Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition)
letzten zehn Jahren mit automatischen Waffen aufgefallen sind.«
»Da steht nichts von einem Sebastian Diekmeier?«, frage ich.
»Nein«, sagt Bruns, »der Name taucht da nicht auf.«
»Kushtim Krasniqi?«, frage ich.
»Nie gehört«, sagt er.
»Kein Vernehmungsprotokoll?«, frage ich.
Ich höre ihn blättern.
»Nein«, sagt er. »Hab ich hier nicht.«
»Verdammt«, sage ich, auch weil ich gerade nicht aufgepasst habe und mir heißer Kaffee über die Finger gelaufen ist. »Okay. Ich bin in einer halben Stunde im Gericht.«
»Nein«, sagt er. »Ich komme zu Ihnen.«
Ich gebe ihm meine Adresse, ziehe Klatsche aus dem Bett, verfrachte ihn nach drüben in seine Wohnung und reiße bei mir die Balkontüren auf. Alle Nachteulen raus jetzt, aber dalli.
Als es klingelt, schaffe ich es gerade noch, eine Jeans anzuziehen und mir ein Handtuch um die nassen Haare zu wickeln.
Bruns kommt im Trainingsanzug die Treppen hoch, nimmt immer zwei Stufen auf einmal. Er war offensichtlich auch nicht darauf vorbereitet, heute Kundenkontakt zu haben. Er grinst, als er mich sieht.
»Hätten Sie noch ein paar von diesen Augenringen für mich, Frau Riley? Die sehen ja super aus.«
»Liegen abfahrbereit auf dem Küchentisch«, sage ich. Nach zurückgrinsen ist mir nicht.
Bruns ist groß und gut in Form, er hat braune, kurze Haare, ein freundliches Gesicht und ist gerade mal Mitte dreißig. In seinem dunkelblauen Trainingsanzug und mit der großen Umhängetasche würde er glatt auch als Sportlehrer an einem netten Gymnasium in Othmarschen durchgehen.
»Tut mir leid, dass ich Sie so aufgescheucht habe«, sagt er und marschiert in meine Küche, als wäre er öfter hier. Bruns ist unter meinen Kollegen nicht besonders beliebt, er gilt als Korinthenkacker. Der Brückner hat im Zusammenhang mit Bruns schon mal das Wort »Ameisenficker« fallen lassen. Ich sehe das nicht so. Der Mann arbeitet viel und gründlich und lässt sich von niemandem betucken. Ich mag den.
»Kaffee?«, frage ich.
»Gerne«, sagt er, setzt sich an meinen Küchentisch und holt einen Leitzordner aus seiner Tasche.
»Ich wollte eigentlich zum Sport«, sagt er, als er bemerkt, dass ich seine Tasche im Blick habe. »Ich wollte vorher nur kurz in den Akten zum Polizistenmord blättern.« Er setzt ein abwehrendes Gesicht auf und hebt die Hände. »Mich interessiert das einfach, wissen Sie. Ich wollte Ihnen da nicht zu nahe treten.«
Ich setze noch einen Kaffee auf und lächle ihn an.
»Kein Problem«, sage ich. »Außerdem bin ich die Akten seit Freitag los. Oberstaatsanwalt Schubert hat den Fall an sich gezogen.«
»Das hatte ich gehört«, sagt er. »Und deshalb hat’s mich auch interessiert.«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
»Ich wollte wissen, warum Schubert das getan hat«, sagt er. »Nicht, dass ich es jetzt wüsste. Soweit ich sehen konnte, haben Sie keinen Bock geschossen. Ich konnte mir das nicht erklären, was Schubert da eigentlich geritten hat, und deshalb wollte ich mir das eben mal ansehen.«
»Für mich kam es auch etwas überraschend«, sage ich und setze mich zu ihm an den Tisch.
»Können Sie es sich denn erklären?«, fragt er.
»Bis heute Morgen dachte ich, Schubert wollte mir einfach mal eins auswischen«, sage ich. »Wir sind nicht die besten Freunde, wissen Sie.«
»Schubert ist ein Unsympath«, sagt er.
Schubert ist ein Arschloch, denke ich, sage es aber nicht, stattdessen sage ich: »Glauben Sie, dass er den Fall an sich gezogen hat, um Informationen verschwinden zu lassen?«
»Ein Oberstaatsanwalt mischt sich nicht in Ermittlungen ein, wenn er nicht vorhat, was zu vertuschen«, sagt Bruns.
Der Kaffee ist fertig. Ich stehe auf und drehe den Herd runter.
»Kann doch auch sein, dass er sich die fehlenden Seiten nur mit nach Hause genommen hat«, sage ich. »Um sie sich genauer anzuschauen.«
»Kann natürlich sein«, sagt Bruns, und ich sehe seinem spöttischen Blick an, dass er mich in diesem Moment für ziemlich naiv hält.
»Okay.« Ich gieße Kaffee in zwei Tassen. »Stimmt. Niemand ist so blöd und nimmt einzelne Seiten aus einer Akte mit nach Hause, weil dann genau das passieren könnte, was gerade passiert.«
Er zieht die Schultern nach oben und nickt.
»Milch?«, frage ich.
»Ja, bitte. Haben Sie auch Zucker?«
Ich schiebe ihm beides zusammen mit seiner Kaffeetasse hin.
»Ist Ihnen im Laufe der Ermittlungen irgendwas an Schubert aufgefallen?«
»Nein«, sage ich. »Ich hab mich gewundert, weil er mir plötzlich so
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