Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition)
allein.«
Er steht auf, ich begleite ihn zur Tür.
»Wir sehen uns morgen«, sagt er und gibt mir die Hand.
»Wir sehen uns morgen«, sage ich.
Auf der Treppe dreht er sich nochmal um, sieht mich an. »Das ist ekelhaft, oder?«
»Ja«, sage ich, gehe zurück in die Küche, setze mich an den Tisch und bleibe da sitzen, bis mir der Himmel auf den Kopf fällt.
Später, als Klatsche aufgestanden ist, machen wir einen Spaziergang durchs Viertel. Ich erzähle ihm erst mal nichts von der ganzen Sache.
Ich muss das erst mal sacken lassen.
Aber entweder bin ich paranoid, oder dieser Typ mit der hässlichen Sonnenbrille läuft uns die ganze Zeit hinterher.
Es ist lächerlich einfach: Ich mache euch Angst. Eine schlimme, boshafte Angst, die ihr nicht greifen könnt. Die Angst ist meine Waffe, im Angstmachen bin ich gut. Dann die Härte. Meine Härte und eure Angst, das geht Hand in Hand. Ich hab beides drauf, ich kann machen, was ich will. Ich spiele mein Spiel.
Und wenn einer nicht mitspielt, schicke ich eben jemanden los, der ihn aus dem Weg schafft.
IX.
MASSIVE ATTACKE
Und dann, am Montagmorgen um 9 Uhr 45, als das Dauerregenfeuer schon seit zwei Stunden offiziell wieder eröffnet ist, taucht wie durch ein Wunder Hajrullah Terpani gemeinsam mit seinem Anwalt auf der Davidwache auf. Hairullah Terpani legt die Tatwaffe auf den Tisch, eine Mini-Uzi ohne Magazin, und erklärt, er habe am Sonntag vor einer Woche am Jenischpark zwei Polizisten erschossen. Er erzählt von seinen Drogenproblemen, und dass er sich in der Nacht vor der Tat eine hochkarätige Kokain-Speed-Mischung in den Kopf geknallt hätte. Er wüsste bis heute nicht, wie er eigentlich zum Park gekommen sei. Er hätte sich von allen und jedem bedroht gefühlt. Und als dann diese beiden Streifenpolizisten aus ihrem Auto gestiegen sind, ja, da wäre er dann eben vollkommen ausgerastet. Es täte ihm sehr leid.
Hajrullah Terpani hat keine feste Arbeit, keinen festen Wohnsitz, nicht mal eine Aufenthaltserlaubnis. Hajrullah Terpani ist mit niemandem in Verbindung zu bringen, außer mit der Täterbeschreibung unserer Zeugin vom Tatort. Und seine Fingerabdrücke sind auf dem Uzi-Magazin, das wir im Park gefunden haben.
Es passt alles: Er hat massive Probleme mit Drogen, er ist geständig und bereut. Und damit er nicht allzu hohe Kosten verursacht, wird darauf geachtet werden, dass er möglichst schnell wieder im Flieger nach Albanien sitzt. Er wird zwar schön verknackt werden, das ist sicher, aber auch, dass er in sechs bis acht Jahren wieder rauskommt und mit der Kohle, die er für diese Version der Geschichte kassiert hat, für immer auf die Malediven abdampfen kann.
Es ist zum Verrücktwerden.
»Ich glaub’ dem kein Wort«, sagt der Calabretta.
Keiner von uns glaubt dem ein Wort.
Nur Oberstaatsanwalt Schubert, der hat den Fall mit einem zufriedenen Lächeln für abgeschlossen erklärt.
Meine Männer sind frustriert.
Ich hatte noch keine Gelegenheit, in Ruhe mit ihnen zu reden, die Aufregung war zu groß, alles fiel durcheinander. Ich konnte sie erst mal nur für heute Abend zu mir bestellen.
Da war Verrätergefühl, zu konspirativ für jemanden wie mich, der aus lauter geraden Linien besteht.
Doch der Frust in ihren Augen sagt mir, dass es genau richtig ist so.
Wenn die Arschlöcher da draußen glauben, wir könnten nicht so hinterfotzig sein wie sie, haben die sich aber geschnitten.
* * *
Sie kommen einer nach dem anderen in meine Küche getrudelt. Der Calabretta, der Brückner, der Schulle, dann der Inceman. Den Tschauner will ich erst mal raushalten, der hat noch so viel vor und ist für so eine Sache vielleicht noch ein bisschen zu hitzköpfig. Kringe und Bartels wurden heute Vormittag sofort wieder zu den Drogen abgezogen. Da brauchen sie jeden Mann, und unsere SoKo ist ja quasi über Nacht überflüssig geworden.
Auf dem Tisch stehen ein paar Flaschen Bier und ein paar Flaschen Alsterwasser. Der Calabretta macht uns allen ein Bier auf und sagt:
»Also. Warum sind wir hier?«
Mein italienischer Kollege riecht sofort, wenn was nicht stimmt, und er hat Witterung aufgenommen.
»Moment noch«, sage ich, da klingelt es auch schon.
Bruns hechtet mir entgegen, nimmt wie bei seinem letzten Besuch immer zwei Stufen auf einmal, und oben angekommen sagt er leise:
»Sie werden beobachtet.«
»Was?«
»Schauen Sie mal unauffällig aus dem Fenster.«
Ich lasse ihn rein, und während er in die Küche geht, pirsche ich mich an meine
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