Bullet Catcher: Jack (German Edition)
diese Farbe nicht spektakulär? Ich kombiniere sie mit Weiß, so …« Sie nahm die Blume und steckte sie in eine Kristallvase voller ähnlicher Arten in verschiedenen Weißtönen.
»Es wird Lachs in einer leichten Weißweinsoße geben, da passt das doch wunderbar, finden Sie nicht?«
Er verschränkte die Arme und betrachtete das Bouquet – und diese Frau, die bei aller noblen Zurückhaltung ein erstaunlich starkes Rückgrat bewies.
Was bewog sie dazu, an der Seite dieses Frauenjägers auszuharren?
»Die meisten Amerikaner denken, dass Kamelien aus South Carolina kommen«, erklärte sie, ganz offensichtlich geübt darin, keine peinlichen Pausen im Smalltalk aufkommen zu lassen. »Aber tatsächlich stammen sie aus dem Orient. Allerdings gibt es hier wirklich die schönsten und stärksten Exemplare, glaube ich.«
»Genau wie mit den Frauen.«
Sie sah auf und lächelte. »Danke. Ich komme von hier, wissen Sie. Meine Familie lässt sich mindestens sieben Generationen zurückverfolgen, bis zu einem Urahn, der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts hier gelandet ist. Er gehörte zu den Geschäftsmännern, die unsere Handelskammer gründeten, in Mrs Swallow’s Tavern in der Broad Street.« Voller Stolz strahlte sie ihn an. »Der erste in einer langen Reihe tatkräftiger und erfolgreicher Politiker und öffentlicher Personen – bis zum heutigen Tag.«
»Oder der Frauen solcher Männer.«
Sie nickte. »Absolut, und das ist eine große Ehre für unseren Namen.«
Deshalb hielt sie zu einem Ehemann, der sie betrog? Wegen der Ehre? Aber würde sie auch zu einem Mörder halten?
»Mrs Higgins, darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?«
Sie ergriff eine weitere pfirsichfarbene Blüte und hielt sie sich wie eine Maske vor das Gesicht. Nach einer Weile neigte sie sich leicht nach links und sah ihn wieder an.
»Das erwarte ich, ehrlich gesagt, von Ihnen«, sagte sie mit süßem, undurchdringlichem Lächeln. »Schließlich geht es doch um Spessards Gefühlsleben, nicht wahr? Wenn Sie nichts über mich erfahren, können Sie mich nicht verstehen und Spessard erst recht nicht.«
»Das stimmt«, pflichtete er bei, dankbar, dass sie sich so offen gab. »Dann verraten Sie mir, was das Rezept für Ihre lange, erfolgreiche Ehe ist: Kompromissfähigkeit? Dem anderen Freiraum zu gewähren? Keine Geheimnisse voreinander zu haben?«
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Der Begriff Kompromiss sagt mir nichts, mein Lieber, und Freiraum ist eine Vorstellung, mit der alte Leute wie wir nichts anfangen können. Geheimnisse? Nein, haben wir nicht. Ich weiß alles über ihn, und umgekehrt. Um eine lange, glückliche Ehe zu führen, braucht man nur eine Sache, eine einzige Sache.«
»Wahre Liebe?«
Sie lachte leise. »Gott, nein!«
»Sie lieben Ihren Mann nicht?«
Mit gerunzelter Stirn wandte sie sich ihrem weiß-rosa Blumen-Arrangement zu. »Ganz perfekt ist es noch nicht«, sagte sie leise.
»Das Geheimnis unserer Ehe ist ganz einfach«, fuhr sie fort und griff zu einer Gartenschere. »Wenn jemand versucht, ihm wehzutun …« Sie setzte hoch an einem Stängel an und köpfte eine makellos schöne Blume. »Oh, das wollte ich nicht!«
Jack hatte so seine Zweifel. Marilee war eine Frau, die nichts dem Zufall überließ – ganz ähnlich wie Lucy.
Sie hob die stängellose Blüte. »Hier, Mr Fuller. Wir haben heute Abend eine strenge Kleiderordnung, und ich denke, das hier wird an Ihrem Anzugjackett toll aussehen. Aber apropos heute Abend – ich muss wieder an die Arbeit. Es sind nur noch ein paar Stunden bis zum Dinner. Hat mich sehr gefreut, mit Ihnen zu plaudern.«
Nachdem er offenbar entlassen war, nahm er die Blüte und ging. Auf dem ganzen Weg zurück zu seinem Zimmer im ersten Stock genoss er den schweren Blumenduft. Als er an Lucys Zimmer vorbeikam, das praktischerweise direkt neben seinem lag, hielt er inne. Sie hatte gesagt, dass sie vor dem Abendessen noch etwas arbeiten und sich ausruhen wolle, doch er klopfte trotzdem.
»Ich bin’s, Jack.«
»Allein?«, fragte sie.
Das klang vielversprechend. »Ja.«
Sie öffnete die Tür, steckte aber nur den Kopf heraus. »Ich wollte nur sichergehen.« Als sie hinter ihm auf dem Flur niemanden entdeckte, zog sie die Tür etwas weiter auf, um ihn hereinzulassen.
»Für mich?« Lächelnd griff sie nach der Blüte.
»Vielleicht.« Er hielt sie ihr hin und zog gleichzeitig mit der anderen Hand den Bindegürtel ihres Seidenkleides auf. »Für mich?«
Ehe sie etwas sagen konnte,
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