Bullet Catcher 1: Alex
wirklich ein Freund war.
Denise Rutledge klemmte sich hinter die Stoßstange von jemandem, der den Channel-Five- Zugangscode hatte, und fuhr durch das Tor. Ihre Hände umklammerten ängstlich das Lenkrad des Reliant. Mit großem Abstand von allen anderen Fahrzeugen parkte sie auf einem Platz, von dem aus sie den Eingang zum Sender im Auge behalten konnte.
Ihr tat alles weh, die Arbeit hatte sie völlig geschlaucht. Der Wichser von Regisseur hatte sie gezwungen, jeden Tropfen zu schlucken, den sich die Kerle aus den Eiern gepresst hatten, und dann auch noch das Kondom kassiert, das Dirk Pierce sich netterweise übergezogen hatte. »Keine Gummis!«, hatte das Arschloch kategorisch gefordert, die Aufnahme unterbrochen und dem armen Dirk das Ding vom Schwanz gerissen. »Unsere Zuschauer wollen keine Gummis!«
Zuschauer. Lächerlich! Als ob sie richtige Fans hätten!
Eher erbärmliche Verlierertypen, die zu blöd waren, sich ihre Pornos im Internet runterzuladen. Trottel, die ihre Videos kaufen mussten, um sich auf altmodische Art aufzugeilen.
Jessica Adams war Denise’ einzige Chance. Denn Tatsache war, dass sich niemand außer ihr bisher einen Dreck um die beschissenen Arbeitsbedingungen von Pornodarstellerinnen gekümmert hatte. Denise hätte ohne jede Hoffnung auf Besserung immer weitergemacht, wenn die hübsche Rothaarige sie nicht eines Tages vor dem Aufnahmestudio angesprochen und mit einer Visitenkarte von Metro-Net herumgewedelt hätte.
Sie würden doch beide vor der Kamera stehen, hatte Jessica mit sanfter Stimme geflötet, um Denise zum Reden zu bringen. Stimmt, schöne Jessie! Wie viele Orgasmen hast du denn in den Elf-Uhr-Nachrichten vorgetäuscht?
Aber jetzt saß Denise bis über beide Ohren in der Scheiße. Sie hatte sich strafbar gemacht, hatte Papiere und Filme aus dem Aufnahmestudio mitgehen lassen. Der Gedanke allein verursachte ihr Kopfschmerzen. Und was noch schlimmer war, sie hatte den größten Fehler überhaupt begangen – hatte sich vorgestellt, sie könne ein anderes Leben führen, ihren Traum verwirklichen und nach Minnesota zurückkehren. Zu Grady.
Wenn man sie dabei erwischte, wie sie mit jemandem vom Fernsehen redete, dann wäre sie so schnell weg vom Fenster, dass sie das nötige Geld dafür nie im Leben aufbringen würde. Sie hatte bereits reichlich Jobs an die Scharen von achtzehnjährigen Silikonschlampen verloren, die glaubten, ein Fick vor der Kamera wäre die Eintrittskarte für Hollywood. Noch schlimmer waren die Mädels, die es im Internet umsonst machten.
Denise hatte keine Illusionen. Sie fickte, um Geld zu verdienen. Es machte ihr zwar keinen Spaß, in einem kalten Studio zu arbeiten und für ein bisschen Extraknete zusätzlich Mitglieder der Crew zu bedienen, aber die Arbeit war wenigstens nicht gesetzwidrig. Mit dreiunddreißig machte man als Stripperin keine gute Figur mehr. Außerdem bekam sie professionelles Make-up und wurde frisiert, man gab ihr schöne Kleider, die sie manchmal sogar behalten konnte – oder einfach zurückzugeben vergaß –, und der Verdienst war ganz ordentlich. Vor allem, wenn sie die etwas kranken Sachen machte.
Dann war Jessica Adams mit ihren leeren Versprechungen aufgetaucht.
Aber vielleicht waren es gar keine leeren Versprechungen. Wenn sie wirklich bekam, was Jessica ihr versprochen hatte – und was ihnen allen eigentlich zustand –, konnte sie nach Minnesota zurückkehren und sich einen anständigen Job suchen, zum Beispiel in der Kosmetikabteilung in einem Kaufhaus. Als Verkäuferin verdiente man sicher genug für den Lebensunterhalt. Genug, um Schulgeld, Kleidung und Krankenversicherung zu bezahlen. Mit Kosmetik und Haarpflege kannte sie sich gut aus. Der Job würde ihr bestimmt Spaß machen.
Sie musste Jessica Adams noch eine Chance geben.
Aus den Augenwinkeln sah sie, wie ein Wagen der Sicherheitsfirma über den Parkplatz fuhr. Sie duckte sich, bis er vorbeigefahren war.
Vorsichtig setzte sie sich wieder auf und sah bei jedem Öffnen zur Eingangstür, sandte Stoßgebete zum Himmel, dass sie Jessica nicht verpasst hatte. Was würde die Lady wohl sagen, wenn sie hier auftauchte? Wahrscheinlich würde sie nicht gerade begeistert sein, dass Denise nun an ihrem Arbeitsplatz erschien, aber einfach wegschicken konnte sie sie auch nicht.
Der Typ fiel ihr zuerst auf – er war sehr groß, ein gut aussehender sexy Latino. Das schwarze Haar war glatt und fiel bis weit über den Hemdkragen. Gleich hinter ihm ging Jessica Adams.
Weitere Kostenlose Bücher