Bullet Catcher 1: Alex
Kamera ausgetrickst und dann ausgeschaltet, damit er ungestört in die Wohnung einbrechen konnte, während Sie abends aus waren.«
Sie wandte den Kopf zur Seite, Nasen und Lippen berührten sich beinahe. »Ein Einbrecher, der den Geschirrspüler anstellt?«
»Oder ein kranker Fan, der Ihrer Schwester seine miesen Amateuraufnahmen hingelegt hat.« Alex’ Stimme war fest, er sprach leise und geduldig.
»Wir sollten mit dem Nachbarn in 3702 reden«, sagte sie schließlich. »Wenn Sie wollen, können Sie jetzt Ihrer Schwarzen Witwe Bescheid sagen.«
»Braves Mädchen«, sagte Alex und trat einen Schritt zurück.
Sie griff nach seinen Haaren und zog seinen Kopf heran. »Aber kein Wort zu irgendjemandem im Sender. Noch nicht.«
Sie musste sich absichern und gleichzeitig im Spiel bleiben. Genau wie ihre Schwester es an ihrer Stelle tun würde.
Aber so wahr Gott ihr helfe, im Grunde hatte sie keinen blassen Schimmer mehr, was ihre Schwester tatsächlich tun würde.
Der Lärmpegel in der Nachrichtenredaktion des Senders war um halb vier nachmittags um ein Vielfaches höher als am gestrigen Morgen. Am Pult des Redaktionsleiters dröhnte Polizeifunk, und an jeder Wand zeigten Bildschirme die Programme der wichtigsten überregionalen Sender. Ununterbrochen klingelten Telefone, und niemand schien auch nur im Traum daran zu denken, die Sprechanlage zu benutzen, wenn man sich genauso gut über die Köpfe der anderen hinweg anschreien konnte.
Jazz hätte sich am liebsten mitten in das Gewimmel gestürzt und selbst losgelegt. Sie vermisste den Trubel einer Nachrichtenredaktion, seit sie das alles aufgegeben hatte, um erst in dem stillen, langweiligen Büro der Sandusky-Detektei zu arbeiten und, nach ihrer Trennung von Elliot, in ihrer eigenen, ebenso stillen Wohnung in San Francisco.
Aber sie konnte nicht eine Unterhaltung mit vollkommen Fremden riskieren. Alex schob Wache vor der Glastür, was ihm ein paar interessierte Blicke – vor allem von Frauen – einbrachte, aber niemand schien sich groß über seine Anwesenheit zu wundern.
Deshalb glaubte Jazz inzwischen, dass die Drohungen gegen Jessica allgemein bekannt waren und ernst genommen wurden. Noch immer gab es viel mehr Fragen als Antworten. Auch der Besucher im siebenunddreißigsten Stock blieb weiterhin ein Rätsel; denn Jessicas Nachbar hatte auf ihr Klopfen nicht reagiert.
Durch die Glasscheibe sah Jazz forschend die Kollegen ihrer Schwester an. Hatte Jessica nicht wenigstens einen guten Freund oder eine gute Freundin in der Redaktion? Warum kam nicht eine der Frauen herein, um mit ihr zu quatschen? Jazz hätte sich nur zu gerne jemandem anvertraut, einen Menschen getroffen, dem Jessica wirklich nahestand, und ihm die Wahrheit erzählt. Oder jemanden befragt, der etwas über die Story wusste, hinter der Jessica her war. Jonathan war zum Plaudern hereingekommen, aber ein sechster Sinn hatte sie vor ihm gewarnt. Sein Lächeln hatte nicht im Entferntesten die Augen erreicht, und er hatte förmlich nach Verrat gerochen.
Sie sah sich das Blatt mit den aktualisierten Meldungen an, glich sie mit der Reihenfolge der Nachrichten auf ihrem Computer ab und nahm ein paar Änderungen vor. Dann blätterte sie die Papiere in Jessicas Schreibtischschublade nach Hinweisen durch, sah sich ein weiteres Mal Jessicas Postfach an und auch die Datenbank der Lokalnachrichten. Doch was immer Jessica getan hatte, sie hatte nirgends eine Spur hinterlassen, der man folgen konnte.
Als der Aufnahmeleiter anklopfte, um ihr mitzuteilen, es sei Zeit, sich für die Sendung fertig zu machen, wäre sie beinahe vom Stuhl gesprungen.
Alex schloss sich ihr an, als sie quer durch die Redaktion zur Maske ging.
»Jessie!« Sie drehte sich um, Oliver Jergen eilte ihnen nach. Alex stellte sich sofort als menschliches Schutzschild vor sie.
Oliver hielt mitten in der Bewegung inne, als ihm aufging, was Alex gerade machte. »Freund, nicht Feind«, sagte er, zog die Hände aus den Taschen, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war, und warf Jazz einen betroffenen Blick zu. »Kann ich dich einen Moment sprechen?«
»Selbstverständlich.«
»Allein? Es ist … persönlich, weißt du.«
Jazz legte die Hand auf Alex’ Arm. »Bitte! Er kann mich zur Maske begleiten.«
Alex schüttelte den Kopf.
»Dann eben nicht«, fauchte Oliver. »Ich komme nach der Sendung in dein Büro, Jazz.« Er sah Alex empört an und wandte sich ab.
»Was zum Teufel ist in Sie gefahren?«, fragte Jazz. »Wenn er mir nun etwas
Weitere Kostenlose Bücher