Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
Vom Netzwerk:
lange bitten. Ben kramte eilig seine
Zigarettenschachtel hervor und folgte Vanessa durchs Foyer. Sie quetschten sich
durch die Menschenmassen. Überall herrschte gute Stimmung, und da sie in ihrer
Arbeitskleidung wie bunte Hunde wirkten, wurden sie ständig von wildfremden
Leuten angesprochen.
    An der Schleuse überblickte Ben die Reihe der Sicherheitsleute. Tim
war nicht darunter. Ben erinnerte sich vage, dass Tim hauptsächlich im
Verwaltungstrakt sein würde, wo die Einnahmen im Tresor bewacht wurden. Erst
nach Mitternacht, wenn der Geldtransporter den Hauptteil des Geldes
fortgebracht hätte, würde Tim wieder nach unten kommen und am Cocktailstand
vorbeischauen können.
    Draußen empfing ihn die kühle Herbstluft. Am Einlass standen nur
noch eine Handvoll Leute, und der Vorplatz hatte sich inzwischen geleert. Ben
und Vanessa stellten sich ein paar Meter abseits in eine Nische, die vom Eingang
aus nicht einsehbar war. Er bot ihr eine Zigarette an, sie nahm dankend an und
gab ihm im Gegenzug Feuer.
    »War das eben deine Schwester?«, fragte sie.
    Er zögerte, inhalierte tief. Dann beschloss er, Vanessa gegenüber
offen zu sein.
    »Ja. Das war meine Schwester.«
    »Ich glaub nicht, dass sie es gemerkt hat. Aber ich konnte dir
ansehen, dass du nicht halb so cool warst, wie du getan hast.«
    »Es ist kompliziert.«
    »Ich verstehe.«
    Damit war das Thema durch. Vanessa bedrängte ihn nicht weiter. Sie
zogen an ihren Zigaretten, zwei rot glühende Punkte in der Dunkelheit.
    Eine Gestalt fiel Ben ins Auge. Sie drückte sich an den Büschen
hinterm Parkplatz herum. Zuerst glaubte er, da würde einer pinkeln. Doch die
Gestalt hatte die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Sie stand einfach
da und blickte zur Kongresshalle herüber.
    Ein Lkw donnerte an der Schnellstraße entlang. Als er vorüber war,
hatte sich auch die Gestalt in Luft aufgelöst.
    »Du weißt, dass mein Freund umgebracht worden ist?« Ihre Stimme war
ganz fest, da gab es kein Zittern, nichts.
    »Ja, das weiß ich.«
    »Er hat mich geschlagen.«
    Er starrte sie an. »Wie bitte?«
    »Du hast ganz richtig verstanden. Er hat mich geschlagen.«
    »Aber …«
    »Er hatte schon andere Freundinnen geschlagen, vor mir. Ich wusste
das. Aber ich war arrogant genug zu glauben, dass er das bei mir niemals machen
würde. Es war wirkliche Liebe zwischen uns, verstehst du? Ich war besser als
die anderen. Ich war mehr wert als sie. Das würde etwas ändern, glaubte ich.«
    Sie zog an ihrer Zigarette und blies den Rauch in den Nachthimmel.
    »Irgendwann ist es dann doch passiert. Ich habe ein paar Tage
gezögert, dann habe ich Schluss gemacht. Ein sauberer Schnitt, ganz schnell,
ohne viel nachzudenken. Er hat am Boden gelegen, hat geweint, gewimmert. Ein
jämmerliches Bild abgegeben. Und ich … ich habe mich hart gegeben. Natürlich
weiß ich, wie das funktioniert mit Männern, die schlagen. Sie tun es immer
wieder, ganz egal, was sie beteuern. Trotzdem. Es hat mir das Herz zerrissen,
ich konnte es kaum ertragen. Er hat mich geliebt, verstehst du? Natürlich war
da diese dunkle Seite, aber er hat mich über alles geliebt. So wie ich ihn.«
    Ben fragte sich, weshalb sie ihm das alles erzählte.
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn hasse. Ich habe Schluss gemacht
und die Tür zugeschlagen. Endgültig. Und das, obwohl ich niemals einen Menschen
so sehr geliebt habe wie ihn. Ich dachte, ich muss hart sein. Er darf niemals
erfahren, dass ich ihn immer noch liebe.«
    Ben fragte vorsichtig: »Und was ist dann passiert?«
    »Er ist ermordet worden.«
    »Aber …«
    »Ganz genau. Das war’s. Er ist in dem festen Glauben gestorben, ich
würde ihn hassen.«
    Ein Polizeiwagen rollte auf den Platz und stellte den Motor ab. Im
Innern saßen zwei Streifenpolizisten. Sie stellten das Licht aus und lehnten
sich zurück.
    Vanessa trat die Zigarette aus. Er spürte, dass das Thema beendet
war. Sie lächelte schief, als wolle sie sich entschuldigen.
    »Was bringt es einem, seine Gefühle zu verheimlichen? Später tut es
dir nur leid.«
    »Es ist anders«, sagte er. »Es ist kompliziert.«
    »Ich weiß. Ich wollte mich nicht einmischen.«
    »Schon okay.«
    »Ich geh wieder rein. Bleibst du noch?«
    »Danke, dass du mir das erzählt hast.«
    »Also gut, dann bis gleich.«
    Sie wandte sich ab und verschwand durch den Eingang.

18
    Hambrock stand etwas abseits und beobachtete das Treiben
vor dem Eingang. Der Ansturm hatte nachgelassen, es war ruhig geworden. In der
Kongresshalle

Weitere Kostenlose Bücher