tausend Besuchern zu sichern, wäre eine
ungeheure logistische Leistung, die so kurzfristig kaum umgesetzt werden
konnte. Folgerichtig müsste der Bullenball abgesagt werden. Doch diese
Entscheidung konnten weder Hambrock noch seine Kollegen fällen.
    Dazu kam: Die Theorie hatte eine entscheidende Schwachstelle. Das
war Hambrock die ganze Zeit über klar gewesen, doch Guido Gratczek war es, der
es am Ende laut aussprach.
    »So stimmig das Ganze auch sein mag«, sagte er. »Alles baut auf
einem einzigen Wort auf: Bullenschlachtfest. Streicht man dieses Wort aus der
Amokdrohung, fällt die ganze Theorie in sich zusammen.«
    »Und das ist nicht alles«, meinte Heike. »Es gäbe nämlich andere
Gelegenheiten. Andere Orte. Die Hochzeit zum Beispiel, die nächste Woche
stattfindet. Da kommen auch alle zusammen, die Marlon mit seiner Tat treffen
will. Es wäre um einiges einfacher, dort zuzuschlagen. Auf dem Bullenball wird
ein riesiges Durcheinander herrschen. Da muss er die Gruppe seiner ehemaligen
Schulkameraden erst einmal finden. Was, wenn die sich alle irgendwo verstreut
aufhalten? Ist doch gar nicht so unwahrscheinlich. Außerdem muss er durch die
Einlasskontrollen. Wer weiß, ob ihm das gelingt.«
    »Allerdings wäre der Bullenball eine große Bühne«, sagte Guido
Gratczek. »Größer als das Trauzimmer am Nottulner Marktplatz. Das würde viel
eher zu seiner Drohung passen. Außerdem steht dieses

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