Bullet Boys
Ihm war klar, dass das hier richtig schiefgehen konnte.
»Wir müssen ihn überraschen«, flüsterte Saul und band sein Schuhband fester. »Jedes Geräusch könnte dem Feind unsere Position verraten.« Er schaute Alex an. »Hast du mal daran gedacht, zur Armee zu gehen?«
»Ja«, antwortete Alex leise. »Aber ich schieße lieber auf Dinge, die nicht zurückschießen. Kaninchen zum Beispiel.«
Saul schüttelte den Kopf. »Da vergeudest du dein Talent.«
Das überraschte Alex und freute ihn insgeheim.
»Ehrlich«, sagte Saul. »Die Armee braucht Leute wie dich. Leute mit einem kühlen Kopf. Intelligente Leute.«
»Ich bin dafür nicht geeignet«, gab Alex zu. »Ich bin gerne für mich. Dieser ganze Teamgeist und so, das ist nichts für mich.«
»Würde ich nicht so sehen«, flüsterte Saul und stelltesein Funkgerät aus. »Was war denn in den letzten vierundzwanzig Stunden? Du hast dich um deine Kumpels gekümmert, oder? Und wirst noch nicht mal bezahlt dafür.«
Alex brummte. Ihn wunderte, dass Saul ihn auf einmal so anders behandelte. Plauderte mit ihm, als wäre er einer von ihnen!
»Ich schnapp ihn mir jetzt«, sagte Saul und gab Alex sein Funkgerät sowie seinen Rucksack. »Denk dran: Sobald es irgendwelche Probleme gibt, meldest du das sofort Furzey. Wenn ich dir ein Zeichen gebe, kommst du und holst dir deine Waffe. Verstanden?«
Alex nickte. Er fand das alles furchterregend.
»Pass gut auf, denn wenn wir Cosgrove finden, machen wir das ganz genauso.«
Saul nahm ein Seil aus seinem Rucksack und hängte es sich über die Schulter. Dann entsicherte er seine Waffe. Alex legte die Hand auf den Mund, während er Saul hinterherguckte. Saul rannte ein kurzes Stück, dann warf er sich auf den Bauch und robbte mit unglaublicher Geschwindigkeit vorwärts. Hinter einem Ginsterbusch, kurz vor Baz, hielt er inne. Alex hatte das Gefühl, einer Maschine zuzusehen. Ehe er sich versah, hatte Saul Baz das Luftgewehr entrissen, ihn an den Knien gepackt und auf den Bauch geworfen. Als Saul sich auf Baz setzte und ihm den Kopf in den Boden drückte, stöhnte Baz auf und schlug um sich.
»HÄNDE ÜBER DEN KOPF«, brüllte Saul, packte die Hände von Baz, drehte sie auf den Rücken und band sie zusammen.
Alex schaute fasziniert zu und war froh, dass Saul das nicht mit ihm gemacht hatte.
»RUNTER von mir!«, schrie Baz, der inzwischen zu sichgekommen war. Er strampelte mit den Beinen, konnte aber den Soldaten auf seinem Rücken nicht abwerfen.
»LIEG STILL«, bellte Saul. Alex zuckte zusammen. Der Obergefreite gab nicht einen Deut nach. Baz strampelte noch einmal, eher schwach, dann rührte er sich nicht mehr. Er stöhnte.
»Ich bin das, du blödes Arschloch«, sagte Saul mit ganz anderer Stimme. »Hast du dich beruhigt?«
»Riley?«, japste Baz.
»Dem geht’s gut. Der sitzt im Krankenhaus und zeigt den Krankenschwestern seine Wunde. Wirst du dich benehmen?«
»Ja«, stieß Baz hervor.
Saul sprang runter und stellte sich neben Baz’ Kopf.
»Kein Scheiß, sonst landest du vor Gericht, Soldat.«
Baz stöhnte wieder und spuckte Sand aus. Er rollte sich herum und setzte sich auf. Seine Hände waren fest hinter seinem Rücken zusammengebunden.
»Musstest du mich unbedingt Dreck fressen lassen?«, beschwerte er sich. Saul machte Alex ein Zeichen, dass er näher kommen solle. Nervös kam Alex aus seinem Versteck hervor.
»JEBB, LOS, HOL DIR DEINE WAFFE ZURÜCK«, bellte Saul und Alex rannte los.
Als Baz ihn sah, spannten sich seine Gesichtsmuskeln.
»Was macht der denn hier?«, brüllte er.
Alex ging einen Schritt zurück.
»Beruhige dich«, sagte Saul, gab Alex sein Luftgewehr und bedeutete ihm, sich ein Stück zu entfernen. »Der ist jetzt auf unserer Seite.«
Er blickte Baz scharf an. »Hast du dich im Griff?«
»Ja«, stöhnte Baz. »Mach mich los.« Er zwinkerte. »Ich habe Durst.«
Saul ließ ihn aus seiner Flasche trinken. Wasser tropfte Baz vom Gesicht.
»Was hast du dir eigentlich gedacht?«, fragte Saul. »Dem Jungen hinterherlaufen, Befehle verweigern, nicht zurückkommen. Das war unerlaubtes Entfernen von der Truppe, Kamerad.«
»Der Killer ist mir entwischt«, sagte Baz. »Auf einmal waren da lauter kleine Mädchen. Das war total irre, und dann war er weg.« Er hustete. »Willst du mich jetzt festnehmen? Aber ich muss pissen und dafür brauche ich meine Hände.«
»Ich werde dich jetzt nicht festnehmen«, sagte Saul. »Das wird wahrscheinlich später passieren. Zwar wird jeder verstehen, warum
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