Bullet Catcher 1: Alex
er zwar nicht verstehen, was sie sagten, aber er sah, wie sich Parrish halb auf die Ecke des Schreibtischs setzte. Freundlich, aber auch eigenartig steif. Er war noch nicht mit ihr im Bett, schloss Alex daraus. Vielleicht glaubte er, das Anheuern eines Bodyguards würde ihm Zugang zu ihrem Herzen verschaffen.
Wie war er bloß in dieser untergeordneten Position gelandet, bei der er noch dazu die falsche Person beschützte? Und der Mann, der für seine Arbeit auf Weltklasseniveau zahlte, sprach gerade mit einer Schwindlerin.
Mein Gott, was für ein Schlamassel!
Hatte Lucy schon jemals einen ihrer Angestellten gefeuert? Schon möglich. Einiges an ihrer Organisation war reichlich mysteriös, aber verdeckte Operationen gehörten nun mal zu dem Job. Er wusste nicht, ob sie ihre Drohung wahr machen würde, und hatte auch keine Lust, es herauszufinden. Wenn Lucys großzügige Schecks nicht mehr eintrafen, würden auch die stetigen stattlichen illegalen Zuwendungen an ein kleines, etwa einhundertfünfzig Kilometer entferntes Fischerdorf nicht mehr fließen.
Er würde seiner Chefin, die früher für die CIA gearbeitet hatte, natürlich nie erzählen, dass er den Job brauchte, um fortlaufend das Embargo gegenüber Kuba zu brechen. Alles, was er wollte, war, weiterhin unentbehrlich für sie zu sein und den Geldfluss nach San Tomás auf Kuba aufrechtzuerhalten.
Von seinem Posten an der Tür aus hatte er einen guten Blick auf Oliver Jergen, der sowohl den Polizeifunk abhörte als auch ein Kommunikationssystem bediente, in dem laufend Anrufe und Informationen eintrudelten. Jergen sah ab und zu ebenfalls zu ihm.
Ein großer dunkelhaariger Mann, der gerade in ein Handy sprach, schlenderte an Jergens runde Bühne heran und schaute misstrauisch in Alex’ Richtung.
»Sag mal, Ollie, wer ist denn das?«, fragte er und klappte das Telefon mit einer äußerst selbstbewussten Geste zu.
»Jessica hat jetzt einen Bodyguard.«
Der andere schnaubte. »Warum stellen Sie nicht noch ein paar Profis ein, die ihre Zähne reinigen und ihr den Arsch polieren?«
»Lass dich nicht vom grünäugigen Monster blenden, Jonathan«, sagte Oliver. »Wenn sie nach New York geht, bist du hier der König.«
»Scheiße noch mal, wir kämen alle nach New York, wenn wir Kimball Parrishs Schwanz lutschen würden.«
Oliver sah zu Alex, der stur geradeaus blickte, als würde er die emsigen Mitarbeiter am anderen Ende der Nachrichtenredaktion beobachten. »Nur zu, Jon. Hab gehört, er fährt zweigleisig.«
»Nein, danke!« Jonathan ließ das Handy in seine Hosentasche gleiten. »Niemand soll Jonathan Walden nachsagen, er hätte sich die Streifen nicht auf altmodische Art verdient. Wenn ich eine Beförderung will, vögle ich ’ne Frau.«
Oliver lachte und gab Jonathan ein Blatt Papier. »Das ist für die Morgencrew. Was machst du überhaupt so früh schon hier? Das erste Live-Update ist doch erst um halb vier am Nachmittag.«
»Hast du gedacht, ich würde mir eine überregionale Ausstrahlung entgehen lassen?« Jonathan wies mit dem Kopf kurz in Richtung Jessicas Büro, sah aber weiterhin auf das Blatt in seinen Händen. »Außerdem kann man ja nie wissen, ob die Primadonna wirklich zur Arbeit erscheint, seit sie den großen Fisch vor der Nase hat. Ich muss mich bereithalten – der ewige Fluch der Zweitbesetzung.«
Jonathan warf Alex einen unfreundlichen Blick zu und ging in sein Büro.
Offensichtlich hatte Jessica Adams doch ein paar Feinde.
Von drinnen hörte Alex ein heiseres Lachen, etwas tiefer als alles, was er bisher von Jazz gehört hatte. Er konnte nicht widerstehen und drehte sich um.
Parrish hatte sich mit dem Oberkörper vorgebeugt, nur ein paar Zentimeter trennten seine Lippen von ihrem Mund. Jazz – Jessica – flirtete mit ihm.
Ein eigenartiger Widerwillen stieg in ihm auf, der Anblick ihrer leicht geöffneten Lippen und der klimpernden Augenlider überraschte ihn.
Was war bloß mit ihm los? War er etwa eifersüchtig? Oder scharf auf sie? Oder einfach nur vollkommen bescheuert?
Die ganze Sache nervte. Verflucht noch mal, warum hatte er überhaupt damit angefangen! Er hätte diese Frau in Genf nicht mit Sex ablenken sollen. Und diesen Babysitterjob gar nicht erst annehmen dürfen.
Er sah Jazz noch einmal an, die ihren Kopf mit einem weiteren heiseren Lachen in den Nacken legte.
Und auf diese Schmierenkomödie hätte er sich schon überhaupt nicht einlassen dürfen.
4
Wieder einmal hatte Jessica sich den dicksten Fisch im
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