Bullet Catcher 1: Alex
bevor Denise den Motor des Golfmobils abstellen konnte, flog die Wohnungstür im Erdgeschoss auf. Kimball Parrish sah so wütend aus, als könnte er auf der Stelle jemanden abknallen. Verdammt noch mal, hoffentlich würde sie nicht diejenige sein!
»Hast du alles?«, fragte er.
Ihr Bauch fühlte sich an, als hausten Dutzende Schmetterlinge darin. Sie war eine miserable Lügnerin. Das hätte sie den beiden sagen sollen, aber dann hätten sie die Sache vielleicht ohne sie durchgezogen. Und sie hätte die Chance verpasst, Grady zurückzubekommen.
Denise stieg aus dem Wagen, sah Parrish aber nicht direkt ins Gesicht. »Ich konnte nicht nach Key West, Mr Parrish. Die Fähren laufen bei Regen nicht aus. Wirklich nicht«, fügte sie noch hinzu, als sie seinen bösen Blick sah.
»Hast du es beim Souvenirladen probiert?«
Sie unterdrückte das Bedürfnis, laut loszulachen – wenn sie nervös wurde, passierte ihr das oft. »Die hatten kein Sexspielzeug, Mr Parrish.«
Lautes Motorengeräusch war über dem Wasser zu hören, Parrish sah hinter sich auf das Haus und zeigte dann mit dem Daumen nach oben in den ersten Stock. »Weck sie auf und zieh ihr was an! Ich will es endlich hinter mich bringen.«
Denise spürte Jazz’ Handy am Bauch; sie musste nur nach oben gehen, eine Taste drücken, und Alex wäre am Apparat. Er stand mit Jazz im Schilf.
Sie sandte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Parrish ihr nicht folgte. »Ich werde mich um alles kümmern, Mr Parrish. Lassen Sie mir etwas Zeit, damit ich sie anziehen und zurechtmachen kann.«
»Make-up wird sie nicht brauchen.«
Aber sie brauchten Zeit. »Ich will nur dafür sorgen, dass sie gut aussieht.«
»Ist nicht nötig«, schnauzte er.
»Es muss aber … echt wirken.« Ihre Stimme rutschte weg. »Sie und auch ich müssen gut aussehen. Sonst glaubt niemand, dass die Aufnahmen echt sind.«
Parrish runzelte die Stirn und scheuchte sie dann mit einer Handbewegung nach oben. »Beeil dich!«
Denise stolperte die Holztreppe hoch und machte die Tür zur Wohnung mit zitternden Händen auf. Sie wischte sich die Handflächen an der Jeans trocken, atmete tief ein und rannte durch die Küche ins Schlafzimmer.
»Jessica!«, rief sie leise. »Sind Sie wach?«
Sie rutschte auf den Fliesen vor der Tür aus und fing sich gerade noch, als sie die Hand auf den Türknauf legte. Dann drehte sie den Knauf herum und öffnete die Tür, zog mit der anderen Hand das Handy heraus. Sie hatten nicht viel –
Oh Scheiße!
»Sie ist weg.« Alex hatte das Handy am Ohr und sah Jazz an.
Weg? »Was heißt das, sie ist weg?«
Jazz lugte durch die hohen Halme und den Dauerregen. Alle Fenster im Haus waren geschlossen. Den Balkon, den sie erklimmen wollten, konnte sie noch einigermaßen klar sehen, das Fenster daneben nicht.
»Sind Sie sicher, dass er noch unten ist?«, fragte Alex.
Jazz wollte näher ans Haus heran, um sich das Fenster genauer anzusehen, aber Alex hielt sie am Umhang fest und zog sie zurück, warf ihr einen warnenden Blick zu.
»Immer mit der Ruhe«, sagte er ins Handy. »Ich kann Sie nicht verstehen.« Er legte die Hand auf das Handy und flüsterte: »Sie ist völlig von der Rolle. Das funktioniert so nicht.«
»Sag ihr, dass ich gleich da bin.«
»Jessica ist weg, Jazz. Vielleicht schon hier draußen. Es gibt keinen Grund mehr, ins Haus zu gehen.« Dann sprach er wieder ins Handy. »Sehen Sie in den anderen Zimmern nach. Vielleicht können Sie rauskriegen, wie Jessica das Haus verlassen hat. Melden Sie sich danach wieder.«
Jazz spähte den Strand entlang, Palmen und Oleander standen dicht an dicht, ein feuchter grüner Dschungel, der die Sicht auf das Haus vom Strand und von der Straße her verdeckte. Wenn Jessica das Haus verlassen hatte und wirklich noch unter Drogen stand, konnte sie überall sein. Verwirrt, verloren und körperlich schwer angeschlagen. Oder sie befand sich bereits gefesselt im Erdgeschoss und wurde zu unaussprechlichen Dingen gezwungen.
»Alex.« Sie griff nach seinem Arm. »Ich werde mich im Haus umsehen.«
Die schwarzen Augen sahen sie ungläubig an, sein Blick brannte beinahe auf der Haut. »Warum?«
»Weil sie noch drin sein könnte.«
Er atmete tief ein und nickte dann. »Okay, gehen wir.«
»Nein.« Sie stemmte die Füße auf den Boden und richtete sich auf. »Du musst hier draußen nach Jessica suchen. Selbst wenn Parrish keine Ahnung hat, wohin sie gegangen sein könnte, ist es genauso gefährlich für sie. Denise hat doch gesagt, sie ist
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