Bullet Catcher - St. Claire, R: Bullet Catcher
illegaler Adoption untergekommen, und von den Babys vom Sapphire Trail habe ich auch gehört. Da die Geburtsurkunden gefälscht sind, lassen sich die Spuren nur sehr schwer zurückverfolgen – aber es ist prinzipiell möglich. Konnten bei der Zerschlagung des Kartells Daten sichergestellt werden?«
»Einige.« Fletch strich sich über den dezenten goldenen Kinnbart. »Mein Freund hat den Sohn seiner Kundin tatsächlich ausfindig gemacht – die Akte ist geschlossen. Aber jetzt hat ihn eine weitere Mutter vom Sapphire Trail gebeten, ihre Tochter für sie zu finden.«
»Und du möchtest ihm und dieser anderen Mutter bei der Suche helfen?« Das würde sie sicher nicht zulassen, auch wenn sie nicht sagen konnte, warum.
»Ja. Aber es ist noch ein bisschen komplizierter. Diese Mutter sitzt eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes ab. Die Haftzeit wird aber wohl vorzeitig zu Ende sein, denn bei ihr ist kürzlich Leukämie diagnostiziert worden.«
»Sie möchte also ihr verlorenes Kind sehen, bevor sie stirbt?«
»Genau. Zumal ihr die Knochenmarktransplantation einer Blutsverwandten ein paar Jahre schenken würde. Jahre, in denen sie ihre Unschuld beweisen könnte.«
Lucys Miene konnte ihre Skepsis wohl nicht verbergen, denn Fletch lehnte sich vor und fuhr fort: »Mein Freund glaubt ihr aufs Wort. Er ist ein Weltklasseermittler und meint, dass ihr Fall von Anfang an verpfuscht war. Es wird höchste Zeit für sie.«
Es war immer höchste Zeit, wenn Menschen unschuldig im Gefängnis saßen – besonders dann, wenn sie den Tod vor Augen hatten. »Fletch, wenn du private Ermittlungen durchführen möchtest, um jemandem das Leben zu retten oder vielleicht sogar eine zu Unrecht verurteilte Person aus dem Gefängnis zu holen, habe ich natürlich nichts einzuwenden, das weißt du. Du hast einen Monat frei, so lange, bis der Diamantentransport mit Keizer losgeht. Wenn du auf unsere Datenbank zugreifen oder Sage Valentine und ihr Ermittlerteam einsetzen möchtest, ist das natürlich auch kein Problem. Wie viel Information hast du bislang?«
Eine gewisse Erleichterung war ihm anzusehen, aber ganz zufrieden schien er noch nicht. Glaubte er etwa, sie würde sich und ihren ganzen Apparat an Spezialisten für eine gewöhnliche Suche nach einem adoptierten Kind hergeben? Irgendetwas stimmte da nicht.
»Ich habe eine Liste von Kindern, die in etwa zu der Zeit verkauft wurden, die diese Mutter für die Entbindung angibt, über eine Spanne von sechs Wochen«, erwiderte er. »Aber auf der Liste stehen nur die Namen der Kinder, nicht die der leiblichen Mütter. Es sind acht oder neun weibliche Babys dabei, die heute etwa einunddreißig sein müssten. Ich werde sie ausfindig machen und befragen.«
»Warum macht das dein Freund nicht selbst? Und wie willst du sicher sein, dass du die Richtige gefunden hast? Manche wissen vielleicht gar nicht, dass sie adoptiert wurden, und die Namen ihrer leiblichen Mütter sagen ihnen nichts.«
»Das stimmt«, pflichtete er bei. »Aber dieses Baby hat ein Tattoo bekommen.«
Lucy sah ihn ungläubig an. »Tatsächlich.«
»Ich bin sicher, dass mein Freund recht hat«, sagte Fletch voll trotziger Entschlossenheit. »Er hat hervorragende Instinkte, außerdem ist er zuverlässig und clever.«
Hatte sie etwa etwas anderes behauptet? »Das bringt mich zu meiner ersten Frage zurück. Warum sucht dein Freund diese Frauen nicht selbst, um sie zu befragen?«
»Weil er sich in Charleston in die Akten zu dem alten Mordfall einarbeiten will, während ich mich auf die Suche mache. Die Frau ist todkrank, er hat also nicht mehr genug Zeit, um sich um beides zu kümmern – und so dachten wir, wir arbeiten parallel. Wie gesagt, er ist ein fantastischer Ermittler.«
Lucys Finger begannen zu kribbeln, so wie früher, als sie noch im Außendienst der CIA tätig war und sofort gespürt hatte, wenn sich Ärger anbahnte. Dieses Kribbeln hatte ihr mehr als einmal das Leben gerettet. »Wer ist denn dieser Freund von dir?«
Fletch verlagerte im Sitzen sein Gewicht, blickte zu Boden und dann wieder auf sie.
Leise Schritte vor der Tür unterbrachen die Stille. Als Lucy über Fletchs Schulter sah, war ihr auf einen Schlag klar, warum sie die ganze Zeit so skeptisch und zurückhaltend gewesen war.
»Guten Tag, Ms Sharpe.«
Im Türrahmen lehnte Jack Culver, die Hände in den Taschen seiner Baumwollhose, im Gesicht einen Dreitagebart und das dichte dunkle Haar zerzaust, so als wäre er gerade aus dem Bett
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