Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition)
sagen? Soll ich ihm das lieber sagen?«
»Okay.«
»Ja, gut.«
»Ja, ist ja gut.«
»Der soll sich einfach von meinen Leuten fernhalten. Sonst lass ich ihn hochgehen. SAG IHM DAS, TRAUWALD!«
Als er aufgelegt hat, hab ich das Fenster zugemacht, hab mir ein Taxi geschnappt und bin zum Calabretta ins Präsidium gefahren, aber wie die Feuerwehr.
* * *
»Trauwald«, sage ich, »wer hieß gleich nochmal Trauwald?«
Ich klopfe leise mit der Hand auf den Tisch, immer wieder, ba-bamm, ba-bamm, ba-da-bamm. Der Calabretta kramt in seinem Kopf, der Brückner und der Schulle in alten Akten. Wir alle haben den Namen schon mal gehört, kauen aber seit einer Stunde drauf rum und kommen nicht dahinter.
»Trauwald«, sagt der Calabretta, »Trauwald, Trauwald, Trauwald. Wer heißt denn bitte so scheiße?«
»Ich hab ihn!«, sagt der Brückner. Er kniet auf dem Fußboden, hat eine Akte vor sich und seine verpflasterte rechte Hand fest auf eine Seite Papier gelegt. »Hier. Trauwald Oenninger. Senatsdirektor in der Behörde für Stadtentwicklung, auch Baubehörde genannt.«
Da ist er. Wusste ich’s doch. Der ist uns schon mal untergekommen.
»Richtig«, sage ich und stehe auf. »Der Typ, der sich von dieser skandinavischen Immobilien-Firma hat schmieren lassen, wie hießen die noch …?«
»ToftingInvest«, sagt der Calabretta und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Und Schubert hat uns damals auf die Finger gehauen, als wir gegen Oenninger ermitteln wollten.«
»Oenninger war dann plötzlich abgetaucht«, sage ich, »angeblich auf Reha, wegen seiner Prostata.«
»Haha«, sagt der Brückner, »könnte ich auch mal gebrauchen.«
Schön, das geht ja dann wohl schon wieder: verbales Sackkratzen. Männer-WG. Schade für die Jungs, dass der Schulle gerade nicht da ist, weil er sich Schubert an die Hacken geklemmt hat. Und gut, dass ich nicht zimperlich bin. Wahrscheinlich halten sie mich in solchen Momenten einfach für ihren Kollegen. Was mir jedes Mal einen dieser kleinen Eimer voll Stolz auf die Schultern setzt.
»Aber, was zur Hölle«, sagt der Calabretta, »hat Schubert mit diesem Oenninger zu tun? Wo ist da die Verbindung?«
»Wir rufen jetzt Bruns an und treffen uns gegen abend alle bei ihm, vielleicht hat er Neuigkeiten«, sage ich, mit Blick zur Tür. »Brückner, rufen Sie den Schulle an und sagen ihm Bescheid?«
Der Brückner nickt, ich lasse die Tür nicht aus den Augen. Die wollten heute kommen und unsere kleine Ex-SoKo-Zentrale wieder zu zwei Doppelbüros umräumen. Und ich traue in diesem Laden niemandem mehr, der nicht gestern Abend einen Molotow-Cocktail abgekriegt hat.
* * *
Richter Christian Bruns wohnt mit seiner Familie im Obergeschoss einer kleinen, gartenumkränzten Altbauvilla in Lokstedt. Es ist kurz nach sechs Uhr am Abend. Die sehr blonde und sehr schicke Frau Bruns isst mit den beiden sehr blonden Kindern auf der Terrasse zu Abend, wir sitzen am freigeräumten Esstisch.
Bruns‘ linke Hand ist verbunden, die vielen kleinen Schnitte, die über sein ganzes Gesicht verteilt sind, wurden mit durchsichtigen Pflastern geklebt. Einer der Schnitte läuft quer über seine Nase. Er sieht aus wie ein Boxer nach einem schlecht bezahlten Kampf.
In der Mitte des Tischs stehen Flaschen mit französischem Mineralwasser und fünf Gläser. Da steht auch eine Flasche Rotwein, aber die rührt keiner an. Wir haben alle noch Medikamente intus.
Bruns erzählt, wo er heute Nachmittag war.
»Ich habe Ruth Micoud angerufen, und sie hat mich gleich auf eine Tasse Kaffee in ihr Büro eingeladen. Frau Micoud ist Professorin an der Juristischen Fakultät. Ich hab bei ihr studiert, und ich glaube, sie mochte mich immer ganz gern.«
Er lächelt auf eine stille Art in sich rein, die seiner blonden Frau kaum passen dürfte.
»Ruth Micoud hat damals mit Oberstaatsanwalt Schubert studiert, die beiden waren sogar ziemlich gut befreundet. Heute sind sie es offenbar nicht mehr.«
Er kuckt in die Runde.
»Der Ton, in dem sie über Schubert gesprochen hat, lässt eher vermuten, dass sie ihn überhaupt nicht ausstehen kann.«
Sehr gut. Frau Micoud finde ich unbesehen super.
» Und als sie dann aus Schuberts Studienzeit erzählte«, sagt Bruns, »wurde mir auch klar, warum. Schubert gehörte einer Burschenschaft an, einer dieser klassischen Juristenverbindungen. Aus dieser Burschenschaft ist eine Art Geheimbund hervorgegangen, dem Schubert auch angehörte. Der Geheimbund war sogar so geheim, dass niemand
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