Bullet Catcher 1: Alex
Zwillingsschwester hatte? Obwohl sie auf dem Bild sehr unterschiedlich aussahen – ihr Haar war lang, fiel weit über die Schultern, Jessica dagegen trug einen ordentlichen Bubikopf –, beunruhigte es sie.
»Was ist los?«, fragte Alex sofort.
»Ein Bild von uns beiden.« Sie zog das unterste Fach der Aktenablage auf und schob das Foto ganz nach hinten. Dann wandte sie sich dem Computer zu, ihre Gebete waren erhört worden, sie brauchte kein Passwort.
»Das Adressbuch«, erinnerte er sie.
»Einen Moment noch.« Sie drückte ein paar Tasten und stieß schließlich auf eine Version von Outlook Express samt dazugehörigem Adressbuch.
»Suchen Sie vor allem nach persönlichen Kontakten und möglichen Quellen«, sagte er und beugte sich vor, um einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. »Und sehen Sie nach, ob sie noch einen Kalender geführt hat.«
Er war verflucht fordernd. Erinnerte sie an ihren ehemaligen Freund, der auf die gleiche Art Anweisungen gegeben hatte. Elliot Sandusky hatte Kontrolle zu einer Kunstform erhoben – doch abgesehen davon, hätten die beiden Männer nicht unterschiedlicher sein können. Elliot hatte blaue Augen, blondes Haar, stand immer unter Spannung, und seine Haut war weiß wie Schnee. Plötzlich kam ihr das unglaublich … unerotisch vor – obwohl Elliot als Liebhaber völlig zufriedenstellend gewesen war. Als Chef eine Plage und als Freund geradezu erdrückend, aber im Bett brachte er passable Leistungen zustande.
»Worauf warten Sie noch?«, fragte Alex. »Da haben wir doch ein privates Adressbuch.«
Sie klickte es an und warf ihm einen bösen Blick zu. »Darf ich Sie noch einmal daran erinnern, dass Ermittlungen zu meiner Arbeit gehören. Ich brauche Ihre Hilfe nicht.« Es sei denn, sie war gerade damit beschäftigt, ihn mit ehemaligen Liebhabern zu vergleichen. Dann brauchte sie offensichtlich Hilfe.
»Na bitte!« Jessicas Adressbuch öffnete sich. »Alle Einträge sind komplett und auf dem neuesten Stand. Gott segne diese Frau!«
»Drucken Sie es aus!« Er setzte sich zurück. »Und wappnen Sie sich – Ihr neuer Boss ist im Anmarsch.«
Durch die Nachrichtenredaktion schritt ein Mann, so zielstrebig wie ein Jäger beim Anblick der Beute, dem man mit ruhigem Gewissen das zweitbeste Aussehen an diesem Ort bescheinigen konnte. Er war von kräftiger Statur, hatte ein makellos schönes Gesicht und ein Lächeln, mit dem er für Zahnweiß Reklame machen konnte. Doch erst der besitzergreifende Blick in seinen schieferblauen Augen beseitigte jeden Zweifel, wer er war. Gleich würde sie Mister Außergewöhnlich kennenlernen.
Kimball Parrish riss die Tür auf und stellte auf der Stelle klar, wer hier das Sagen hatte.
»Die Farbe steht Ihnen großartig.« Sein Blick streifte Alex nur kurz und fixierte sofort wieder die Frau. Es fehlte nur noch, dass er an den Türpfosten gepisst hätte, um sein Revier zu markieren. »Wissen Sie noch, was ich das letzte Mal gesagt habe, als Sie diesen Anzug getragen haben?«
Irgendwas über Zitronenbonbons, vermutete Alex, stand auf und streckte seinem Klienten die Hand entgegen. »Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr Parrish. Mein Name ist Alex Romero.«
Kimball Parrish nickte und schenkte ihm kurz seine Aufmerksamkeit. »Lassen Sie die Dame nicht aus den Augen, Romero, es sei denn, ich gebe Ihnen ausdrücklich den Befehl dazu. Nicht eine Minute, haben Sie verstanden?«
»Das hatte ich nicht vor, Sir.«
Parrish wandte sich ab und sah erneut Jazz an, die ein bemerkenswert cooles Verhalten an den Tag legte. Sie saß entspannt, aber dennoch aufmerksam auf ihrem Stuhl. Eine selbstsichere Frau, die genau wusste, dass zumindest einer der beiden Männer im Raum ziemlich scharf auf sie war. Sie hatte den Kopf ein wenig geneigt, gerade genug, um die leichte Schrägstellung ihrer blaugrauen Augen hervorzuheben, und ein wissendes Lächeln aufgesetzt.
»Keine Angst«, sagte sie und lachte charmant. »Ich kann ihn nicht einmal abschütteln, wenn ich mich für einen landesweiten Auftritt vorbereite.« Ihre Stimme hatte einen fein modulierten Klang, wie durch jahrelange Übung erworben, hörte sich sogar einen Tick rauer an.
Verdammt! Sie war plötzlich eine ganz andere Frau. Darf ich vorstellen, Alex? Das ist Jessica.
Parrish wandte sich wieder an ihn. »Lassen Sie uns kurz allein, Romero.«
Obwohl er sich die Verwandlung gerne länger angeschaut hätte, ging Alex zur Tür. »Ich warte vor der Tür, falls Sie mich brauchen.«
Draußen konnte
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