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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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völlig frei.«
    Sie nickte. »Trotzdem muss ich noch einmal auf diesen Kredit zurückkommen, Herr Dr. Tendorf. Angenommen, ich wäre die Alleinerbin, wäre es dann möglich, diesen Kredit rückabzuwickeln?«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Nun ja, ich würde Ihnen ein Barangebot machen. Sie bekommen eine Summe X, dafür zerreißen wir beide diesen für mich höchst unsinnigen Vertrag.«
    Der Vorstandsvorsitzende lachte laut auf. »Ich bin, wie erwähnt, kein Jurist, liebe Frau Wohlrabe, aber das, was Sie gerade hier machen, grenzt vermutlich an den juristischen Straftatbestand der Anstiftung zur Untreue.«
    Monika Wohlrabe schluckte. »Nein, so war das doch nicht gemeint, Herr Dr. Tendorf. Es muss doch möglich sein, mit Ihrem Institut und Ihnen über die Auflösung eines Kreditvertrages zu sprechen.«
    Wieder ließ er sich in seinen Stuhl zurücksinken und atmete ein paar Mal tief ein, bevor er ihr antwortete.
    »Das ist gar keine Frage, das machen wir jeden Tag. Und darum geht es auch gar nicht.«
    Er beugte sich nach vorne, griff zu einer Holzschachtel, nahm zwei kleine Kugeln heraus und ließ sie durch die rechte Hand gleiten.
    »Handschmeichler. Hat mir meine Frau geschenkt für Situationen, in denen ich die Ruhe bewahren muss. Und eben fällt es mir wirklich schwer, die Ruhe zu bewahren.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    Der Mann sah sich in seinem Büro um, als wolle er sich versichern, dass sie wirklich allein waren. Dann rückte er mit seinem mächtigen Bauch so dicht an die Schreibtischkante, dass die Fettmassen davon in zwei Hälften geteilt wurden, griff zu einer Fernbedienung neben sich und drückte auf eine Taste. Sofort erklang aus einer kleinen Stereoanlage hinter ihm Musik.
    »Was ich Ihnen jetzt sage, Frau Wohlrabe, bleibt in diesem Raum. Ich würde nämlich Stein und Bein schwören, dass ich all das, was Sie gleich hören werden, niemals von mir gegeben habe.«
    Er betätigte eine weitere Taste auf der Fernbedienung, sodass die Musik etwas lauter wurde.
    »Ihr verstorbener Mann«, fuhr er fort, »war bei diesem Projekt durch nichts zu bremsen. Sicher wissen Sie, dass er eine Sargfabrik kaufen wollte, und dass sich die Kaufverhandlungen bereits eine ganze Weile hinziehen. Das hat bei den Banken, mit denen er zuerst verhandelt hat, für gehörigen Aufruhr gesorgt. So viel Aufruhr, dass eine nach der anderen den Schwanz eingezogen hat. Und das waren ganz andere Kaliber als unser Institut. Irgendwann saß er auf dem Stuhl, auf dem Sie jetzt sitzen, und hat sich von mir Konditionen diktieren lassen, von denen ich ihm noch eine ganze Woche lang abgeraten habe. Ich mochte Ihren Mann, das können Sie mir glauben, und am liebsten wäre es mir gewesen, er wäre nie mit dieser Geschichte hier aufgetaucht, aber auf der anderen Seite sind wir ein Institut, das davon lebt, Geld zu verleihen. Also habe ich ihm einen Vertrag vorgelegt, von dem ich sicher war, dass er ihn vor meinen Augen in Stücke reißen würde, doch er tat es nicht. Er wollte unbedingt dieses Geschäft machen, um jeden Preis.«
    Monika Wohlrabe hatte während seines Monologs nicht einmal Luft geholt.
    »Aber …«
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen«, unterbrach er sie. »Das alles passte doch so ganz und gar nicht zu ihm. Habe ich ihm auch gesagt, genau so. Und da kommen Sie ins Spiel, Frau Wohlrabe. Wissen Sie, hat er gesagt, ich fühle mich wie 20. Das liegt an meiner neuen Frau. Und weil ich mich wie 20 fühle, möchte ich noch etwas bewegen in meinem Leben. Ich will noch mehr erreichen als jeden Tag Leichen durch die Gegend zu fahren, das habe ich mehr als 25 Jahre gemacht. Ich will Kinder, und denen will ich etwas Großes, Beeindruckendes hinterlassen.«
    Wieder berührten seine Zeigefinger die Lippen.
    »Und diesen emotionalen Argumenten konnte ich nicht mit der Sachlichkeit von Zahlen begegnen. Er wollte es so, und er hat es so bekommen. Dass ich persönlich ein paar Tage schlecht geschlafen habe dabei, hat ihn ganz bestimmt nicht geschert.«
    »Und an diesem Vertrag gibt es nichts zu rütteln?«
    »Nichts. Sie betreiben diese Sargfabrik, oder Sie gehen schweren Zeiten entgegen. Sehr schweren Zeiten. Unser Institut wird und muss nämlich auf die Erfüllung des Vertrages bestehen.«
    Monika Wohlrabe presste die Lippen zusammen. In ihren Ohren konnte sie das Mahlen ihrer Kiefer hören. »Dann werde ich klagen. So ein Vertrag ist sittenwidrig, davon bin ich überzeugt.«
    Tendorf zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Das

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