Bullet Catcher 1: Alex
ertragen konnte.
Kurz darauf stand sie in Unterwäsche vor Jessicas Kleiderschrank. Sie hatte Make-up aufgetragen und sich Mühe gegeben, ihre Frisur so zu stylen, wie Jessica es wohl getan hätte. Nun musste sie erneut ein überzeugendes Outfit wählen. Gestern war der gelbe Anzug das Richtige gewesen, aber heute brauchte sie etwas weniger Auffälliges.
Seltsam … das nagelneue Teil hatte sie doch zu den anderen Kleidern für tagsüber gehängt. An das Schildchen am Ärmel konnte sie sich noch genau erinnern. Neiman Marcus. Café au lait. Größe 36.
Jazz schob die Kleider von einer Seite zur anderen, suchte in den Tiefen des Schranks, auf dem Boden und im Wäschekorb. Das Kleid war fort. Hatte Jessica es gestern Abend mitgenommen? War sie tatsächlich hier gewesen, um die Kleidung zu wechseln?
Na klar! Und dabei hatte sie ihr Handy verloren und vergessen, ihr eine Nachricht zu hinterlassen. Stattdessen hatte sie ihnen private Sexvideos zur Ansicht hingelegt.
Aber der Geschirrspüler – ihn anzuschmeißen trug doch genau Jessicas Unterschrift.
Oder etwa nicht?
Ein Klopfen an der Schlafzimmertür riss sie aus ihren verzweifelten Gedanken.
»He, Dornröschen«, rief Alex von draußen. »Auf in den Kampf!«
Heute gab es also keinen sinnlichen Weckruf auf Spanisch. »Bin gleich so weit.«
Sie griff nach einer Seidenbluse und einem konservativen Rock sowie Schuhen, die ein Sadist entworfen haben musste. Als sie die Tür öffnete, stand er direkt vor ihr wie eine undurchdringliche Wand. Starke Schultern, eine breite Brust und langes, glänzendes Haar, das einen frischen, holzähnlichen Geruch verströmte…
»Die Leute vom Wachdienst erwarten uns schon«, sagte er. »Wir können uns unten bei ihnen die Videoaufzeichnungen anschauen.«
Sie drückte sich an ihm vorbei. »Was haben Sie ihnen erzählt? Etwas über mich?«
»Ich habe sie davon in Kenntnis gesetzt, dass Miss Jessica Adams wegen eines übereifrigen Fans die Dienste eines Personenschutzexperten in Anspruch genommen hat. Und dass sie die Aufzeichnungen des Wachdienstes sehen möchte, um sicherzugehen, dass niemand während ihrer Abwesenheit hier herumlungert.«
Das klang vernünftig. Sie sah ins Wohnzimmer – er hatte aufgeräumt, ihre leere Wasserflasche weggeworfen und die Decke zusammengelegt. Sie angelte nach ihrer Handtasche und fragte. »Wie hat der Wachschutz auf diese Bitte reagiert?«
Er drückte ihr einen Espressobecher in die Hand. Wann hatte er den denn besorgt? »Etwas ungehalten. Dem Management zufolge hat Del Mar Towers untadlige Sicherheitsmaßnahmen.«
»Kann sein«, sagte sie und schüttete den starken Kaffee in einem Zug hinunter, wie sie es bei ihm gesehen hatte, allerdings mit dem Erfolg, dass sie sich die Kehle verbrannte. »Kann aber auch sein, dass die einzige Person, die ihnen entgangen ist, die Bewohnerin von 3701 war.«
Er stellte die Alarmanlage an und öffnete die Tür. »Ich würde den Code wirklich gerne ändern, aber ich konnte die Bedienungsanleitung nicht finden.«
»Ändern Sie nichts!«, bat Jazz. »Jessica würde den neuen Code nicht kennen.«
»Und kann nicht in ihre Wohnung, wenn sie wieder einmal kurz vorbeikommt – was passenderweise nur dann geschieht, wenn Sie nicht hier sind?« Sein Gesichtsausdruck war skeptisch. »Übrigens wählen nur sehr faule Menschen die Nummer der Sozialversicherungskarte als Code.«
»Jessica ist nicht faul«, verteidigte sie sich. »Diese Art Gene sind dem jüngeren Zwilling vorbehalten worden.«
»Sie machen sich zu klein«, sagte er, trat auf den Flur und gab ihr dann ein Zeichen, ihm zu folgen. »Sie sind also die Jüngere?«
»Tja, um sechsundzwanzig Minuten.«
»Ist das nicht eine lange Zeit bei Zwillingen?«
»Ich bin immer zu spät.« Sie drückte auf den Knopf für den Fahrstuhl. »Wo ist das Büro vom Wachdienst?«
»In der Nähe der Eingangshalle.« Mit sanftem Griff hielt er sie zurück, als die Fahrstuhltür aufging. »Ich gehe immer zuerst, vergessen Sie das nicht.«
»Haben Sie Lucy angerufen?«, fragte sie, als sie hinunterfuhren.
Er sah sie einen Augenblick genauer an. »Sie haben nicht gut geschlafen.« Sanft strich er mit der Fingerspitze über die zarte Haut unter ihren Augen.
Ihre Haut brannte unter der Berührung und dem Blick aus schwarzen Augen. »Ich habe überhaupt nicht geschlafen«, gab sie zu. »Was meine Laune nicht gerade hebt.«
»Danke für die Warnung!«
Sie lächelte mit zusammengekniffenen Lippen. »Danke für den Kaffee! Sie
Weitere Kostenlose Bücher