Bullenball
befanden sich mehrere Tausend Gäste, die Stimmung schien gut zu
sein.
Er ließ seinen Blick schweifen. Die Fassade der Halle war
angestrahlt, ebenso der Springbrunnen im Zentrum des Platzes. Etwas entfernt
lag der riesige gläserne Gebäudekomplex, hinter dessen Fassade sich Kinos, ein
Fitnessstudio und eine Diskothek befanden. Dort begann das Hafenviertel mit
seiner Amüsiermeile, wo rege Betriebsamkeit herrschte. Menschen wuselten wie
Ameisen herum. Radfahrer, Busse, Autos, Taxen. Typisch für einen Samstagabend.
Da irgendwo waren jetzt auch Erlend und Heike. Sie wollten ins Kino
und anschließend was trinken gehen. Sich gegenseitig ablenken von dem, was
passierte. Für seinen Geschmack waren sie viel zu nah am Geschehen. Ihm wäre es
lieber gewesen, sie hätten ein Kino am anderen Ende der Stadt gewählt.
Als Erlend gerade nicht zugehört hatte, war er nah an Heike
herangerückt und hatte sie fest an der Schulter gepackt. »Nach dem Film
verlasst ihr sofort das Kino, hörst du? Ihr nehmt eines der Taxen vor der Tür
und fahrt ohne Umwege nach Hause. Haben wir uns verstanden?«
Sie befreite sich aus seinem Griff und sah ihn ärgerlich an.
»Jawohl, Commander in Chief.«
»Mensch, Heike. Ich hab doch nur Angst um euch.«
»Was denkst du denn? Natürlich halten wir uns von der Halle fern.
Ich bin raus aus der Sache. Ich habe nicht vor, an der Front zu stehen, falls
Marlon aufkreuzt!«
Dann war Erlend wieder in Hörweite gewesen, und sie hatten das
Gesprächsthema gewechselt.
Am Eingang tauchten zwei Kellner auf. Sie rafften ihre bodenlangen
Schürzen und traten in eine Nische neben der Schleuse. Dort zündeten sie sich
eine Zigarette an.
Hambrock steckte die Hände in die Taschen. Von Marlon war immer noch
nichts zu sehen. Er war bereits ein paarmal im Innern der Halle gewesen und
hatte sich dort umgeschaut, aber auch dort keine Spur von ihm.
Vor einer Stunde hatte einer der Veranstalter Hambrock entdeckt, ein
Herr Evering, der ihn von den Ermittlungen im Todesfall des Sicherheitsmannes
kannte. Er war überrascht gewesen, den Kommissar auf dem Vorplatz anzutreffen.
»Herr Hambrock! Was tun Sie denn bloß hier?«
Ihm war sofort klar gewesen, dass er nicht gekommen war, um sich mit
den Jugendlichen zu amüsieren. Es musste einen anderen Grund geben, warum der
Kommissar an einem Samstagabend hier auftauchte.
»Was ist denn los? Muss ich mir Sorgen machen?«
»Ich bin privat hier, nicht offiziell. Vergessen Sie einfach, dass
Sie mich gesehen haben.«
»Hat das mit dem Todesfall zu tun, den Sie untersuchen?«
»Nein, nicht direkt.«
Evering verstand, dass Hambrock nicht mehr verraten würde. Er kniff
die Augen zusammen und überlegte. Dann nickte er, so als habe er beschlossen,
sich besser keine Gedanken zu machen. Er ging zum Eingang, sprach mit dem
Kassenpersonal, deutete auf Hambrock, der noch immer vor der Tür stand, und
kehrte kurz darauf zurück.
»Sie können jederzeit hinein und wieder heraus. Bewegen Sie sich
ganz frei auf dem Gelände. Es wird Sie keiner aufhalten.«
»Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen.«
Evering hatte sich bereits zum Gehen gewandt, als er sich noch mal
umdrehte.
»Sagen Sie mir Bescheid, wenn etwas ist? Damit ich schnell reagieren
kann?«
»Ich gehe davon aus, dass nichts passieren wird. Aber ja, ich sage
Ihnen Bescheid. Versprochen.«
Evering nickte und verschwand.
Hambrocks Überzeugung, Marlon würde an diesem Abend hier auftauchen,
geriet ins Wanken, als er das Innere der Halle betrat. Alles war viel größer,
als er es in Erinnerung hatte. In zwei riesigen Hallen spielten Livebands, dann
gab es noch das geräumige Foyer und einen angrenzenden Saal, aus dem
Schlagermusik tönte. Überall drängten sich die Menschenmassen. Er hatte keine
Vorstellung, wie Marlon hier die Brooker Landjugend oder die Mitglieder der
Jazzband ausfindig machen wollte. Das war schlichtweg unmöglich. Entweder hatte
Marlon einen wirklich guten Plan, oder Hambrock irrte sich tatsächlich, und der
Bullenball war gar nicht sein Anschlagsziel.
Er sah einen Streifenwagen auf den Platz rollen. Der Motor wurde
abgestellt, und die Scheinwerfer erloschen. Vergeblich versuchte Hambrock zu
erkennen, welche seiner Kollegen gekommen waren: das Wageninnere blieb im
Dunkeln.
Einer der Kellner löste sich aus der Nische und trat die Zigarette
aus. Da sah Hambrock, dass es eine Frau war. Und zwar nicht irgendeine, sondern
Vanessa, die Freundin des toten Sicherheitsmannes. Sie ging zurück in die
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